Mach's gut Wetten, dass..?, es war ein zwiespältiger Abschied und
trotzdem werde ich dich in guter Erinnerung behalten. Doch in den
letzten Tagen wurde schon genug in Erinnerungen geschwelgt, darum möchte
ich hier kurz über etwas anderes schreiben: Die Kritik an Markus Lanz,
die meiner Meinung nach schon über die Stränge schlug.
Das ist das Ende
Das
war sie also, die letzte Ausgabe von "Wetten, dass..?" und wie zu
erwarten war, brachte sie sowohl in Deutschland als auch in Österreich
noch einmal ein Quotenhoch. Ein letztes Mal hatten Journalisten und die
"Internet-Gemeinde" die Chance so richtig über die Sendung und den
Moderator herzuziehen. Viele scheinen froh über das Ende und es würde
mich nicht wundern, wenn Markus Lanz einer von ihnen ist - tatsächlich
wirkte er auf mich am Samstag um einiges lockerer als sonst. Vielleicht
war ihm auch schon alles "scheißegal", wie er selbst sagte.
Wie
gewohnt fand man am Sonntag - dem Tag danach - die Kritiken zur letzten
Ausgabe von "Wetten, dass..?" in den großen Tageszeitungen. Und was
soll ich sagen, es wäre eigentlich gar nicht nötig gewesen, sie zu
lesen, so vorhersehbar sind sie. Kritik möchte ich viele der
Reaktionen in den Medien eigentlich gar nicht mehr
nennen, denn dieses Wort verbinde ich mit einer gewissen Seriosität
oder Expertise. Doch es war einfach zu deutlich, dass sich die Leute schon mit
fertiger Meinung vor den Fernseher gesetzt haben, bereit irgendetwas zu
"bashen". Da wurde jedes Wort, dass der
Moderator in den Mund nahm dreimal umgedreht, aus dem Zusammenhang
gerissen und Fehler gesucht, wo keine waren. Von Journalisten erwarte
ich mir ehrlich gesagt mehr, als jede Aussage solange zu verdrehen, bis
sie zum vorgefertigten Artikel passt.
Eine undankbare Aufgabe
Viel
musste sich Lanz anhören, seitdem
er als Nachfolger von Gottschalk
vorgestellt wurde und einige Kritikpunkte waren durchaus berechtigt. Das
ganze Sendungskonzept wirkte schon etwas angestaubt, Lanz war für den
ein oder anderen
Fremdschämmoment gut, er
hat nicht denselben bubenhaften Charme wie Gottschalk, er tut sich
schwerer beim Geplauder mit seinen Gästen, er wirkt weniger spontan.
Jeder schien etwas auszusetzen zu haben, mich persönlich störte die
immer wieder kommende Frage "sprechen sie auch Deutsch?". Lanz ist ein
trockener Moderator, aber eine Sendung wie "Wetten, dass..?"
hätte einen lockeren Entertainer benötigt - und
trotzdem finde ich das Ausmaß der negativen Reaktionen weder
verhältnismäßig, noch in dieser Art angebracht. Nach ein paar Sendungen
und einem
holprigen Start wurde es einfach schick, "Wetten, dass..?" zu zerreißen,
ohne weiter drüber nachzudenken. Markus Lanz wurde zum Sündenbock für
alles, er wurde zum Totengräber von "Wetten, dass..?" geschrieben.
Aber war die Sendung nicht schon vor dem Moderatorenwechsel am
absteigenden Ast? Die Quoten schwächelten schon unter Gottschalk und
wieso wurde ihm denn Michelle Hunziker an die Seite gestellt? Weil die
Verantwortlichen das Gefühl hatten, dass Erneuerungen nötig waren. Der
Staub hatte sich schon damals angelegt. Gottschalk hat schließlich den
passenden Moment gewählt, um die Sendung zu verlassen und vermutlich
wäre sein Abgang auch der passende Moment gewesen, sie würdevoll zu
verabschieden.
Leider hat man ihn verpasst und zwanghaft versucht, "Wetten, dass..?"
noch irgendwie
weiterzuführen. Dass ein neuer Moderator es unglaublich schwer haben
würde, war vorauszusehen. Markus Lanz hat einfach eine schwere und sehr
undankbare Aufgabe übernommen, nachdem viele andere vor ihm abgesagt
hatten. Ich frage mich, ob er heute noch glücklich mit seiner
damaligen Entscheidung ist.
Unmöglich, etwas richtig zu machen
In
der ersten Version dieses Textes habe ich nachfolgend noch mehrere
Beispiele unfairer Kritik gebracht. Aber eigentlich geht es mir ja gar
nicht um die Kritikpunkte an sich, sondern um den Grundton, der in den
Kritiken herrscht. Ich bekam dabei folgenden Eindruck: Vollkommen egal, was in der Show passiert wäre, welche Wetten angeboten worden wären und
was Lanz gesagt oder getan hätte, die Beurteilungen wären immer gleich
ausgefallen - eine Chance, etwas richtig zu machen, wollte man Lanz gar
nicht erst geben.
Die Bild trägt Gründe zusammen, wieso uns der Abschied von "Wetten, dass..?" nicht schwer fällt und beweist dabei Fantasie:
Lanz: „Das ist ein junger Mann der wirklich ganz, ganz blind ist.“ Und damit er „wirklich nichts mehr sieht“, so Lanz, zieht Dave die Brille auf. Autsch.
Tatsächlich erklärt zuvor der Kandidat
selbst, dass die Brille sein eigener Wunsch war, damit ihm niemand
vorwerfen kann, vielleicht doch noch etwas zu erkennen. Ähnlich verhält
es sich mit fast allen angesprochenen Punkten im Artikel und ich musste
mich wirklich zusammenreißen, hier nur einen herauszupicken. "Na gut, ist
eben die Bild", werden jetzt einige sagen, aber die gleiche gezwungen
spöttisch-herablassende Art zieht sich nicht nur hier und nicht erst
seit Samstag durch die TV-Kritiken und Kommentare zur Sendung. Die
Autoren selbst würden sich vermutlich als witzig und schlagfertig
bezeichnen.
"Wir schauen uns noch mal ein paar schöne Zeitlupen an", sagt Lanz. Die paar Perversen vor den Fernsehern wird es freuen.
Darf
ich als Frau sagen, dass mir der Gedanke gar nicht kam? Immerhin
haben die Mädchen ihren Wettvorschlag selbst eingereicht und ihre
üblichen Kostüme an. Ist eigentlich jede Cheerleader-Show sexistisch und
pervers, oder nur, wenn Lanz daneben steht? Auch hier wurde sich lang
und breit darüber ausgelassen, dass Lanz nicht mit anderen Menschen
umgehen kann, nur um dann Kommentare wie diesen rauszuhauen:
Männer reden mit Männern. In jeglichen Altersversionen. Dazwischen sitzt mal eine Wurst im Kleid, nicht Conchita, sondern Kati Witt.
Andere Gäste waren anscheinend nicht besser: Helene Fischer hat einen Pickel, die Männer sind nicht ordentlich rasiert. Witzig und schlagfertig. Eh schon wissen.