Ich, der Sex und alles, was ich darüber wissen muss

04.08.2015 - 08:50 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Gene Wilder ist verliebt in ein SchafMGM Home Entertainment
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Dass Woody Allen ein großer Regisseur ist, steht außer Frage. Egal ob Komödie oder Drama, selten erleben wir einen Fehltritt von ihm. Mein Herz für Klassiker geht heute an das witzige Lehrstück Was Sie schon immer über Sex wissen wollten.

Wenn Woody Allen uns die großen Geheimnisse der Sexualität erklären möchte, können wir wohl davon ausgehen, dass er sich entweder in einem belehrenden Monolog verstrickt, aus dem er nicht so leicht wieder herauskommt, oder er erzählt uns eine Reihe alberner Witze. Im Falle von Was Sie schon immer über Sex wissen wollten trifft Letzteres zu. Anhand von sieben Kurzgeschichten soll uns erklärt werden, was Sodomie ist, und ob alle Transvestiten homosexuell sind. Die wirkliche Antwort bleibt dabei zum Glück aus. Stattdessen liefert Allen uns Comedy vom Feinsten.

Als Vorlage hat sich Woody Allen den vollkommen ernst gemeinten Ratgeber Everything You Always Wanted to Know About Sex * But Were Afraid to Ask von David Reuben vorgenommen. Darin wurde 1969 sieben damals heikle Themen angesprochen, die allen Menschen in den Köpfen herumschwirrten, aber nicht ausgesprochen wurden. Das Buch war in vielen Ländern ein riesiger Erfolg, für Woody Allen die Inspiration zu einer Parodie der einzelnen Kapitel. Während Reuben in dem Buch versucht, die Fragen adäquat (wenn auch stark konservativ) zu beantworten, erzählt Allen uns irrwitzige Geschichten. Am Ende jeder Episode müssen wir schon stark nachdenken, um uns wieder an die eigentlich behandelte Frage zu erinnern. Dabei schwankt er immer wieder zwischen großartigen Blödeleien, Wortwitzen und irren Bildern.

Warum ich Was Sie schon immer über Sex wissen wollten mein Herz schenke

Woody Allen gehört schon lange mein Herz. Dieser Film jedoch ist das Aushängeschild seines Humors. Was beispielsweise in Der Stadtneurotiker oder Scoop - Der Knüller in einzelne Dialoge eingebettet wird, ist in Was Sie schon immer über Sex wissen wollten die Grundlage. Allen denkt einfache Dinge gern weiter und das gefällt mir unheimlich gut. Sicherlich ist es einfach zu beschreiben, was Sodomie ist. Doch was passiert eigentlich in dem Kopf eines Sodomisten? Diese ganz einfache Frage bearbeitet der Oscarpreisträger und macht die Geschichte eines Schafes und dessen Geschlechtspartnern frei von jeder Wertung zu einem Beziehungsdrama, das sich so auch zwischen Menschen zutragen könnte. Und warum sollten Spermien beim Orgasmus stupide ihrer Arbeit nachgehen? Vielleicht sind vereinzelt auch ein paar Angsthasen unter den weißen Flitzern, die mit ihrer Aufgabe nicht vollends zufrieden sind. Wahnwitzige Herangehensweisen, die abstruser nicht sein könnten, bringen mich zum herzhaften Lachen. Wenn dann noch eine riesige weibliche Brust durch die Welt rollt, freut sich der kleine Junge in mir über schmutzige Gags, die gerade durch ihr Plattheit so unfassbar gut geraten sind.

Warum auch andere Was Sie schon immer über Sex wissen wollten lieben werden

Es gibt viele Menschen, die nichts mit Sexwitzen anfangen können, das kann ich auch nachvollziehen. Toll an Allens Komödie ist allerdings, dass er uns beweist, dass der Sex selbst schon der größte Witz ist. Da gibt es weder Wenn noch Aber. Beschäftigen wir uns dann näher und ernsthafter mit dem Thema, dann tut sich paradoxerweise ein Tor auf, das noch viel mehr Witz präsentiert. Sicherlich ist die Sexualkunde ein wichtiger Bestandteil unser aller Leben, aber unsere Erfahrungen haben uns bestimmt bewiesen, dass über den Geschlechtsakt auch einmal gelacht werden darf, wenn nicht sogar muss.

Zur fabelhaften Umsetzung kommt eine brillante Besetzung dazu. Die zauberhafte Lynn Redgrave (Gods and Monsters) als keuschheitsgürtelgeplagte Königin oder aber Burt Reynolds (Ein ausgekochtes Schlitzohr) als Sperma-Boss liefern hier humoristische Glanzleistungen ab. Woody Allen inszeniert sich oftmals selbst in gewohnter trotteliger, aber wortgewandter Rolle, was für diesen Film genau das Richtige ist. Das Highlight ist jedoch Gene Wilder (Frankenstein Junior) als Dr. Ross (nein, nicht DER  Dr. Ross). Mit seinen leuchtenden Augen signalisiert er uns in der Sodomie-Episode auf herzzerreißende Art, dass er unter seiner verbotenen Liebe leidet. Wir wissen nicht genau, ob wir lachen oder weinen sollen.

Warum Was Sie schon immer über Sex wissen wollten die Jahrzehnte überdauern wird

Fakt ist, dass Woody Allen immer noch voller Tatendrang seine Geschichten auf die große Leinwand bannt, sodass die Menschen sich wahrscheinlich noch lange mit seinem Werk auseinandersetzen werden. Dass dieser Film jedoch auch in fünfzig Jahren die Leute unterhalten wird, liegt an zwei Dingen. Einerseits stirbt Humor niemals aus. Wenn jemand hinfällt oder etwas übertrieben dargestellt wird, hat das Publikum seit Anbeginn des Kinos darüber gelacht. Also warum sollte sich dies irgendwann ändern? Andererseits reden wir hier über Sex. Kommt schon, Leute! Niemand von euch will mir weismachen, dass dieses Thema irgendwann an Aktualität verlieren wird.

Mein Tipp an euch: Seht euch den Film an! Bei jeder Zwischenüberschrift solltet ihr darüber nachdenken, was nun folgen könnte. Und dann schaut euch Woody Allens Ergebnis an. Ich wette, dass ihr selten auf dieselbe Idee gekommen wärt. Und genau so sollte eine Komödie doch immer funktionieren: durch Überraschungen.

Was haltet ihr von der Woody Allen-Komödie?

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