Keine Zeit zu sterben: Wie es Daniel Craigs letzter Bond-Film gegen alle Widerstände ins Kino schaffte

02.10.2021 - 21:00 UhrVor 1 Jahr aktualisiert
James Bond 007 - Keine Zeit zu sterbenUniversal
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Daniel Craigs letzter James Bond-Film hätte ganz anders aussehen können. Im Interview spricht Regisseur Cary Fukunaga über die lange Produktionsgeschichte von Keine Zeit zu sterben.

Nach Spectre sah es für eine kurze Zeit so aus, als würde Daniel Craig gar nicht mehr als James Bond auf die große Leinwand zurückkehren. Seit 2006 verkörpert der Schauspieler den berühmtesten Geheimagenten der Kinogeschichte. Für seine Rückkehr in Keine Zeit zu sterben war jedoch viel Überzeugungskraft notwendig. Und dann entpuppte sich der letzte Bond mit Craig in der Hauptrolle auch noch als Sorgenkind.

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Angefangen bei der Suche nach einer richtigen Bond-Geschichte für die Post-MeToo-Ära bis hin zu Verletzungen bei den Dreharbeiten: Der markanteste Einschnitt in die Produktion ereignete sich im August 2018, als Regisseur Danny Boyle die Produktion verließ. Einen Monat später stand sein Ersatz fest. Der durch Sin Nombre und die 1. Staffel von True Detective bekannte Cary Joji Fukunaga übernahm den Posten.

Fukunaga, der erste US-amerikanischer Regisseur der Bond-Reihe, musste Craigs finale Mission in einem Wettlauf gegen die Zeit fertigstellen, damit der geplante Kinostart im April 2020 eingehalten werden konnte. Ausgerechnet dann wurde Keine Zeit zu sterben um ein ganzes Jahr verschoben. Es war der erste große Hollywood-Blockbuster, der die Auswirkungen der Corona-Pandemie für das Kino begreiflich machte.

Hier könnt ihr den Trailer zu Keine Zeit zu sterben schauen:

Keine Zeit zu sterben - Trailer (Deutsch) HD
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Eineinhalb Jahre und eine weitere Kinostartverschiebung später startet der Film endlich in den Kinos. Im Interview habe ich mit Cary Fukunaga über den langen Weg von Keine Zeit zu sterben gesprochen.

Moviepilot: Der Film sollte ursprünglich vor eineinhalb Jahren in die Kinos kommen. Wie war es für dich, so lange auf dem letzten Bond mit Daniel Craig zu sitzen?

Cary Fukunaga: Wenn ich ehrlich bin, hätte ich es lieber gehabt, wenn er vor eineinhalb Jahren in die Kinos gekommen wäre. Sobald die Entscheidung getroffen war, den Film zu verschieben, habe ich meine Gefühle zur Seite geschoben. Ich habe den Film sogar fast vergessen und in der Zwischenzeit an anderen Projekten gearbeitet, die nichts mit James Bond zu tun hatten. Der Film war natürlich immer da und hat geköchelt. Ich habe ihn frisch gehalten, aber nicht wirklich an ihn gedacht. Jetzt sind wir endlich hier und er kommt in die Kinos. Da bin ich wieder ganz aufgeregt.

Du hast die Regie von Danny Boyle übernommen, der zuerst als Regisseur engagiert wurde. Wie war dieser Prozess für dich?

Danny Boyle ist im Sommer 2018 ausgestiegen. Daraufhin habe ich mit [Produzentin] Barbara [Broccoli] Kontakt aufgenommen. Wir hatten damals nach dem Kinostart von Spectre miteinander gesprochen. Also habe ich sie dieses Mal gefragt, ob sie schon eine Idee hat, wer den nächsten Bond inszenieren soll. Daraus sind mehrere Gespräche entstanden, zuerst mit [Produzent] Michael Wilson und dann mit Daniel Craig. Nach ein paar Meetings stand die Sache fest und wir haben sofort mit der Arbeit am Drehbuch angefangen.

Wie hast du damals deinen Ansatz gepitcht?

Ich habe ihn tatsächlich gar nicht gepitcht. Ich wusste überhaupt nicht, was los war, also waren unsere Gespräche mehr eine Fragerunde. Ich wollte von [Barbara Broccoli und Michael Wilson] wissen, was sie mit dem Film vorhatten. Was hatte zuvor nicht funktioniert? Und welche Richtung wollt ihr jetzt einschlagen? Daraus ist ein großes Brainstorming entstanden, bei dem wir versucht haben, eine Geschichte zu finden, die alle Ansprüche erfüllt.

Keine Zeit zu sterben

Kannst du ein paar der Dinge nennen, die nicht funktioniert haben? Wie unterscheidet sich dein Film von Danny Boyles Version?

Ich kann dir gar nicht genau sagen, was nicht funktioniert hat. Aber ich kann dir sagen, dass der Film, der jetzt herausgekommen ist, auf emotionaler Ebene wunderbar funktioniert. Er ist mitreißend und ergreifend. Man bekommt wirklich ein Gefühl dafür, wie die Zeit seit Spectre vergangenen ist und wie sich Bond seit Casino Royale verändert hat. Dieser Film ist wirklich stark mit den vier vorherigen Filmen verbunden.

Später in der Produktion gab es eine weitere Veränderung hinter den Kulissen: Der Komponist Dan Romer, mit dem du schon mehrmals zusammengearbeitet hast, wurde gegen Hans Zimmer ausgetauscht. Was hat dazu geführt?

Am Ende war der straffe Zeitplan dafür verantwortlich. Wir hatten 16 Wochen Zeit für die Postproduktion. Dan [Romer] und ich arbeiten für gewöhnlich deutlich länger an unseren Sachen – die Zeit verfliegt dabei richtig. [Die Produzent:innen] wollten allerdings sichergehen, dass alles pünktlich fertig wird. Also haben sie sich für Hans [Zimmer] entschieden, mit dem sie bereits zuvor zusammengearbeitet haben. Es war eine professionelle Entscheidung, um den Film rechtzeitig fertigzustellen.

Du hast gemeinsam mit den Bond-Veteranen Neal Purvis und Robert Wade das Drehbuch geschrieben. Später ist Fleabag-Mastermind Phoebe Waller-Bridge zu eurem Team dazugestoßen. Wie hat sie die Produktion verändert?

Phoebe [Waller-Bridge] ist eine sehr intelligente Autorin und hatte unglaublich viele Ideen. Sie schaute sich die Figuren und die Themen des Films an und ist geradezu vor Ideen übergesprudelt. Es waren die gleichen Punkte, über die ich zuvor mit Barbara [Broccoli] und Michael [Wilson] gesprochen hatte. Im Fokus stand die Frage, wie wir etwas Frisches ins Drehbuch bringen können, nachdem wir schon mehrere Monate daran gearbeitet hatten. Das war sehr hilfreich, weil ich bereits tief in der Vorproduktion steckte und zum Start der Dreharbeiten nach Norwegen musste. Ich wurde in verschiedene Richtungen gezogen, während wir gleichzeitig versuchten, das Drehbuch in seine finale Form zu bringen.

Keine Zeit zu sterben

Als die Dreharbeiten dann liefen: Was war die größte Herausforderung?

Es gibt eine Sequenz in der Mitte des Films, die auch schon im Trailer auftaucht. Es ist die Verfolgungsjagd in Norwegen. Die war wirklich schwierig, zu drehen. Da kommen viele verschiedene Locations zusammen und das gesamte Stunt-Team war involviert. Wir reden hier von vielen Fahrzeugen und Helikoptern, die alle gleichzeitig in Bewegung waren. Logistisch gesehen war das wie eine riesige Choreographie.

Und gab es etwas, das du drehen wolltest, aber nicht möglich war?

Ja, wir haben sehr früh viele verschiedene Szenen geschrieben, die wir nie umgesetzt haben, vor allem Actionszenen und Eröffnungssequenzen. Manche wären fast in den Film gekommen. Sie waren wirklich sehr spannend und hätten jede Menge Spaß gemacht. Wir haben sie sogar previsualisiert. Schlussendlich ist es wie mit Figuren, die man schreibt, aber nicht im fertigen Film unterkriegt: Sie existieren irgendwo in deinem Kopf weiter.

Kannst du mir ein Beispiel geben?

Ich befürchte nicht. Die sind alle streng geheim.

Oh, okay.

Vielleicht verwenden [die Produzent:innen] sie irgendwann in der Zukunft. Es existieren viele Ideen von älteren Bond-Filmen, die nie verwirklicht wurden. Nun sitzen sie in einem Tresor, aus dem man sich bedienen kann. Es sind alles großartige Ideen. Vielleicht landen sie im nächsten Film.

Wenn wir von der Zukunft reden: Was würdest du im Franchise verändern, wenn du könntest?

Gute Frage, darüber habe ich noch nie nachgedacht. Ich bin sehr zufrieden damit, wie unser Film geworden ist. Ich konnte das meiste von dem machen, was ich wollte. Ich habe also ein sehr gutes Gefühl. Vermutlich würde ich gar nichts verändern.

Und wenn wir zurückschauen: Was ist das Vermächtnis von Craigs Bond?

Ich glaube, es ist seine Verletzlichkeit. Das ist etwas, das wir noch nie zuvor bei der Figur so erlebt haben. Als George Lazenbys Frau [in Im Geheimdienst Ihrer Majestät] getötet wurde, haben wir erstmals eine Andeutung in diese Richtung bekommen. Die Art und Weise, wie Daniel [Craig] die Figur gespielt hat ... die Kombination aus Brutalität und Verletzlichkeit – das hat mich wirklich fasziniert.

Keine Zeit zu sterben läuft seit dem 30. September 2021 in den Kinos.

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