Sawyer, der sympathische Unsympath

18.01.2012 - 08:50 Uhr
Sawyer, der verschmitzte Schurke
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Sawyer, der verschmitzte Schurke
10
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Das Ensemble von Lost ist nach sechs komplexen Staffeln auf eine riesige Anzahl angewachsen. Einer überschattet sie jedoch alle. Sawyer erwähle ich zu meinem Serienhelden, da einfach kein anderer so gut flucht und dabei trotzdem heldenhaft bleibt.

Lost ist eine über weite Strecken genial verwobene Mindfuck-Serie, die an Action, Spannung und Mystery im Fernsehen kaum zu übertreffen ist. Doch wie genügend weniger erfolgreiche Beispiele gezeigt haben, wäre das ganze Getöse und Rätselraten nichts ohne Charaktere, die einem die Möglichkeit bieten, sich mit ihnen zu identifizieren und um deren Schicksal wir besorgt sind. Sawyer ist für mich der Inbegriff einer solchen Figur. Neben so facettenreichen Persönlichkeiten wie Kate, Hugo, Sayid, oder Locke wirkt er auf den ersten Blick zwar vielleicht mit seiner emotionslosen Anti-Haltung eindimensional, doch der geneigte Lost-Fan wird mir beipflichten, dass Sawyer sich im Laufe der Serie als eine der vielschichtigsten Figuren beweist.

Wer ist Sawyer?
Zu Beginn von Lost lernen wir Sawyer als Außenseiter einer Gruppe von Überlebenden kennen, die sich nach dem Flugzeugabsturz der Oceanic 815 auf einer anscheinend einsamen Insel um Jack Shephard (Matthew Fox) bildet. Josh Holloway stellt Sawyer perfekt als einen rüpelhaften, selbstsüchtigen, zynischen Macho dar, der nicht mal daran denken würde, seine gehorteten Vorräte mit irgendjemandem zu teilen. Kurz gesagt, er wirkt auf die vom Schicksal gebeutelten Verschollenen wie ein Arschloch. Doch wie durch ein Wunder bleibt er wegen seiner unheimlich trocken-witzigen Sprüche und seiner beneidenswert coolen Art immer sympathisch.

Im Verlauf der Serie werden jedoch andere Seiten an ihm offensichtlich. So schwingt mit dem ein oder anderen teilweise verletzenden Spitznamen, mit denen er seine Mitüberlebenden überhäuft, ein Hauch von Wohlwollen mit. Außerdem nähert er sich an die Gruppe und besonders Kate (Evangeline Lilly) an. Dadurch entwickelt sich die interessante Konstellation, dass sowohl der Südstaatler als auch Jack, der makellose Anführer der Gruppe, um die Gunst von Kate buhlen. Und wer möchte da nicht gerne den unverschämten Anti-Helden gewinnen sehen, anstatt den geleckten Moralprediger?

Warum Sawyer mein Serienheld ist
Für mich ist Sawyer die Reinkarnation von Han Solo. Und was einmal funktioniert, funktioniert auch ein zweites Mal. Er ist der Schurke mit dem weichen Kern. Wenn wir ihn kennenlernen, ist er nur an seinem eigenen Wohl, an seinem eigenen Überleben interessiert. Er hat eine Nach-mir-die-Sinnflut-Attitüde. Was ihm anfänglich an Einfühlungsvermögen fehlt, macht er jedoch durch seine Loyalität wieder wett. Sobald er Hurley, Locke oder gar Jack wahrlich als Freunde akzeptiert, würde er alles für sie tun. So opfert er sich sogar in einer späteren Staffel für die Gruppe und bleibt willentlich auf der Insel zurück. Der Reiz an seiner Figur ist eben genau der Umstand, dass es ihm gelingt, durch seine sarkastische Haltung den Eindruck zu erwecken, er wolle von niemandem gemocht werden und würde an nichts glauben, obwohl er bereit ist, sich aufopferungsvoll für das Richtige einzusetzen.

Doch auch vor seinem Sinneswandel war Sawyer eine fantastische Figur. Allein wegen seiner Fähigkeit son of a bitch derart vielseitig zu betonen, muss ich Respekt zollen. Josh Holloway ist es gelungen, dass ich trotz des arroganten Egoismus (oder vielleicht gerade deswegen?) mich zu jeder Zeit mit seiner Rolle identifizieren kann. Er ist ein unverbesserlicher Macho, dem es in Frauengelegenheiten äußerst schwer fällt, über seinen eigenen Schatten zu springen. Mal davon abgesehen, dass das zu einem köstlichen Hin und Her zwischen ihm und Kate führt, fällt es denn den meisten Männern nicht genauso schwer, ihren Stolz hinten an zu stellen?

Mein Serienheld ist Sawyer definitiv. Was haltet ihr von ihm?

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