Gegen diese Netflix-Krankheit kommt selbst One Piece nicht an: Sie nervt seit Jahren und es wird einfach nicht besser

10.09.2023 - 12:00 Uhr
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Netflix' One Piece-Serie hat nur ein einziges großes Problem und es kommt in jeder einzelnen Folge vor. Selbst das Budget, das höher ist als bei Game of Thrones, hilft da nicht.
One Piece ist in jeder Hinsicht ein Hit. Als bisher beste Netflix-Serie 2023 begeistert sie Anime-Fans mit leidenschaftlichen Schauspieler:innen, detailverliebten Sets und großem Respekt vor der Vorlage. Ein einziges Problem aber nervt mich seit der ersten Sekunde, und ich kann es einfach nicht wegignorieren. Obwohl das Budget höher als bei Game of Thrones ist, leidet die Serie am unsäglichen Netflix-Look.

Das große One Piece-Problem: Was ist der Netflix-Look?

Netflix-Serien sehen alle gleich aus. Das ist zumindest die Meinung vieler Abonnent:innen. Und sie haben nicht Unrecht: In vielen Serien und Filmen des Streamers wirkt das Bild seltsam künstlich und leer, die Farben zu knallig und die Perspektive zu flach. Selbst tolle Veröffentlichungen scheinen wie Instagram-Parodien ihrer eigenen Story. Das ist bei One Piece leider nicht anders.

Das Piraten-Abenteuer um Ruffy (Iñaki Godoy) sieht zu sauber und ordentlich aus. Die Kostüme wirken wie frisch von der Stange, jedes Deck und jede Hütte ist blitzblank. Make-up erinnert mehr an Karneval als an das alltäglich gewählte Äußere einer Figur. Charaktere wie Morgan (Langley Kirkwood) und Beauregard (Alexander Maniatis) sehen aus wie eifrige Cosplayer, aber nicht wie echte Personen. Und das macht die Serie schlechter.

Beauregard (Alexander Maniatis) und Miss Kaya (Celeste Loots) in One Piece

Warum ist der Netflix-Look in One Piece ein Problem?

Wenn Schauplätze und Figuren auf mich künstlich wirken, entwickle ich eine Distanz zu ihnen. Ich bin mir ständig bewusst, dass ich gerade eine Serie schaue und kann nur bis zu einer gewissen Grenze mitfiebern. Um dieses Phänomen zu vermeiden, gibt es in der Filmproduktion Techniken wie den unsichtbaren Schnitt: Möglichst unauffällige Bildwechsel, die Zuschauer:innen nicht aus der Geschichte zurück in den Kinosaal reißen sollen.

Aber wenn ich Morgans Signalfarben-Outfit und Beauregards steril faltenlosen Anzug sehe, erinnert mit Netflix daran, dass ich gerade eine Serie schaue. Statt Immersion herrscht Abstraktion. Das ist auch problematisch, weil es der Erfahrung der Anime-Vorlage zuwiderläuft. Zwar ist auch dort die Optik überzogen, aber nicht abstrahiert. Ich denke nicht: "Gerade schaue ich ein Kulturprodukt aus Japan." Nein. Ich erlebe ein Abenteuer mit Ruffy und den Strohhüten.

Morgan (Langley Kirkwood) in One Piece

Bei der Netflix-Adaption überlege ich mir aber ständig: "Aha, hier haben sie Deko-Geschirr an die Wand geklebt. Das ist ein Set-Schiff in Südafrika. Für diese Szene wurden sicherlich Seile verwendet. Ob die Stars dabei Spaß hatten?" Und je mehr ich das denke, desto belangloser wird für mich die eigentliche Story.

Sicher haben auch Corona-Maßnahmen die One Piece-Sets noch leerer wirken lassen und die Kamera per Fischaugen-Objektiv gezwungen, den Raum zu stauchen. Aber der Netflix-Look ist ein viel größeres Problem und geht sowohl über die Pandemie-Einschränkungen wie über die Anime-Adaption hinaus.

So kommt der Netflix-Look zustande

Der Netflix-Look ist selbst in Flaggschiff-Serien wie The Witcher oder Wednesday zu sehen. In Red Notice oder The Gray Man sprang er Zuschauer:innen förmlich entgegen. Auch die Superhelden-Serie Jupiter's Legacy hat dasselbe Problem wie One Piece: leere Schauplätze und Kostüme, die die Filmwelt wie eine Karikatur wirken lassen, ganz zu schweigen von der drögen Farbkorrektur, die alles gleich aussehen lässt.

Jupiter's Legacy

Aber woran liegt diese Ästhetik überhaupt? Wie ein VICE -Artikel analysiert, ist es wohl eine Mischung aus fehlendem Budget und Netflix' Produktionspolitik. Viel Geld geht bei großen Projekten für die Gage der Stars drauf, Kostüm und Make-up ziehen den Kürzeren. Da hilft auch ein Geldhaufen wie bei One Piece nichts, der selbst die Kosten von Game of Thrones übersteigt.

Im Übrigen verlangt der Streamer von Produzenten die Verwendung bestimmter Kameras, die alle mindestens 4K-tauglich sind. Deren Bilder wirken gerade an Handy oder Laptop flach und an den Rändern geradezu lächerlich scharf. Müssen Fans den Netflix-Look von One Piece also in Zukunft einfach akzeptieren?

Wird One Piece in Staffel 2 anders aussehen?

Es steht nicht zu erwarten, dass der Streamer seine Produktionsstandards in nächster Zeit verändert. Aber Hoffnung gibt es immer. Für die 2. Staffel von One Piece wünsche ich mir eine Ästhetik, die Fluch der Karibik ähnlicher ist als den Teletubbies. Die nicht jedes Bild meiner Held:innen zu einer Karikatur verzerrt. Dank der Leidenschaft von Produzenten und Cast der Serie lässt sich der Netflix-Look verschmerzen. Aber ohne ihn ist sie nahezu perfekt.

Podcast für One Piece-Fans: Die deutsche Ruffy-Stimme im Interview zur Netflix-Serie

Die One Piece-Serie von Netflix bricht den Fluch der schlechten Anime-Verfilmungen. Ein Highlight des schrillen Piraten-Abenteuers ist die Rückkehr der bekannten deutschen Anime-Stimmen. Warum das die einzig richtige Entscheidung war, erklärt uns Monkey D. Ruffy im Podcast-Gespräch persönlich.

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Seit über 20 Jahren leiht Sychronsprecher Daniel Schlauch dem Strohhut-Piraten Ruffy seine Stimme. Im Podcast spricht er mit uns über seine Arbeit an der Netflix-Adaption und verrät, warum er den Job beinahe abgesagt hätte. Zudem diskutieren wir über unsere Highlights aus Netflix’ One Piece.

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