Teddy Hoffman – Kantig, fleischig, gut

11.07.2012 - 08:50 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Daniel Benzali als Teddy Hoffman in Murder One
20th Century Fox
Daniel Benzali als Teddy Hoffman in Murder One
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Rechtsanwalt Teddy Hoffman aus Murder One entspricht so gar nicht dem allgegenwärtigen Leading-Man-Schema, weder äußerlich noch innerlich. Gerade deshalb ist er einer meiner liebsten Serienhelden.

Bei Murder One handelt es sich um eine in L.A. spielende Anwaltsserie aus dem Jahre 1995. Der von Daniel Benzali verkörperte Anwaltskanzlei-Chef Teddy Hoffman ist dabei ein Unikum in der Riege der Hauptfiguren einer Fernsehserie: Nicht schön, selten charmant, immer geradlinig. Dabei aber auch nicht skurril überdreht, wie so viele andere der heute populären Antihelden in Fernsehserien.

Begegnen wir Teddy Hoffman als Zuschauer das erste Mal, bekommen wir einen gehörigen Schreck. Was ist das denn für ein Typ? Warum ist der denn so unfreundlich? Und so un-telegen. Der lächelt ja kaum. Und den soll ich mir jetzt eine ganze Staffel lang ansehen?

Nach einigen Folgen merken wir jedoch, dass der erste Eindruck einerseits täuscht, andererseits aber auch nicht. Ein verbindlicher Charmebolzen wird Hoffman auch im weiteren Verlauf der Staffel nicht, allerdings wird bald klar, dass er gute Gründe hat, so auf die Menschen zu reagieren, wie er es tut. Handelt es sich doch meist um zumindest halbseidene Gestalten mit Moralvorstellungen, die so gar nicht zum Wertekanon Teddy Hoffmans passen wollen. Seien es der zwielichtige Millionär Richard Cross (Stanley Tucci), der opportunistische Bezirksstaatsanwalt Roger Garfield (Gregory Itzin) oder der skrupellose Nervenarzt Dr. Graham Lester (Stanley Kamel): Hoffman unternimmt schlichtweg keinen Versuch, den Leuten seine Meinung von ihnen vorzuenthalten. Dafür hat er als Anwalt der Reichen und Schönen L.A.s schlicht in zu viele Abgründe schauen müssen. Vom Glamourleben seines Hauptklienten, dem Schauspieler Neil Avedon (Jason Gedrick), hält Hoffman als verheirateter Vater einer kleinen Tochter schon gleich gar nichts.

Von Vorverurteilungen nimmt er jedoch ebenso Abstand, er handelt stets nach dem Geist des Gesetzes. Weil er der Ansicht ist, dass jeder bis zum Beweis des Gegenteils als unschuldig zu gelten hat, hat er seinen Job nicht längst an den Nagel gehängt. Kommen ihm dann zwar nicht illegale, aber trotzdem verwerfliche, Details aus dem Leben seiner Klienten zu Ohren, so sagt er auch diesen deutlich, was er von ihnen hält. Einen großen Anteil an seiner Wirkung hat dabei die Tatsache, dass er stets ruhig und gefasst, oft auch sehr unterkühlt, seine Meinung sagt. Dies verleiht seinen oft schmerzhaft direkten Äußerungen weitaus mehr Gewicht, als es stetes Aufbrausen je tun könnte. Aber nicht nur seine Klienten haben seine Geradlinigkeit zu fürchten. Auch gegenüber seinen Angestellten greift Hoffman konsequent durch, sollte jemand seine ethische Standards nicht einhalten wollen oder können.

Wie ungewöhnlich Hoffman als Hauptcharakter einer Fernsehserie war, sehen wir nicht zuletzt daran, dass er für die zweite (und gleichzeitig letzte) Staffel von Murder One durch den von Anthony LaPaglia gespielten Jimmy Wyler ersetzt wurde, der ein Charakter wie aus den Hollywood-Bilderbuch ist. Benzali sagte in einem Interview, die Rolle des Teddy Hoffman wäre eine der seltenen Gelegenheiten gewesen, in denen Schauspieler und Rolle die perfekte Paarung eingegangen sind. Er sei Teddy Hoffman gewesen, und Teddy Hoffman sei er gewesen. Die Serie hat Benzali als einen modernen Film Noir aufgefasst, und seine Rolle dementsprechend als eine Art Philip Marlowe.

Was noch gar nicht zur Sprache gekommen ist, ist der für Mitte der 90er fast sensationelle Fakt, dass sich die gesamte erste Staffel der unter anderem von Steven Bochco erdachten Serie mit einen einzigen Fall befasste, dem Mord an der 15-jährigen Jessica Costello. Der an überraschenden Wendungen, moralischen Abgründen und schillernden Charakteren nicht arme Fall gab Daniel Benzali die Möglichkeit, die ganze Komplexität des Charakters Teddy Hoffman zu demonstrieren, und zu zeigen, dass sich hinter der zunächst recht offensichtlich wirkenden Figur ein lebender, atmender, denkender Mensch verbirgt.

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