Thomas Kretschmann zerquetscht die Kartoffel

24.11.2008 - 14:00 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Thomas Kretschmann als Wolf Larsen
Pro 7
Thomas Kretschmann als Wolf Larsen
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Als Seewolf übernimmt Thomas Kretschmann heute Abend ein schweres Erbe von Raimund Harmstorf.

Der Seewolf unter der Regie von Wolfgang Staudte fegte 1972 mehrmals die Straße leer. Die mehrteilige Verfilmung des Buches von Jack London war ein TV-Highlight und schaffte das, was wenigen TV-Filmen gelingt: Die Folgen kamen als Kinofilm auf die große Leinwand. Maßgeblich dazu bei getragen hat der Hauptdarsteller Raimund Harmstorf, der mit der Rolle des Wolf Larsen unsterblich geworden ist. Er zerquetschte eine rohe Kartoffel. In diesem Bild steckte all seine Gewaltbereitschaft und seine Kraft.

Heute Abend wird die erste Folge von Der Seewolf ausgestrahlt, wie ihn Pro 7 sieht und Thomas Kretschmann hat die Rolle des Kapitäns übernommen. Vergleiche bieten sich da natürlich an, aber der ehemalige ostdeutsche Olympionike braucht diese nicht zu scheuen: Er hat sich in Hollywood einen Namen gemacht und ist einer der wenigen deutschen Schauspieler, der mit Star-Regisseuren wie Roman Polanski oder Peter Jackson gearbeitet hat.

Ab dem 14. Lebensjahr gehört Thomas Kretschmann zum olympischen Schwimmerkader der DDR und lebt im Internat der Kinder- und Jugendsportschule Halle an der Saale. Mit 18 Jahren verlässt er das Sportinternat und meldet sich an der Staatlichen Ernst Busch-Schauspielschule in Berlin an. Aufgrund der beschränkten Ausbildungsmöglichkeiten und den schlechten Karriere-Chancen als Schauspieler in der DDR, entschließt er sich 1983 aus der Republik zu fliehen. Die Flucht, nur mit seinem Pass und etwas Geld in der Tasche, dauert Tage. Sein Weg führt ihn über Ungarn, Jugoslawien und Österreich schließlich nach Westberlin. Dort setzt er seine Schauspielausbildung an der Kirchhoff Schule fort. Nebenbei nimmt er Gelegenheitsjobs an, um sein Schauspielstudium zu finanzieren.

Anfang der 1990er Jahre gibt Thomas Kretschmann sein Spielfilm-Debüt im Fernsehen, erhält auch als Bester Nachwuchsschauspieler den renommierten Max Ophüls-Preis in Saarbrücken. Nach ein paar weiteren TV-Projekten spielt er 1993 in seinem ersten großen Kinofilm Stalingrad (1993). Regisseur Joseph Vilsmaier besetzt ihn in dem Kriegsdrama für eine der größeren Rollen. Als Leutnant von Witzland übernimmt er die Führung einer Kompanie, die sich im Kampf gegen die Rote Armee behaupten muss. Danach arbeitet er für den wohl radikalsten deutschen Autorenfilmer Klaus Lemke in Die Ratte (1993) und verkörpert einen jungen Rebellen aus St. Pauli. Es folgen Haupt- sowie Nebenrollen in zahlreiche TV-Filmen, Kinoarbeiten sind dagegen spärlicher.

Mehr und mehr drängt Thomas Kretschmann in den internationalen Filmbereich, da er sich nicht auf das Fernsehen festlegen will. In Filmen wie Die Bartholomäusnacht (1994) von Patrice Chéreau und Massimo Spano s Für Ehre und Vaterland (1995) steht er vor der Kamera. 1996 zieht er mit seiner Familie nach Los Angeles. Mit seinem ersten amerikanischen Film Total Reality (1997) beginnt seine Karriere in den Staaten. Es folgt der Fantasyfilm Prinz Eisenherz (1997), in dem er die schöne Prinzessin Illene, gespielt von Katherine Heigl, entführt und das Schwert Excalibur stiehlt. In U-571 (2000) verkörpert er den Leutnant Wassner, der mit seiner Crew im Kriegsjahr 1942 gezwungenermaßen in einem deutschen U-Boot eine gefährliche Mission erfüllen muss. In dem Actionfilm Blade II (2002) von Guillermo del Toro treibt er als Vampirältester Lord Damaskinos sein Unwesen. 2002 dreht er mit Roman Polanski Der Pianist (2002). Obwohl er erst im letzten Drittel des Films in Erscheinung tritt, gelingt ihm als Kommandant Wilm Hosenfeld ein herausragender Auftritt. Er bekommt daraufhin immer mehr amerikanische Film- und Serienangebote und hat unter anderem in “24” (2003), U-Boat: In feindlicher Hand (2004) und Immortal – Die Rückkehr der Götter (2004) Auftritte. Als pragmatischer Schiffskapitäns Englehorn überzeugt er auch in King Kong (2005) von Peter Jackson.

Auch in Deutschland ist Thomas Kretschmann jetzt wer. Also spielt er in den wichtigen deutschen Filmen wie Der Untergang (2004) von Oliver Hirschbiegel mit und gibt einen SS-Brigadeführer. Nicht mehr nur als Nebendarsteller wird er geführt, mittlerweile überzeugt er auch als Charakterdarsteller in ungewöhnlichen Rollen, etwa als Papst Johannes Paul II. in Fürchtet euch nicht!: Das Leben Papst Johannes Pauls II.. In dem Horrorfilm Rohtenburg (2006) spielt er einen Kannibalen, wird dafür bei einem Filmfestival in Spanien als Bester Darsteller ausgezeichnet, in Deutschland ist der Film verboten. Er wird in Operation Walküre – Das Stauffenberg Attentat zu sehen sein. Eigentlich sollte er anfangs die Hauptrolle spielen, aber Tom Cruise hat sie ihm weggeschnappt. Ob das so gut ist für den Film, bleibt abzuwarten. Thomas Kretschmann hat dadurch jedenfalls kein Karrieretief erfahren: Er ist dick im Geschäft und unser Mann in Hollywood.

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