Henry Hübchen denkt mit 50 schon mal an den Tod

07.01.2009 - 11:45 Uhr
Alter und Schönheit
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NEWS» Schauspieler Henry Hübchen zu seinem neuen Film Alter und Schönheit von Michael Klier

Was für ein Mensch ist denn der Harry, den Sie im Film spielen?

Ist er schon 50 oder 60? Keine Ahnung. Also ich weiß nicht genau wie alt der ist. Auf jeden Fall ist er einer, der sich ungern entscheidet. Und wenn er sich entschieden hat, am liebsten alles wieder rückgängig machen möchte. Einer, der emotionale Veränderungen nicht liebt. Der hat so das übliche Problem, dass er das Gefühl hat, dass noch irgendwas anderes passieren müsste und der neben seiner Ehefrau noch ein langjähriges Verhältnis hat. Irgendwann will dieses Verhältnis doch eine klarere Entscheidung. Und der Harry entscheidet, wie gesagt, nie was. Also immer die anderen entscheiden, und wenn die dann entschieden haben, dann trottelt er in die Richtung.

Welche Geschichte wird in ALTER UND SCHÖNHEIT erzählt?

Auf jeden Fall ist es ein Film über Männer, die, alle über fünfzig, an einen Punkt gekommen sind, wo sie schon ihr Grab sehen. Mit 50 denkt man schon mal an den Tod, besonders in dieser Situation, wenn einer dieser Männerfreunde sterbenskrank im Bett liegt. Spätestens da fängt man an zu resümieren, was ist eigentlich so in meinem Leben passiert, was müsste noch passieren, was hab ich falsch gemacht und was richtig. So dezidiert wird darüber jetzt nicht reflektiert und auch nicht gesprochen, aber es findet in den Köpfen statt. Das wird sehr episch erzählt. Der Film hat so eine gewisse Ruhe, er ist ein Gemälde. Ich glaube, man wird in diesen Film und in die Welt dieser vier Männer hineingezogen.

Was hat für sie den Ausschlag gegeben diese Rolle anzunehmen?

Das Thema interessiert mich, und mir ist Michael Klier, der Regisseur, in seiner Ernsthaftigkeit angenehm. Er unterscheidet sich sehr von der allgemeinen Oberflächlichkeit vieler Fernsehproduktionen, an denen ich ja auch teilnehme. Dazu kam natürlich die Besetzung, die Partner. Das sind schon genug Gründe.

Es macht großen Spaß diesen vier Männern zu zuschauen, weil man ihnen diese Clique, diese Freundschaft abnimmt. Wie entsteht so was?

Keine Ahnung. Wir sind keine Clique, keine verschworene Männergemeinschaft, die sich von früher kennt. Wir sind zusammen organisierte Schauspieler, zusammen organisiert für diesen Film wie für jeden anderen Film. Es war ja nicht wie bei John Cassavetes, der zu zwei, drei Freunden sagt, lasst uns mal einen Film machen. Wir sind alle nicht befreundet, wir kannten uns nur vom Grüßen, jedenfalls ich kannte die Anderen nur so. Jetzt haben wir vielleicht ein wenig private Nähe gefunden. Wir sind aufeinander zugekommen. Durch die Arbeit, die auch nicht besonders lange währte – wir haben uns vielleicht 30 Tage gesehen und Peter Lohmeyer habe ich nur sechs Tage gesehen – entstehen natürlich nicht gleich Freundschaften und vor allem nicht das, was Sie da beschreiben, eine verbundene Männerclique, die ja in einer Jugend- oder Studentenzeit entstanden ist. Das ist dann eben Schauspielkunst, die da zu sehen ist. (lacht)

Da steckt doch auch ein bisschen eigene Erfahrung dahinter?

Darum geht es ja in dem Beruf: Eigene Erfahrung umzusetzen und sie anderen mitzuteilen. Man versucht aus dem eigenen Leben – auch wenn es relativ unspektakulär war – zu schöpfen. Auch im langweiligsten Leben kann man eine Menge entdecken.

Hatten sie auch so eine Freundes-Clique?
Meine Freundschaften bestanden oder bestehen komischerweise eher zu Frauen. Also platonische, ich habe mehr Frauen-Freunde – Freundinnen hört sich immer gleich so sexuell an – also mehr Nähe zu Frauen als Männerfreundschaften. Ich kann aber nicht erklären, warum das so ist. Bei mir gibt es keine Alt-Freundschaften, die über Jahrzehnte gelaufen sind. Es gibt ein paar gute, engere Bekannte oder vielleicht auch Freunde, aber die mussten ihre Freundschaft noch nicht wirklich beweisen, glaube ich. Und aus meiner Schulzeit, meiner Studentenzeit habe ich mit niemandem Kontakt.

Die Clique träumte früher von so einem Luxusobjekt wie dem Ferrari.

Das stimmt nicht, was Sie jetzt sagen. Also einer träumte davon, das war Manni.

Manni hat sich den Traum erfüllt. Hatten Sie auch so einen Traum?

Manni hat sich den Traum erfüllt und deshalb unterstellen Sie, dass die alle so scharf waren auf schnelle, tolle Autos. Ich will jetzt nicht in die Psyche der anderen Figuren dringen, aber Harry hat da nicht wirklich von geträumt. Er findet das o.k., hat auch mal Spaß mit so einem Auto zu fahren, aber er definiert sich nicht über so ein Auto. Der hat auch kein Problem mit seinem seltsamen, umgebauten Kleintransporter mit ausgebauten Sitzen durch die Gegend zu fahren. Der definiert sich eher über Frauen, wenn man schon über Statussymbole redet.

Ist eine Frau ein Statussymbol?

Für Harry schon.
Viele Menschen gibt es auf der Welt, die sich nicht so sehr über Statussymbole wie Ferrari oder Mercedes, Haus, Pferd, Yacht und großbusige Frauen definieren. In meinem Umkreis gibt es davon eine ganze Menge. Ein paar haben nicht mal einen Führerschein, die definieren sich eben über etwas anderes, nicht über Reichtum. Im Leben geht es nicht nur darum, was sich rechnet, sondern auch darum was zählt.

Das ist ja das, was Harry an Manni nicht in Ordnung findet, dieses Äußerliche, diese Beziehungsunfähigkeit, diese Angeberei. Also sich über solche Statussymbole zu definieren. Manni ist ein Seriendarsteller (lacht). Er macht Geld mit Endlos-Serien und irgendwann ist die Serie zu Ende und er liegt im Krankenhaus. Harry hat Abstand zu Manni. Die haben sich auseinander entwickelt, die haben sich ja Jahre nicht gesehen, und da ist man sich auch fremd geworden. Da war das gar nicht so schlecht, dass wir uns nicht kannten, wir als Schauspieler dieser angeblichen Clique.

Was zählt denn für Harry, hat der – falls man das überhaupt sagen kann – richtig gelebt?

Was richtig leben ist, ist für jeden anders und man ist für sich selber verantwortlich richtig zu leben. Das richtige Leben findet im Kopf statt. Also, was ist richtig? Auf jeden Fall, wenn das eine Richtige auchdas andere Richtige zulässt. In “Meister und Margherita” von Bulgakow sagt der Teufel irgendwann: Man soll sich mal nicht beunruhigen. Alles wird richtig; darauf beruht die Welt. Wenn wir die Erde hier runterwirtschaften, indem alles Wüste wird und die Polkappen abschmelzen, kein Problem. Es wird immer weiter gehen. Die Welt wird weiter gehen. Unsere fünf Minuten, die wir hier stattfinden in diesem Universum, wird die Welt nicht beunruhigen und den Teufel schon gar nicht.

Copyrigt: X Verleih AG

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