Die besten Filme - Berlinale 2015
- Maja?Drama von Jakub Michnikowski.
In einem ärmlichen Bauernhaus sitzen die Alten am Tisch und trauern. Nebenan ist der Tote in seinem guten Anzug aufgebahrt. Maja geht nach draußen in die dunkle Kälte. In dem windigen Hof bellt ein Hund und das Mädchen hat eine geheimnisvolle Vision. Drinnen sitzen sie immer noch und schweigen. Jemand sitzt in stillem Gebet, jemand wischt sich die Tränen weg und einer greift zum Schnaps. Als Maja wieder den Raum betritt, geht sie entschlossen zum Player und legt eine Kassette ein. Ein wunderschöner alter Blues erklingt, „Last Kind Words“ von Geeshie Wiley. Aber außer Maja hört nur noch einer die Musik. Erst bewegt er einen Finger, dann öffnet er seine Augen. Und plötzlich ist er da, unter all den anderen, in seinem schönen Anzug, lachend und tanzend zu der Musik, die er so sehr mochte.
Maja wurde gemeinsam von Jakub Michnikowski und Sebastian Weber entwickelt und realisiert. Der Film entstand im Rahmen von Sebastian Webers Zweitjahres-Übung am Institut für Kamera der Filmschule Łódź. (Text: Berlinale)
Mehr Infos auf Berlinale.de - Der gebrateneFisch?Animationsfilm von Leila Khalilzadeh.
Der Fisch hat es wirklich schwer. Erst wird er gefangen und auf dem Markt verkauft, dann brät ihn eine Hausfrau in der Pfanne. Gott sei Dank klingelt das Telefon, und sie geht in ein anderes Zimmer. Eine Katze kommt herein. Der Fisch macht ihr einen Vorschlag: Wenn sie ihn von hier wegbringt, lässt er sie ein wenig von sich essen. Die Katze ist einverstanden. Aber das Meer ist weit, und die Katze wird hungrig. Also isst sie zwei Stückchen und lässt den Fisch einfach liegen. Eine Maus kommt daher. Auch sie hat Hunger. Für ihre Dienste verlangt sie den mittleren Teil des Fisches. Dann trägt sie ihn ein ganzes Stück durch die bunte Landschaft. Als sie ihn schließlich im Stich lässt, liegen bei dem armen Fisch schon ziemlich viele Gräten frei. Jetzt nähert sich ein Hund und bietet seine Hilfe an, natürlich nur gegen angemessene Vergütung … Mit sanfter Stimme erzählt der Fisch seine Geschichte – in einer bunten, skurrilen Animation mit Hintersinn. (Text: Berlinale)
- Versteckspiel?Familiendrama von David Muñoz mit Fatoum al Hussein.
Ein Filmteam besucht ein syrisches Flüchtlingslager im Libanon. Die Flüchtlinge verstecken sich vor dem Krieg. Die Kinder spielen Verstecken. Das Filmteam versucht, im Hintergrund zu bleiben, es versteckt sich ebenfalls. In El Juego del Escondite wird das Zusammenspiel von Realität, Fiktion und filmischem Prozess zum Thema. Widersprüche tun sich auf, wenn verschiedene Welten zur einer Zeit an einem Ort aufeinandertreffen. Die Wirklichkeit ist ein Geschehen, aus dem für einen Film nur bestimmte Wahrheiten extrahiert werden, so die These. Dabei wird vom Film erwartet, dass es zu einer Sortierung der Ereignisse in einer bestimmten Sinn-Reihenfolge kommt. Dieser Prozess zerstört die Wirklichkeit. Gleichzeitig will sich der Film als die einzig wahre Wirklichkeit verstanden wissen. „Als Regisseur versuche ich mich selbst dabei zu beobachten, wie ich mich verhalte, wenn die Wirklichkeit der Flüchtlinge und meine eigene aufeinandertreffen. Ich beobachte mich, wie ich beobachte. Ich fühle mich wie ein Fremder, der eben – auch – seine Geschichte erzählen will.“ (David Muñoz) (Text: Berlinale)
- Let’s Dance: Bowie DownUnder?Dokumentarfilm von Rubika Shah mit Julien Temple und David Bowie.
1983 findet Bowie in einem einfachen Straßenhotel im ländlichen Australien den perfekten Drehort für ein Video. Hier ist die Zeit stehen geblieben. Wortlos trinken die Alten am Tresen ihr Bier. Neuankömmlinge werden kritisch beäugt, vor allem, wenn sie eine andere Hautfarbe haben. Doch zwei junge Aboriginals erobern die staubige Tanzfläche.
Bowie schickt das jugendliche Liebespaar auf eine bilderreiche Tour durch Australien. Überall wird es mit unhaltbaren Zuständen konfrontiert. Es war einmal ihr Land, und trotzdem gehören sie nirgendwo dazu. Die Verhältnisse erinnern an Sklaverei.
Der Film erzählt die Geschichte des berühmten Videoclips zu David Bowies Song „Let’s Dance“. Bowie nutzte seine Berühmtheit und die erfrischende Tanzbarkeit von „Let’s Dance“, um mit dem Video ein klares Statement über die Situation von Minderheiten abzugeben. Der Dokumentarfilm zeichnet ein Bild der Zeit. Es waren die Anfangsjahre von MTV, der Videoclip wurde weltbekannt, und „Let’s Dance“ wurde einer von Bowies größten Hits. (Text: Berlinale)
Mehr Infos auf Berlinale.de - Kamakshi?11Drama von Satindar Singh Bedi mit Snehal Pawar.
Kamakshi ist in der hinduistischen Mythologie die Göttin der Barmherzigkeit. Sie erfüllt alle Wünsche und steht für Ruhe und Frieden. Sita, die Ehefrau von Rama, bittet nach einer langen Lebensreise voller Entbehrungen und falscher Anschuldigungen von Seiten ihres geliebten Mannes ihre Mutter, die Erde, sie zu verschlucken. In dem schwarz-weißen, auf 35mm gedrehten Film folgen wir einer alten Frau, die auf einem kargen Stück Land nach Wasser gräbt. Sie gräbt und gräbt, und die Furchen in der trockenen Erde spiegeln sich in den Falten ihres lebendigen Gesichts. Sie verschwindet beinahe in der Grube, an deren Rand ein Mädchen erscheint. Die beiden tauschen Blicke. Die alte Frau verteilt Münzen aus einem Boot, das mit Wasser vollgelaufen ist. Die Wasserverkäufer tragen Fackeln durch die Nacht. Assoziative und halluzinatorische Bilder alternieren mit erzählerischen Momenten. Zum Ende übernimmt die Farbe die Regie, und die Hoffnung auf Wasser erfüllt sich zu einem hohen Preis. (Text: Berlinale)
- PlayTime?Drama von Nanna Huolman mit Andrea Ung Malmberg und Anoshirvan Parvazi.
Manchmal braucht man dringend eine Auszeit. Im weitläufigen Einkaufsparadies quält der kleine Nico seine Mutter. Er will alles haben, er hört nicht und scheppert mit seinem Einkaufswagen gegen die Paletten. Als die Mutter ihn zum Weitergehen bewegen will, sperrt er sich und fängt an herumzuschreien. Kurz davor ihn zu ohrfeigen, läuft die Mutter hinaus auf den Kundenparkplatz und zündet sich eine Zigarette an. Bei ihrer Rückkehr ist Nico fort. Jemand vom Personal kümmert sich um ihn. Die Mutter sieht, dass er in guten Händen ist und nutzt die Gelegenheit. Nebenan gibt es eine Megaspielhalle, dort kann man sich abreagieren und vielleicht noch etwas anderes erleben. (Text: Berlinale)
- Dazwischen?1Dokumentarfilm von Dean Hamer und Joe Wilson.
Sie fühlt sich wie ein Junge, mehr noch als die meisten Jungen selbst. Der Dokumentarfilm begleitet die elfjährige Hawaiianerin Ho’onani, die davon träumt, an ihrer Schule die traditionelle Hula-Gruppe anzuführen. Das erzählerische Tanztheater gilt als Herzschlag des hawaiianischen Volks und verlangt viel Übung. Auch hier möchte Ho’onani auf die Seite der Jungen. Eigentlich ist das nicht erlaubt, aber Ho’onani hat Glück mit ihrer charismatischen Lehrerin Kumu Hina. Sie weist Ho’onani einen besonderen Platz in der Mitte zu. Denn auch im alten Hawaii gab es schon ein Leben zwischen den Geschlechtern. Einen Platz für diejenigen, die beide umarmen, Mann und Frau. Kumu Hina weiß, wovon sie spricht. Sie war vor über 20 Jahren ein Mann.
Mit ihrem tiefem Wissen vermittelt Kumu Hina den Schülern die Kultur ihrer Vorfahren, die aller christlichen Missionarstätigkeit zum Trotz nicht vergessen ist. Das Zauberwort heißt Aloha. Es bedeutet ein Leben in Harmonie mit dem Land. Und es meint Liebe, Respekt und Wertschätzung für jede und jeden. (Text: Berlinale)
Mehr Infos auf Berlinale.de - Der kleine Vogel und dasEichhörnchen?21Animationsfilm von Lena von Döhren.
Es ist Herbst. Ganz am Ende des langen Astes hängt ein letztes buntes Blatt. Der kleine schwarze Vogel will es gießen. Das Eichhörnchen schnappt ihm die Gießkanne weg und hüpft damit von Baum zu Baum. Der kleine Vogel folgt dem frechen Dieb. Da pirscht sich der feuerrote Fuchs an. Der will nicht die Gießkanne, er will die beiden. Wie gut, dass man sich in dem bunten Herbstlaub verstecken kann. Wie gut, dass sich mit einer Gießkanne auch Trompete spielen lässt. Und wie schön, wenn zwei, die sich streiten, noch gute Freunde werden. (Text: Berlinale)
- Warum?IL (2014)?31von Nadav Lapid mit Daniel Moreshet.
Der 40-jährige Regisseur Yoav wird vom Herausgeber von „Cahiers du Cinéma“ angefragt, einen Artikel über die Kraft eines speziellen cinematografischen Bildes zu schreiben. Er erinnert sich an seine erste Begegnung mit Pasolinis Teorema, damals, als er noch als Soldat in der israelischen Armee diente. Nadav Lapid inszeniert ein Regie-Alter Ego. In nur wenigen Szenen verdichtet er jene Momente, die letztlich das Leben des Regisseurs verändert haben. Lama? ist ein sehr persönlicher Film, der spüren lässt, welche Möglichkeiten dem Kino innewohnen. (Text: Berlinale)
- LembusuraID (2014)?von Wregas Bhanuteja mit Yohanes Budyambara.
Lembusura oder die Legende vom Bergdämon. Es regnet Asche auf Java. Im Osten der indonesischen Insel ist der Vulkan Kelud aktiv. Der Berg gehört zu den gefährlichsten auf der Insel und ist für heftige, explosive Ausbrüche bekannt. Wenn es Asche regnet, dann richtig. Wieder und wieder wird alles mit grauem Feinstaub bedeckt – Häuser, Straßen, Blüten, Regenschirme. Der Mythos erzählt, dass der wütende Dämon Lembusura, der eine Tarnkappe tragend im Inneren des Vulkans lebt, für den Ascheregen verantwortlich ist. Junge Männer machen sich auf, ihrer mythischen Vergangenheit Herr zu werden. Einer wird als Dämon verkleidet – der mit den größten Brüsten, was sofort ein Lachen bei den anderen hervorruft. Die Inszenierung der Suche wird zur Gänze gezeigt. Lembusura tanzt, steigt auf Bäume und über Hügel. Aller Ernst, mit dem im ethnologischen und vor allem im postkolonialen Diskurs gewöhnlich der Mystik und Erzählung des anderen begegnet wird, ist aufgehoben. Aufgehoben von den Erben der Geschichte selbst. Die Asche hört nicht auf zu regnen, und der Muezzin ruft. (Text: Berlinale)
- Kacey Mottet Klein, Anfänge einesSchauspielers?3Dokumentarfilm von Ursula Meier mit Kacey Mottet Klein und Ursula Meier.
Wie wird aus einem Kind ein Schauspieler? 2008 spielte Kacey Mottet Klein eine Rolle in Ursula Meiers Film Home. Der Darsteller war noch jung und hatte kaum Erfahrung vor der Kamera. Sie war für ihn ein seltsames Ding, eine schwarze Spinne auf vier Beinen, ein großes Auge, von dem er seinen Blick nur schwer abwenden konnte. Die Schauspielerei war für ihn ein Spaß. Über die Charaktere, die er spielte, machte er sich keine Gedanken. Er spielte sich selbst, oder sich selbst mit kleinen Abweichungen.
Inzwischen sind Jahre vergangen. Heute nimmt Kacey bei Dreharbeiten die Kamera nicht mehr wahr. Sobald die Klappe fällt, existiert sie nicht mehr, so wenig wie alles andere um ihn herum, und er ist allein mit dem Charakter, den er verkörpert und den er mit seinem Spiel verteidigt. Der Weg dahin war weit. Anhand von Filmausschnitten und Aufnahmen von den Dreharbeiten zu Home und L´enfant d´en haut (2012) kommentiert Kacey seine Entwicklung zu schauspielerischer Reife selbst. (Text: Berlinale) - 3 Jahre 3 MonateRückzugBT (2015)?3von Dechen Roder mit Dechen Zangmo.
In der traditionellen buddhistischen Meditationspraxis Lo Sum Choe Sum ziehen sich Mönche, Nonnen und andere tiefgläubige Menschen für 3 Jahre und 3 Monate aus allem Weltlichen zurück. Das ist die Zeit, die nötig ist, um einen höheren Grad von Klarheit und Transformation zu erreichen. Die junge Frau Lhamo lebt in Bhutan. Sie ist auf der Reise. In einem Bus fährt sie durchs Gebirge. Während einer Pause steigt sie alleine auf einen Berg und verpasst beinahe die Weiterfahrt. Dann werden die Reisenden angehalten und Polizisten durchsuchen den Bus. Lhamo wird verhaftet. In komponierten Tableaux, die sowohl Stadt und Landleben, als auch traditionelle und moderne Lebensweise zueinander ins Verhältnis stellen, inszeniert die Regisseurin die Geschichte einer Frau, deren Verständnis von Autonomie den Erlebnissen und der religiösen Praxis in der hinter ihr liegenden Zeit geschuldet ist. (Text: Berlinale)
- Die Gabe meinesVaters?Drama von Salam Salman.
Der Waisenjunge Hamoudi aus dem Irak erinnert sich, wie er seine Eltern verlor: Es ist eine ganz normale Fahrt im Auto. Vater und Mutter sitzen vorn, er sitzt hinten. Neben sich hat er eine Topfpflanze, ein Geschenk des Vaters. Was sind das für Soldaten da draußen, will Hamoudi wissen. Die sind besser als die anderen, antwortet der Vater. Bald darauf passiert es. Schüsse, Maschinengewehrfeuer, quietschende Reifen, schrille Sirenen, die Windschutzscheibe splittert. Und die Eltern antworten nicht mehr. Der Film geht auf einen authentischen Zwischenfall 2007 zurück, bei dem Mitarbeiter der privaten US-Sicherheitsfirma Blackwater in Bagdad 17 Zivilisten erschossen. Der Vorfall rief heftige Empörung hervor. Die amerikanische Justiz tat sich mit der Aufarbeitung schwer. Erst sieben Jahre später – nach energischen Protesten aus der arabischen Welt – kam es zu einigen Verurteilungen. (Text: Berlinale)
Hintergrund & Infos zu Die Gabe meines Vaters
Im Rahmen des Wettbewerbs 65. Internationale Filmfestspiele Berlin 2015 gewinnt Die Gabe meines Vaters den Gläsernen Bär für den Besten Kurzfilm, der von der Kinderjury Generation Kplus verliehen wird. - Fluss?2Drama von Sonthar Gyal mit Guru Tsedan und Regzin Drolma.
Nachdem ihr Vater betrunken mit dem Motorrad gestürzt ist, dämmert der kleinen Yangchan, dass mit ihm etwas nicht stimmt. In ihrem Dorf in der tibetischen Steppe versteht man nicht, warum er nicht endlich den kranken Großvater besucht. Der Alte lebt in einer Höhle, in die er sich zur Meditation zurückgezogen hat, und gilt als heiliger Mann. Alle sind schon zu ihm gepilgert. Aber Yangchans Vater weigert sich hartnäckig. Man hält ihn deshalb für einen schlechten Menschen, das lassen die Jungen aus dem Dorf Yangchan spüren. Ihre Mutter erwartet das nächste Kind und möchte gerne Frieden, aber der Vater hat Gründe für seine unversöhnliche Haltung. Die Familie zieht mit einem Zelt auf fernes Weideland, doch der Konflikt begleitet sie. Yangchan fühlt sich immer unverstandener. Sie mag den wachsenden Bauch ihrer Mutter nicht. Nähe und Liebe findet sie bei einem verwaisten Lamm. Yangchan umsorgt es zärtlich und zieht es auf. Die Probleme bleiben ungelöst. Berührende – nur aus dem Blickwinkel des Mädchens erzählte – Geschichte von einer tiefen seelischen Wunde des Vaters, die sich nach vielen Jahren heftig entzündet und eine ganze Familie an den Rand des Abgrunds bringt. (Text: Berlinale)
- The Mad HalfHour?11Komödie von Leonardo Brzezicki mit Julian Larquier Tellarini.
Einmal am Tag drehen Hauskatzen buchstäblich am Rad. Totaler Energieausbruch, der maximal eine halbe Stunde dauert. Niemand weiß warum. Das ist einfach so. Juan geht es ganz ähnlich. Warum weiß auch er nicht, es hat ihn einfach gepackt. Der Verlust der Hingabe. Warum soll er einen Ball über das Netz spielen und warten, dass er zurückgeschlagen wird, und dabei darauf achten, dass er innerhalb der weißen Markierungslinien bleibt? Liebt er Pedro noch, nein, oder doch? Pedro kennt das schon und nimmt ihn an die Hand. Gemeinsam gehen sie in die Nacht und streunen, Katzen gleich, durch die Straßen von Buenos Aires. Der Film folgt weniger einer erzählerischen Logik als menschlichen Gefühlen, ohne jedoch jemals die Fäden der Handlung ganz aus den Händen zu geben. (Text: Berlinale)
- Mother Virgin NoMore?Drama von Derya Durmaz mit Nazli Bulum und Nazan Kesal.
Manchmal hat ein Lächeln dramatische Folgen. Beklemmend eintönig piept das EKG, als eine junge Frau sich wegen eines körperlichen Problems in einer Klinik untersuchen lässt. An ihrem Bett wacht ihre streng blickende Mutter. Als sie ihrer Tochter die Details der nächsten Untersuchung erklärt, steht auf einmal eine unangenehme Frage in Raum: Hatte sie schon einmal Sex? Wie immer, wenn sie nervös ist, beginnt die Tochter zu lächeln. Die Mutter weiß, was das heißt. Für sie ist es ein Schock. Zwischen Mutter und Tochter ist etwas für immer zerstört. Schlagartig lässt sich erahnen, unter welchem Druck junge Frauen in Kulturen stehen, in denen Jungfräulichkeit als Tugend wahrgenommen wird. (Text: Berlinale)
- Giovanni und dasWasserballett?1Dokumentarfilm von Astrid Bussink.
Giovanni ist mutig. Er begeistert sich fürs Synchronschwimmen und will – als erster Junge überhaupt – an den holländischen Meisterschaften teilnehmen. Dass seine Mitschüler ihn deshalb hänseln, ist ihm völlig egal. Er liebt es, sich in dieser Welt der Mädchen zu bewegen und im Wasser kunstvolle Figuren zu machen. Der Spagat fällt ihm naturgemäß nicht so leicht, aber er trainiert fleißig, und in der Nacht vor der Vorausscheidung kann er vor Aufregung nicht schlafen. Mit seinen zehn Jahren hat Giovanni bereits eine Freundin, Kim. Sie reden unbeschwert über ihr Zusammensein. Kim findet ihn gut, weil er der verrückteste Junge ist, den sie kennt, und sie unterstützt ihn bei seinem Vorhaben. Auf charmante Weise zeigt dieser Dokumentarfilm: Es ist einfach ein Gewinn, wenn man sich die Freiheit nimmt, ungewöhnliche Wege zu gehen. (Text: Berlinale)
- Gegner nachMaß?1Animationsfilm von Bruno J. Böttge.
Ein rätselhafter bunter Vogel, das muntere Teufelchen, ein Fröschlein und der pausbäckige Herr Winter – mit diesen und vielen anderen Figuren wurde das DEFA-Studio für Trickfilme in Dresden international bekannt. Gegründet vor sechzig Jahren entstanden hier mehr als 750 Zeichen-, Puppen oder Silhouettenfilme. Die Dresdner Animationskünstler liebten ihre Zuschauer und nahmen sie mit auf die Reise ins Zauberreich der Phantasie. Der schönste Dank für ihre Arbeit, die noch ganz ohne Computer auskommen musste, war ein begeistertes Publikum. Generation widmet dieses Sonderprogramm der Kunst des DEFA-Trickfilms. (Text: Berlinale)
- schleierJP (2014)?von Yoriko Mizushiri.
Der Vorhang hebt sich: Eine Kyōgen-Bühne wie beim Nō-Theater, ein Untersuchungsraum beim Augenarzt, ein Sushi-Tresen. Es sind zwei, die sich an diesen Orten begegnen. Gefühle unterschiedlichster Art, die zwischen Angst und Faszination, zwischen Zärtlichkeit und Geborgenheit liegen, flammen auf und werden sofort umgesetzt in die Praxis. Die Gefühle des anderen werden ertastet. In langsamen, fließenden Bewegungen, getragen von einem Netz aus Tönen, verschmilzt Yoriko Mizushiri in ihren pastellfarbigen Animationen Farben und Gesten, Aktionen und Objekte zu einer sinnlichen, erotischen Erfahrung. Die Konnotation der Objekte ist dem Gefühl geschuldet. (Text: Berlinale)
- Die Flucht zu denPinguinen?1Animationsfilm von Günter Rätz.
Ein rätselhafter bunter Vogel, das muntere Teufelchen, ein Fröschlein und der pausbäckige Herr Winter – mit diesen und vielen anderen Figuren wurde das DEFA-Studio für Trickfilme in Dresden international bekannt. Gegründet vor sechzig Jahren entstanden hier mehr als 750 Zeichen-, Puppen oder Silhouettenfilme. Die Dresdner Animationskünstler liebten ihre Zuschauer und nahmen sie mit auf die Reise ins Zauberreich der Phantasie. Der schönste Dank für ihre Arbeit, die noch ganz ohne Computer auskommen musste, war ein begeistertes Publikum. Generation widmet dieses Sonderprogramm der Kunst des DEFA-Trickfilms. (Text: Berlinale)
- FeuermeerBR (2014)?1von Joel Pizzini.
1930 dreht der brasilianische Filmemacher und Poet Mario Peixoto, vom expressionistischen und avantgardistischen Kino Europas inspiriert, ein Meisterwerk der brasilianischen Filmgeschichte: den zweistündigen Stummfilm Limite. 2014 montiert Joel Pizzini mit Bildern aus Limite und zusätzlichem dokumentarischen Material – darunter Interviews mit dem Regisseur aus den Siebziger- und Achtzigerjahren – eine Hommage an den Film und vor allem an seine Macher. Mario Peixoto hat nach Limite nie wieder einen Film vollendet, wohl aber an verschiedenen Projekten gearbeitet. In MAR DE FOGO entwirft Joel Pizzini eine mögliche neue Filmsequenz. Er versucht dabei, der inszenatorischen Linie von Limite zu folgen. Mit visuellen Mitteln untersucht er das Gefühl, das Peixoto gehabt haben könnte, als er die Inspiration zu seinem Film verspürte. (Text: Berlinale)
- Das Gesicht der Ukraine: Casting OksanaBajul?1Dokumentarfilm von Kitty Green.
Sechs Mädchen präsentieren sich alle im gleichen Paillettenkleid für ein Casting. Sie erzählen, was ihr größter Traum ist, wo sie herkommen, wann sie zuletzt geweint haben. Die Mädchen sind aus allen Teilen des Landes angereist, einige haben schon Acting- oder Modelkurse absolviert. Sie bewerben sich um die Rolle eines einstigen Superstars: Oksana Bajul. 1994 gewann die damals 16-jährige Eiskunstläuferin das erste olympische Gold für die Ukraine. Sie war das Gesicht der jungen, unabhängig gewordenen Nation, unvergessen sind ihre Glückstränen.
Auch bei den Bewerberinnen gibt es Tränen. Gespielte und echte, denn einige, nicht alle, haben dunkle Zeiten hinter sich. Es stellt sich die Frage, was aus den Hoffnungen der letzten 20 Jahre geworden ist. Die Filmemacherin überzeugt mit ihrer Idee, einen Film nur aus unkommentierten Probeaufnahmen zu montieren. Das Resultat ist eine vielschichtige Reflexion über weibliche Rollenbilder und den gesellschaftlichen Wandel in einem zerrissenen Land. (Text: Berlinale) - DriftwoodDustmites?Drama von Malina Maria Mackiewicz mit Chloe Bayliss und Dominic Allburn.
In ihren Ferien an einem einsamen See beobachtet Aishe, wie ihr Vater im Campingbus seine neue Freundin küsst. Aishe weiß nicht, was sie davon halten soll. Vor einem Jahr erst ist ihre Mutter gestorben. Aufgewühlt sucht Aishe die Nähe ihrer jüngeren Schwester. Sie liegen im Zelt und reden leise miteinander. In der milden Abendstimmung kommen Erinnerungen an die Mutter hoch. Dass ihr Vater wieder eine Freundin hat, weckt ihr eigenes Bedürfnis nach Zärtlichkeit und Veränderung. Der Film erzählt die letzten zehn Minuten vor einem Sonnenuntergang. Wenig Zeit verstreicht, ungemein viel passiert. (Text: Berlinale)
- Of Stains, Scrap &TiresAT (2014)?22von Sebastian Brameshuber.
Motoren, Achsen, Zylinder – die Bauteile des Glücks. Was sich nicht in Europa weiterverkaufen lässt, schiffen die Scrapmaster vom Erzberg nach Afrika. Glück ist das (selten) leicht verdiente Geld, die (rare) Schönheit einer menschengemachten Maschine, die reale und imaginierte Freiheit auf Rädern. Zur Bild- und Tonpoetik von Autowerkstatt, Schrott und Paintballfeld liest ein anderer Wagenmeister, Bobby Sommer, ein Gedicht von Bertolt Brecht. Die singenden Steyr-Wägen, sie versprechen lautlose Leichtigkeit – ohne ihre Verwandtschaft zur Rüstungsindustrie zu verschweigen. (Text: Berlinale)
- Pebbles at YourDoorDK (2015)?1von Vibeke Bryld.
„Wenn wir im Paradies leben würden, gäbe es keine Tränen und keine Trennung, keinen Hunger und kein Warten, kein Leiden und keine Unterdrückung, keinen Krieg, keinen Tod. Wir bräuchten keine Hoffnung mehr. Wir würden die Hoffnungen, die uns so lieb sind, verlieren. Wir Koreaner nennen die Hoffnungen ‘Han’.“ (Park Kyong-Ni) Harmonia hat ein glückliches Leben in Nordkorea gelebt, bis ihr mit Anfang 20 eines Tages die Wahrheit bewusst wird. Eine Wahrheit, die sie lange Jahre nicht sehen wollte: Was sie umgibt, ist ein zerbrochenes Paradies. Spät, aber nicht zu spät, wie sie glaubt, entscheidet sie sich für den einsamen Weg in das Unbekannte, in die Welt außerhalb der eng gesteckten Grenzen des Regimes in Nordkorea. Sie flieht über China nach Südkorea. Es dauert über ein Jahr, bis sie dort ankommt. Sie kommt zu spät. Aber es gibt kein Zurück. Aus Fotografien und Postkarten montiert die Regisseurin Vibeke Bryld das Leben von Harmonia. (Text: Berlinale)