Ich, Wer die Nachtigall stört & ein verrückter Held

01.03.2013 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Wer die Nachtigall stört
Universal International Pictures
Wer die Nachtigall stört
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Eine idyllische Vorstadt, ein tragischer Zwischenfall und ein besorgter Vater. Viele Themen werden in Wer die Nachtigall stört verarbeitet und das Ergebnis ist ein spannendes, lehrreiches Drama, von dem wir bis heute lernen können.

Geschichtlich war das Jahr 1962 geprägt von großen Ereignissen. Charles de Gaulle hielt die “Rede an die deutsche Jugend” die als Grundlage der deutsch-französischen Freundschaft gilt, Trinidad und Tobago wurden unabhängig und John F. Kennedy machte die Kubakrise in einer Fernsehansprache öffentlich. Auch für uns Filmfans ist dieses Jahr nicht ganz uninteressant, so wurde die US-amerikanische Fernsehserie Bonanza erstmals von der ARD ausgestrahlt, der Film Lawrence von Arabien feierte Premiere in London und das Buch A Clockwork Orange von Anthony Burgess erschien, auf welchem der gleichnamige Kubrick-Film basiert. Und natürlich erschien der Film Wer die Nachtigall stört von Robert Mulligan. Er behandelt viele Themen, vorrangig jedoch das Erwachsenwerden in einer Welt, die von Rassismus und Hass durchsetzt ist. Es ist die Geschichte eines Vaters, der für Gerechtigkeit kämpft, um seinen Kindern eine gute Zukunft zu gewährleisten und ihnen Werte zu vermitteln, die für ihn Priorität haben. Weil der Hauptcharakter Atticus Finch seine Werte und Prinzipien über sein eigenes Wohl stellt und seinen Kindern zeigen möchte, dass für Gerechtigkeit manchmal gekämpft werden muss, schenke ich Wer die Nachtigall stört (OT: To Kill A Mockingbird) heute Mein Herz für Klassiker.

Maycomb County, Alabama in den Dreißigerjahren. Atticus Finch (Gregory Peck) führt mit seinen Kindern Jean Louise (Mary Badham) und Jem (Phillip Alford) ein bescheidenes, aber unbeschwertes Leben. Als der Schwarze Tom Robinson (Brock Peters) der Vergewaltigung der Weißen Mayella Ewell (Collin Wilcox Paxton) angeklagt wird, spaltet das Ereignis den Ort. Fast alle halten Tom sofort für schuldig und mit Atticus’ Loyalität zu dem Schwarzen, als er dessen Verteidigung übernimmt, macht der Anwalt sich viele Feinde. Auch seine Kinder bekommen die Ablehnung der Bewohnerinnen und Bewohner von Maycomb County deutlich zu spüren. Sowohl in der Schule als auch auf der Straße sind sie offenen Anfeindungen ausgesetzt und erleben zum ersten Mal im Leben, dass böse Dinge passieren, denen selbst ihr Vater hilflos gegenübersteht.

Warum ich Wer die Nachtigall stört mein Herz schenke
Zum ersten Mal sah ich einen Teil des Films im Schulunterricht. Das Thema und die Aussage des Films begeisterten mich und so sah ich ihn mir später noch einmal in voller Länge an. Wie viele von euch sicherlich nachvollziehen können, passiert so etwas normalerweise nicht, wenn ein Film im Schulunterricht gezeigt wird. Und doch wollte mir Wer die Nachtigall stört nicht mehr aus dem Kopf gehen. Die Vaterfigur, die Atticus Finch für seine Kinder sein möchte und auch ist, habe ich bewundert. Er weiß, was für ihn gerecht ist und bekämpft die Ungerechtigkeit, die er sieht, mit eisernem Durchhaltevermögen. Er ist ein Vorbild und eine Vaterfigur, wie sie im Buche steht.

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Viele Elemente dieses Films sind beeindruckend, wie die Figur des verrückten Nachbarn, Arthur “Boo” Radley – gespielt von einem recht jungen Robert Duvall. Auch die Art, wie der Film präsentiert wird, ist besonders. Aus der Sicht der Tochter von Atticus, Scout, wird uns über die Geschehnisse berichtet. Sie fasst zusammen und gibt Kommentare zu ihren Erlebnissen ab. Da früh etabliert wird, dass sie ein sehr außergewöhnliches Kind ist – sie konnte vor der ersten Klasse schon lesen und schreiben – wirkt dies auch nie unglaubwürdig. Dem Film allein dürfen hier aber nicht die einzigen Lorbeeren zugesprochen werden. Die Buchvorlage, geschrieben von Harper Lee, ermöglichte diesen Film erst. Sie wuchs als Kind eines Anwalts auf und beobachtete viele Fälle ihres Vaters im Gerichtssaal.

Warum auch andere Wer die Nachtigall stört lieben werden
Das aufgeweckte Mädchen Scout (eigentlich Jean Louise) und ihr Bruder Jeremy wurden nach dem Tod ihrer Mutter von Atticus und ihrer schwarzen Haushälterin großgezogen. Dieses Detail macht es noch nachvollziehbarer, wie wenig Verständnis die Kinder für diese Situation haben, war doch die Hautfarbe in ihrem Leben nie ein Kriterium für gut oder schlecht. Der Film ist zugänglich und bewegend und keine Figur ist überzeichnet. Der geistig zurückgebliebene Arthur “Boo” Radley wird schon anfangs durch die Beschreibungen und Geschichten, die über ihn erzählt werden, spannend und mystisch. Später spielt er eine wichtige Rolle im Leben von Atticus. Jede Figur hat ihren großen Moment und kann glänzen. Wer sich also für Filme wie Mississippi Burning – Die Wurzel des Hasses begeistern kann, wird auch an Wer die Nachtigall stört Gefallen finden, auch wenn er nicht ganz so hart mit dem Thema Rassismus umgeht.

Warum Wer die Nachtigall stört die Jahrzehnte überdauert
Der Film war für acht Oscars nominiert und erhielt drei Auszeichnungen. Er belehrt und unterhält, ohne uns die Moral ins Gesicht zu drücken. Dieser Film muss kommenden Generationen erhalten bleiben. So dachte auch das National Film Registry der USA und nahm ihn 1995 auf. Filme, die auf dieser Liste stehen, werden für ihren Inhalt in geschichtlicher, ästhetischer oder kultureller Hinsicht als besonders bedeutend eingestuft und für die Nachwelt aufbewahrt. Gleich viermal schaffte es Wer die Nachtigall stört auf die Top-Listen des American Film Institute. Unter anderem kam Atticus Finch auf Platz 1 der größten Helden des amerikanischen Films. Der Film vermittelt Werte, die auch heute noch jedes Kind auf den Weg ins Leben mitbekommen sollte.

Wie findet ihr Wer die Nachtigall stört?

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