True Detective: Das Finale von Staffel 3 ist der perfekte Abschluss

05.03.2019 - 10:35 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
True DetectiveHBO
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Eine durchwachsene Staffel 3, mit der Showrunner Nic Pizzolatto unübersehbar an die Erfolgsfaktoren von Season 1 anknüpfen wollte, findet mit der letzten Episode doch noch zu einem perfekten Abschluss.

Achtung, Spoiler zur 3. Staffel von True Detective: Die eigentlichen Kriminalfälle sind das Uninteressanteste an jeder Staffel von True Detective. Die von Showrunner Nic Pizzolatto ins Leben gerufene sowie überwiegend im Alleingang geschriebene HBO-Anthologieserie bezieht ihren Reiz vielmehr aus dem, was diese Fälle mit den Menschen anrichten, die in sie verwickelt werden.

Diesen Ansatz verlor Pizzolatto über den Verlauf der 3. Staffel, die nun zu einem Ende gekommen ist, immer wieder aus den Augen. Aber spätestens mit der letzten Episode gelang dem Autor nochmal ein Glanzstück, das die gesamte Staffel mutig und überwältigend zugleich abschließt.

Die Auflösung des Mordfalls wirkt zunächst enttäuschend

Auf die denkbar unspektakulärste Weise wird der Fall der 3. True Detective-Staffel im Finale aufgelöst. In der Zeitlinie der Gegenwart gelingt es den beiden gealterten Detectives Wayne (Mahershala Ali) und Roland (Stephen Dorff), den einäugigen Mann aufzuspüren, den sie schon so lange als Schlüsselfigur für das Verschwinden von Julie Purcell sowie den Mord an ihrem Bruder Will vermuten.

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Ohne große Umschweife erzählt ihnen der Mann namens Mr. June all die Hintergründe zu dem Vorfall, der Wayne und Roland Jahrzehnte ihres Lebens verfolgte. Anstelle eines teuflischen Pädophilenrings, den viele zuletzt auch aufgrund der Verbindung zu Staffel 1 von True Detective hinter der örtlichen Hoyt-Familie vermuteten, fällt die Lösung des Falls deutlich anders aus. Verantwortlich ist vielmehr Isabel Hoyt, die Tochter der Familie.

Bei einem Unfall verlor sie damals ihren Mann und ihre Tochter, was sie anschließend in eine schwere Lithium-Sucht stürzte. Als sie die kleine Julie Purcell das erste Mal bei einem Picknick sah, wollte sie das Mädchen zu ihrer Ersatztochter machen. Kurzerhand arrangierte sie mit der Mutter des Kindes einen Deal, bei dem diese dafür bezahlt wird, dass sich Isabel regelmäßig mit Julie zum Spielen treffen darf.

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Der Tod war nur ein tragischer Unfall

Eine Vereinbarung, die immer extremere Ausmaße annahm, nachdem Isabel das Lithium abgesetzt hat und Julie für ihre wirkliche Tochter hielt. Beim Versteckspielen eskalierte die Situation, als Isabel Julies Bruder Will etwas zu stark schubst. Der Junge starb durch den Aufprall, woraufhin seine Leiche in der Höhle versteckt wurde.

Um das Mädchen zu manipulieren, bekam Julie von Isabel schließlich ebenfalls Lithium verabreicht und wurde in dem pinken Raum innerhalb des Hoyt-Anwesens gefangen gehalten. Erst mithilfe von Mr. June gelang ihr die Flucht, während Isabel Suizid beging. Als spröder Antiklimax durch mündliche Überlieferung dargeboten, entpuppt sich der große Fall der 3. Staffel True Detective damit als Aneinanderreihung tragischer Schicksalsschläge, persönlicher Tragödien und drastischer Unfälle.

Nicht der Fall, sondern die Figuren sind das Wichtigste

Als Auflösung des Falls ist diese Enthüllung ebenso frustrierend wie radikal. Große Teile der vorherigen Episoden, in denen Nic Pizzolatto sehr ausführlich der konventionellen Ermittlungsarbeit herkömmlicher Krimiserien folgte, werden hierdurch zu falschen Fährten und damit überflüssigen Lückenfüllern degradiert.

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Die Konsequenz des Finales beeindruckt dennoch, wenn sich die Handlung für Wayne und Roland kurzzeitig als eine Art Geistergeschichte entpuppt. In der Gegenwart sind alle, die in den Fall verwickelt waren, längst tot. Auch Julie, die 1997 als junge Frau in einem Kloster Schutz und Zuflucht suchte, soll an einer HIV-Erkrankung gestorben sein.

Hinter der offensichtlichen Geschichte verbirgt sich eine weitere

Gegen Ende stellt sich jedoch heraus, dass sich hinter der offensichtlichen Geschichte dieser 3. Staffel noch eine ganz andere verbirgt. Den entscheidenden Hinweis liefert Waynes in der Gegenwart verstorbene Frau Amelia bzw. der Teil von ihr, der als Erinnerungsfragment immer wieder in Waynes wirrem Geisteszustand aufflackert:

Was ist, wenn es eine andere Geschichte gibt? Was ist, wenn etwas Zerbrochenes wieder ganz ist? Dieses ganze Leben, all dieser Verlust. Was wäre, wenn es in Wirklichkeit eine lange Geschichte war, die einfach weiterging, bis sie sich selbst heilte?
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Dieses Zitat stellt den Schlüssel zum wahren Zugang zu einer 3. Staffel dar, die erst im Finale wie ein Kreis vollendet wird. Mithilfe des Hinweises von Amelia, der vielmehr seinem eigenen Unterbewusstsein entstammt, realisiert Wayne schließlich, dass Julie nicht gestorben ist. Ihr Tod wurde nur vorgetäuscht.

Dadurch konnte sie später unerkannt mit dem Mann, der ihr als kleiner Junge nach ihrem Verschwinden schon damals nachtrauerte, eine eigene Familie gründen und glücklich sein. Als Wayne sie noch einmal aufsucht und vor ihr steht, ist er plötzlich wieder verloren. Erneut hat seine Demenz die Oberhand über ihn gewonnen. Mit einem mehrdeutigen Blick von Wayne auf Julie lässt Nic Pizzolatto den Zuschauer mit den eigenen Gefühlen zurück.

Die Geschichte von Staffel 3 von True Detective hat sich am Ende selbst geheilt

Am Ende findet Nic Pizzolatto, der sich mit dieser 3. Staffel nach der gescholtenen 2. Season gelegentlich zu stark an die Erfolgsfaktoren von Staffel 1 anbiederte und diese nahezu identisch kopierte, mithilfe seines Protagonisten zu einem Abschluss, durch den sich Waynes genauso wie Julies Geschichte gewissermaßen selbst heilt.

Zwei Rückblenden streut der Autor am Ende der Episode noch in die Handlung ein, als Wayne zufrieden auf der Veranda neben einem ebenso gelassen wirkenden Roland, seiner Tochter und seinem Sohn mitsamt Schwiegertochter sitzt. Eine Rückblende führt zu dem Moment, an dem Wayne Amelia in einer Bar einen Heiratsantrag macht, bevor die letzte Szene einen wesentlich jüngeren Wayne während seiner Zeit als Soldat in Vietnam zeigt.

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Keine Schlusssequenz hätte Nic Pizzolattos Motiv, das flackernde Verhältnis zwischen Waynes Verstand und dem universellen Vergehen der Zeit, treffender darstellen können als dieses Ende. Darin laufen Wayne und Amelia gemeinsam aus der Bar in ein gleißendes Licht, bevor Wayne in Vietnam wortlos sowie mit einem letzten Blick in die Kamera im Dickicht des Dschungels verschwindet, das dem Dickicht seiner eigenen Gedankengänge entspricht.

Alle drei Staffeln von True Detective sind momentan bei Sky Ticket  verfügbar.

Wie fandet ihr die 3. Staffel von True Detective?

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