F.W. Murnau gilt vielen als der beste Regisseur der Weimarer Republik. In seinen Filmen schafft er atmosphärische Dichte. Mit verlockenden Lichtreflexen oder raumgreifenden Kameraführungen kommt er als einer der ersten fast ohne Zwischentitel aus, setzt ganz auf die Wirkung der Bilder. In seinen Filmen erreicht er durch spektakuläre und umwälzende Kamera- und Montagearbeiten neue Konstellationen von Raum, Zeit, Schauspielern, Landschaft und Dingen. 12 seiner insgesamt 21 Filme sind heute noch erhalten und damit diese Filme nicht in Vergessenheit geraten, hat die Murnau-Stiftung vor kurzem eine Friedrich Wilhelm Murnau-Box (DVD und Blu-ray) veröffentlicht. Enthalten sind drei Filme: Nosferatu, eine Symphonie des Grauens, Faust und Schloß Vogelöd.
Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens (1922) gilt als Urvater aller Vampirfilme und ist die erste Adaption von Bram Stokers “Dracula”. Max Schreck macht seinem Namen in dem Stummfilm große Ehre und spielt den angsteinflößenden Vampir-Grafen Orlok. Der Film lebt von seiner Bildgewalt: Ein geschicktes Spiel mit Licht und Schatten verwandelt den Grafen in eine entkörperlichte Schattengestalt. Nicht nur die bloße Gestalt des blutsaugenden Grafen sorgt für Unbehagen beim Zuschauer, alleine sein verzerrter Schatten genügt, um beim Rezipienten Angst zu verbreiten, damals wie heute. Der Vampirfilm feiert mit der Box seine Blu-ray-Premiere. Als Bonus gibt es ein 20-seitiges Booklet mit Hintergrundinformationen, eine 8mm-Fassung von Nosferatu und die Dokumentation “Die Sprache der Schatten – Die frühen Jahre und Nosferatu”.
Mit Faust – Eine deutsche Volkssage (1926) hat F.W. Murnau ebenfalls einen Klassiker geschaffen. Der Film basiert auf Motiven der Marlowe-Dramatisierung, dem Goethe-Klassiker sowie der Volkslegende. Darin lässt sich ein tugendhafter Gelehrter von Mephisto in Versuchung führen. Dieser hatte im Streit mit dem Erzengel Gabriel behauptet, er könne jeden Menschen vom Weg Gottes abbringen. Licht und Dunkel, Gut und Böse werden hier zu einem Bildersturm vereinigt, der die literarischen Vorlagen adelt. Das Bonusmaterial ist auch hier sehenswert. Neben dem umfangreichen Booklet gibt es die Dokumentationen “Camilla Horn sieht sich als Gretchen in Murnaus Stummfilm Faust” und “Die Sprache der Schatten – Das Meisterwerk Faust” zu sehen.
Schloß Vogelöd (1921) ist der wohl unbekanntere Film der drei Murnau-Filme und steht – Kritiker behaupten zu Unrecht – im Schatten seiner großen Werke, die er in Deutschland dreht, zu denen neben Nosferatu und Faust noch Der letzte Mann zählt. Erstmals erscheint Schloß Vogelöd auf DVD/Blu-ray. Das Drama spielt in einem einsamen Schloss. Herbstlicher Dauerregen hält die Gäste des Hauses von der Jagd ab. Als plötzlich ein ungeladener Gast erscheint, der vor Jahren angeblich seinen Bruder umgebracht haben soll und zugleich die Ehefrau des Ermordeten mit ihrem zweiten Mann erwartet wird, beginnen sich die Ereignisse zu überschlagen. Mit Spannung werden Geheimnisse gelüftet, es beginnt ein mysteriöses Spiel um Schein und Sein, Wahrheit und Lüge. Zu sehen gibt es ein mit Krimi-Elementen durchsetztes Drama, welches sich gängigen Schubladen entzieht und schon viele Murnau-Stilelemente enthält. Wieder sind im Bonusmaterial zwei Dokumentationen enthalten, unter anderem eine DDR-Fernsehproduktion aus dem Jahre 1982 über F.W. Murnau.
Die Murnau-Stiftung hat mit der Box eine sehenswerte Edition herausgegeben. Liebhaber des Stummfilms dürften sich freuen und wer sich endlich mal mit deutscher Filmgeschichte beschäftigen möchte, sollte sich die Box kaufen oder bereits zu Weihnachten wünschen.
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