The Leftovers - Wir schauen Staffel 3, Folge 3

02.05.2017 - 13:50 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Gute Ausrede für zukünftigte Polizeikontrollen: Einfach sagen, dass man die Welt rettet.
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Gute Ausrede für zukünftigte Polizeikontrollen: Einfach sagen, dass man die Welt rettet.
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G’Day Australia! Nach zwei mysteriösen Epilogen im Land der Kängurus verlagert The Leftovers die restliche Handlung ab sofort und endgültig nach Down Under. Bevor Kevin und Co. jedoch in Australien ankommen, durchleiden wir zunächst noch zusammen mit Kevin Sr. die Schwierigkeiten der Weltrettung.

Alle Wege führen nach Australien - zumindest in den Serien von Damon Lindelof. Nachdem bereits John Locke in Lost ein Walkabout verwehrt wurde, ergreift The Leftovers die Chance und lässt erneut einen alten, stoischen Mann mit einer Mission nach Australien reisen, um dort auf den Traumpfaden der Aborigines seine Bestimmung zu finden. John Locke wollte einen Sinn im Leben; den fand er zwar nicht in Australien, aber über einen Umweg dann doch auf und mit der Insel. Kevin Garvey Senior hingegen reiste nach Australien, weil ihn die Stimmen in seinem Kopf dazu rieten. Aber auch er wollte einen Sinn erkennen.

Beide Männer sind in der Figurenkonstellation der Serie zunächst eher Randfiguren (Scott Glenn wurde erst in der letzten Staffel zum Series Regular befördert), doch die zwei Männer scheinen schicksalhaft mit dem Ende der Serie verbunden. Denn Garveys Obsession führt nicht nur zu persönlichen Konsequenzen, sondern rückt einen uralten Konflikt in Lindelofs Werk wieder direkt ins Zentrum.

Crazy Whitefella Thinking, die 3. Folge der 3. Staffel von The Leftovers, führt uns dem Titel gebührend auf eine cineastisch inszenierte Reise, auf der Papa Garvey versucht, die Apokalypse durch kulturelle Aneignung abzuwenden. Der weiße Mann ist gekommen, um die Welt zu retten. So weit, so meh. Er stiehlt illegal die Lieder der Ureinwohner, legt sich mit der Polizei an und lebt als ziemlich ungeselliger Zeitgenosse die letzten Tage seines Lebens im australischen Outback aus. Sein Ruf ist derart ruiniert, dass Fahndungsfotos sogar vor ihm warnen. All dies tut er, um die Apokalypse abzuwenden. Zumindest glaubt er das. Kevin Garvey Sr. ist davon überzeugt, dass am siebten Jahrestag des Sudden Departures eine biblische Sintflut einsetzen wird, die nur er abwenden kann. Dafür muss er, das sagte ihm ein magisches Huhn, nur eines tun: singen. Denn als er vor einigen Jahrzehnten "Itsy Bitsy Spider" vorsang, hörte auf magische Weise ein Regensturm auf, vor dem sich sein Sohn fürchtete. Diese Geschichte erzählt er schließlich dem Stammesführer Christoph Sunday, der ihm den letzten Teil der Songline übergeben soll.

Es ist nach wie vor eine meisterliche Leistung der Serie, dass diese hanebüchenen Geschichten um Randfiguren solch einen Pathos entwickeln können. Die Bilder von Mimi Leder reißen schlicht mit, ihre Kraft strotzt nur so von religiöser Symbolik. Ihre Folge will interpretiert werden, aber sie will auch bewegen. In den beiden zentralen Gesprächen, die der Folge so etwas wie Struktur innerhalb der rastlosen Suche bieten, konzentriert sie sich erneut nur auf die Gesichter der Figuren. Immer näher rückt die Kamera heran und man erwischt sich selbst dabei, wie man mit der Nase fast am Bildschirm klebt. Als ob eine größere Nähe mehr offenbaren würde. Am Ende wartet aber keine große Erkenntnis auf. Stattdessen entwickeln wir Mitgefühl für die existenziellen Ängste unserer Mitmenschen – und fühlen uns ein Stückchen weniger alleine.

Es ist vor allem die 1. Staffel, die diesen Szenen und Folgen ihre Kraft bietet. Ohne das bierernste Fundament gerät The Leftovers in Gefahr ins Lächerliche gezogen zu werden. Doch wir wissen um das Leid der Figuren, um den immensen Einfluss, den der Sudden Departure auf ihr Leben hatte. Deshalb ist es auch nur gerecht, dass Scott Glenns älterer Kevin in der verringerten Staffelorder doch noch eine eigene Episode erhält, in der er brillieren darf. Sein Kevin ist jedoch das beste Beispiel für die universelle Darstellung von Leid in der Serie. Kevin Sr. verlor früh seine Frau und machte doch weiter. Erst der Sudden Departure brach ihn dann endlich, weil er seinen Schmerz nie richtig verarbeitet hat.

Der ehemalige Sheriff zeigt ganz deutlich, dass es der Serie nie wirklich um das übernatürliche Event ging. Selbstverständlich sind die gesellschaftlichen Veränderungen durchaus interessant, aber im Kern verfolgt Lindelofs Adaption eine Erörterung der menschlichen Existenz und der Antworten auf die dunkle Stille des Universums. Dass Kevin Sr. Stimmen hört, die ihm sagen, was er tun soll – nachdem ihm in einer Führungsrolle unmissverständlich die Kontrolle genommen wurde – erscheint noch als verständlichste aller Reaktionen. Immerhin wickelt er sich keine Plastiktüte um den Kopf. Doch ein gewisser Teil seiner Geschichte muss ja schon stimmen. Später verstummen die Stimmen, doch er sieht Kevin aka das Huhn im Fernsehen in Perth. Dies ist ein eindeutiger Beweis, dass sich zumindest nicht alles aus der Episode International Assassin in Kevins Kopf abgespielt hat. (Dazu sei auch an den Australier David Burton aus der letzten Staffel erinnert, der Jesus-like aus einer Höhle von den Toten auferstanden ist und davon sprach, dass er in einem Hotel war. Ein anderer Fall oder ein Deckname von Kevin Garvey Sr.?).


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