5 Gründe, warum ihr Undertale spielen solltet

03.01.2016 - 09:00 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Undertale
Toby Fox
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Mit Undertale erblickte im September 2015 ein kleines RPG das Licht der Welt, das etliche große Titel in einigen Belangen in die Tasche steckt. Warum Undertale vielleicht eines der wichtigsten Spiele des vergangenen Jahres war, erfahrt ihr in den folgenden Zeilen.

Meistens sind es die Spiele, die aus dem Nichts kommen, die, die mich auch Wochen nach dem ersten Durchspielen noch schmunzeln lassen. Dabei erscheint Toby Fox' Undertale nicht so wie ein Spiel, das ich mir sofort in den Steam-Warenkorb schmeißen würde, nachdem ich den ersten Screenshot auf mich wirken ließ. Ja, ich gebe es zu: Zu leicht lasse ich mich von der Opulenz auf mich einprasselnder AAA-Spiele erdrücken. Zu wenig Raum gebe ich den kleinen, stillen Spielen, die auf den Warenseiten zwei, drei oder später darauf warten, endlich gewürdigt zu werden.

Über den Mount Ebott gelangt Frisk in den Untergrund.

Gerne aber verzichtete ich für Undertale für ein paar Abende auf die übliche Zweisamkeit mit meiner PS4, um mich stattdessen auf ein Spiel einzulassen, das zunächst wie ein ordinäres JRPG beginnt: Ein Missgeschick befördert den jungen Protagonisten mit dem offiziellen Namen Frisk in eine von Monstern bevölkerte Unterwelt. In die Welt der Menschen kann er nur zurückkehren, indem er die vor vielen Jahren von Zauberern erschaffene magische Barriere im Schloss des Monsterkönigs Asgore Dreemurr erreicht. Doch Undertale ist mehr, viel mehr. Wenn es nicht schon dieser Satz ist, der euch überzeugen konnte, dann sollen es die folgenden fünf Punkte tun.

1. Die Musik

Der Soundtrack, komponiert von Toby Fox selbst, ist eine Reminiszenz an längst vergangene Tage, in denen Videospiel-Musik mit den simpelsten Mitteln produziert und daher mit umso eingängigeren Melodien überzeugen musste. Jeder Song, ob flott oder ruhig, bohrte sich während meiner Zeit mit Undertale fest in meine Gehörgänge, wo sie mich Tage später noch erheiterten. Aber nicht nur die Melodien selbst sondern auch die Einbettung in die Spielwelt machen den Soundtrack besonders: Die je nach Ort und Spielsituation wechselnden Musikstücke schafften es, mich anzutreiben, ruhig zu stimmen oder flüchten zu lassen. Auch wenn die Umgebungen mit ihrer minimalistischen 8-Bit-Optik so unspektakulär erscheinen, ist es der Soundtrack, mit dem es Toby Fox dennoch gelangt, eine düstere und bizarre Unterwelt zu kreieren.

Ein schlafender Geist blockiert den Weg.

2. Der sonderbare Humor

Undertale ist komisch in zweierlei Hinsicht. Das Spiel steckt voller Anspielungen, Veräppelungen von RPG-Gepflogenheiten und Scherze, die mal intelligent, mal völlig sinnlos sind. Stetig wurde ich mit abwechselnd schrägen, ernsten und emotionalen Momenten konfrontiert, was meine Gefühlslage konstant durcheinanderwirbelte. Ein schönes Beispiel ist meine Begegnung mit den Skelett-Brüdern Sans und Papyrus recht zu Beginn des Spiels. Während mich der närrische Sans (der passenderweise in Comic Sans spricht) überraschend freundlich in Empfang nahm, stellte ich mich im Angesicht des cholerischen Papyrus, sofort auf einen gnadenlosen Bosskampf ein. Doch ätsch, das Spiel legte mich herein. Anstatt die Seele des kleinen Frisk in einem alles entscheidenden Zweikampf zu verteidigen, wurde ich Zuschauerin eines irrwitzigen Streits zwischen zwei Geschwistern, bei dem Sans keine Gelegenheit ausließ, den cholerischen Papyrus mit seinen schlechten Witzen in den Wahnsinn zu treiben.

Das war nur eine Situation von vielen, in denen ich mich von Undertale irreführen ließ. Obwohl ich mit meinem Helden in finstere Wälder, mit Todesfallen gespickte Fabriken und in andere ungemütliche Orte geworfen wurde, stieß mir der geniale Witz des RPGs immer wieder vor den Kopf und riss mich aus den Situationen, in denen ich mich eigentlich fürchten sollte. Am Ende blieb das Gefühl, Teil eines verqueren großen Ganzen zu sein, das mich seiner Welt, der Musik, den Charakteren und den Humor konstant mit einem "Was zur Hölle?" auf den Lippen verdattert wie amüsiert vor dem Bildschirm sitzen ließ.

3. Das Kampfsystem

Das Kampfsystem scheint auf dem ersten Blick dem altbekannten JRPG-Schema abzulaufen, entpuppt sich aber ganz im Gegenteil als ausgeklügelte, eigensinnige Alternative, die nicht besser in die bizarre Welt von Undertale hätte passen können. Während die Stärke der Angriffe mittels richtig getimten Knopfdruck erfolgen, fällt die Verteidigungs-Mechanik unkonventioneller aus: Ein kleines rotes Herz flattert in der Mitte des Kampfgeschehens, das die Seele des jungen Protagonisten repräsentiert. Greift euch ein Feind an, müsst ihr es in der Manier alter Bullet Hell-Spiele wie Spacewar oder Space Invaders davor bewahren, Schaden zu nehmen. Mit meiner Erfahrung aus hunderten Stunden mit Pokémon und Final Fantasy war ich schon vor meinem ersten Kampf im Begriff, das scheinbar ordinäre Kampfystem müde abzuwinken. Doch Undertale forderte mich auf eine kreative Art und Weise, die mir Pokémon und alle anderen Spiele dieser Art fast schon madig macht.

Das wichtigste im Kampf ist euer Herz.

4. Niemand muss besiegt werden

Neben dem Angriffs- und Item-Befehl habt ihr im Kampf die alternative Möglichkeit, Monster mit "Act" auf eure Seite zu ziehen und euch mit ihnen anzufreunden — und das ist die Quintessenz des Spiels, das theoretisch durchgespielt werden kann, ohne jemals einen Gegner zu töten. Jeder Gegner hat eigene Ängste, Träume und Wünsche, die eure Handlungsmöglichkeiten bestimmen: Ob ihr ihnen nun ein Kompliment gebt, sie streichelt oder euch selbst wie ein Hund auf den Boden rollt: Schafft ihr es, das Geschöpf mit den richtigen Aktionen weichzuklopfen, endet der Kampf ohne Blutvergießen. Erfahrungspunkte bekommt ihr dann keine, aber dafür Liebe, die eure Lebensenergie vergrößert und das Spiel nach und nach vereinfacht.

5. Entscheidungen haben Auswirkungen auf das Spielgeschehen

Ich selbst verstand erst viel zu spät, wie menschlich die Monster wirklich sind. Aus Gewohnheit ließ ich die Lebenspunkte von Fröschen, Hunden in Ritterrüstung und anderen grotesken Gestalten auf Null sinken, sammelte Erfahrung und ließ meinen Helden Level aufsteigen. Ich wollte das vermeintlich Böse besiegen und zur Heldin werden — eben so wie ich es von früher kannte. Die erschütternde Quittung für meinen "Genocide Run" bekam ich erst am Ende.

Verziehen wird in diesem Spiel jedoch nichts.

So klassisch wie die Story beginnt, so untypisch nimmt sie ihren Lauf: Eure Entscheidungen wirken sich direkt auf das Schicksale von Frisk und die Bewohner der Unterwelt aus. Je nachdem, ob ihr euch dafür entscheidet, Gegner zu besiegen oder lieber zu verschonen, werdet ihr mit völlig unterschiedlichen Gegebenheiten und Enden der Geschichte konfrontiert.

Zuletzt in Fallout 4 erlebte ich, wie frustrierend es sein kann, wenn Handlungen — auch wenn sie noch so verwerflich sind — von der Welt und seinen Bewohnern abprallen und in einem Hauch von Nichts verpuffen. In Undertale hingegen trafen mich die Konsequenzen meiner Handlungen direkt ins Mark, zerissen mir sogar das Herz. Noch in keinem anderen Spiel wurde mir bisher so gnadenlos der Spiegel vorgehalten. Und genau deshalb ist das, was Toby Fox mit seinem kleinen, unscheinbaren RPG macht, so besonders und wichtig. Auf Undertale wurde ich übrigens nur aufmerksam, weil Kollege Hannes eines Tages enthusiastisch einen Trailer postete. Ein Glück. Und vielleicht war ich es ja, die euch heute überzeugt hat.

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