Community

Noah - Ein Bibelfilm?

14.10.2014 - 19:30 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Noah mit Frau, Sohn und Emma Watson
Paramount Pictures Germany
Noah mit Frau, Sohn und Emma Watson
4
3
Welch schlechte Kritiken Noah bekommen hat! Wieviel Hass dieser Streifen einstecken musste! Anti- bzw. Nichtchristliche Gruppierungen sahen darin christliche Propaganda, in einigen muslimischen Staaten wurde der Film sogar verboten. Doch auch von christlicher Seite sahen die Reaktionen nicht positiver aus. Der Film entferne sich zu sehr von der Bibel, ja er habe kaum noch etwas mit ihr zu tun, wurde ihm vorgeworfen. Woran liegt es, dass diese zwei Gruppierungen, sich ausnahmsweise einig waren?

Die einfache Antwort lautet: An einer kolossalen, aber dennoch weit verbreiteten Fehleinschätzung. Denn Noah ist, trotz des Titels, keine Bibelverfilmung geworden.

Überlegen wir zunächst, was die Verfilmung eines biblischen Stoffes konstituieren würde. Zunächst müsste naheliegenderweise die Handlung starke Parallelen zu der biblischen Geschichte aufweisen. Hier könnte man noch argumentieren, dass es Gemeinsamkeiten zwischen Film und Bibel gibt, die über die Benennung der Figuren und das Faktum der Sintflut hinausgehen. Die im Film stark ausgedehnt behandelten Engel und Riesen tauchen auch in der Bibel auf, wenn auch in anderem Kontext und deutlich anders, doch fehlen in der Bibel andere Überlebende der Sintflut außer Noahs Familie (ein Missstand, der zwangsläufig zu einem sehr unerfreulichen Gedanken bezüglich der Wiederbevölkerung der Welt führen muss), ein Antagonist, und eine irgendwie geartete Form von innerem Konflikt in dem Protagonisten Noah. Handlungsmäßig entfernt sich Noah also weiter von dem zugrunde liegenden Material, als alle anderen Bibelverfilmungen bislang, doch würde er noch als Solche gelten können.

Es scheint jedoch noch eine weitere Forderung für die Bezeichnung "Bibelverfilmung" zwingend, nämlich, dass der Film, was seine Aussage angeht, der Vorlage treu bleibt. Dies tut Noah keineswegs. Schon zu Beginn wird dem Zuschauer eine Vorgeschichte serviert, welche man nur mit sehr viel gutem Willen mit der Bibel auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen vermag. Ja, Kain sticht dem Abel in den Nabel. Aber dann bilden dessen Nachkommen mit Hilfe von gefallenen Engeln, die sie als Arbeitstiere einspannen, eine schmutzige, qualmende, industrialisierte Welt und verdrängen/zerstören so alles Natürliche. Das kennt man zwar nicht aus der Bibel, doch etwaige Parallelen zur heutigen Gesellschaft sind sicherlich nicht rein zufälliger Natur. So haben wir schon nach wenigen Minuten das moralische Motto des Filmes gesehen. Die Menschen sind böse (mit Ausnahme von Seths Nachfahren, einigen wenigen mit der Natur im Einklang Lebenden (Öko Fanatikern?)), die Tiere sind die Guten, da sie noch so natürlich leben wie im Paradies. Man mag von Aronofskys in diesem Film offensiv vertretener (Natur-) Philosophie halten, was man will. Mit der Wut Gottes über die Grausamkeit des Menschen und der nach der Flut eintretenden Versöhnung hat das wenig zu tun.

Wenn allerdings Noah keine Bibelverfilmung ist, was dann? Betrachten wir, auf das Grundgerüst zurückgeführt, was dieser Film tut. Seine Moral ist eine sehr aktuelle. Umweltverschmutzung ist gegenwärtig ein großes Problem. Es verwundert nicht, dass genau dieses Thema von Aronofsky aufgegriffen wird, zumal die Stimmen zuzunehmen scheinen, die dieselben Ansichten vertreten. Diese Moral wird in dem Film verpackt in eine Hochglanzaufmachung, der man das 125 Millionen schwere Budget ansieht. Plakative, durchaus ansprechende Bilder von Schlachten mit riesigen Steinwesen, von dem Chaos im Lager der Bösen, welche nicht umsonst an diverse Superheldenfilme der jüngsten Vergangenheit erinnern. Ist Noah also als biblischer Superheld zu verstehen? Nein. Denn Aronofsky bedient sich dieser Bildsprache nur. Er zitiert sie ohne sie sein Eigen nennen zu wollen. Er benutzt sie, weil der Zuschauer sie versteht/gewohnt ist. Diese Optik soll dem Zuschauer die Moral greifbarer werden lassen, sie ihm vermitteln. Aronofsky versucht ein breites Publikum anzusprechen, in einer Sprache, die es versteht.

Das ist etwas, das bekannt vorkommen dürfte. Denn an diesem Unterfangen versuchte sich bereits (offensichtlich mit weitaus größerem Erfolg) die zentrale Figur des Christentums: Jesus. Ich will nicht Darren Aronofsky mit Jesus gleichstellen, doch lässt sich nicht leugnen, dass ersterer wie letzterer versucht sich so auszudrücken, dass das Volk ihn versteht. Jesus benutzte Gleichnisse von Ackerbau und Viehzucht, welche zum heutigen Tag eher unverständlich wirken. Die Bauern vor zweitausend Jahren jedoch mussten wohl diese Sprache ungleich besser verstanden haben. Darren Aronofsky benutzt die Sprache des heutigen Volkes. Das macht Noah nicht zu einer Bibelverfilmung, aber zu einem Film, der (auf kleiner Ebene) sein will wie die Bibel. Ein Bibelfilm also.

Seht Ihr das genauso, oder denkt ihr, ich habe vollkommen Unrecht? Schreibt es in die Kommentare. Aber seid gnädig mit mir. Das hier ist schließlich mein erster Blogeintrag.

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News