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Charles & Erik - Die Achterbahn einer Freundschaft Teil 5

21.04.2020 - 16:04 UhrVor 4 Jahren aktualisiert
Du musst wieder lernen, Hoffnung zu schöpfen... für uns alle.
Twentieth Century Fox
Du musst wieder lernen, Hoffnung zu schöpfen... für uns alle.
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X-Men Days of Future Past

Beim letzten Mal haben wir Charles und Erik kennen gelernt, wurden Zeuge, wie sie sich das erste Mal trafen, wie ihre Freundschaft Wurzeln schlug und wie ihre unterschiedlichen Ansichten und ihre emotionale Unfähigkeit zur Empathie diese Freundschaft zerbrechen ließ. Was ist seitdem passiert?

Wir machen einen Sprung von zehn Jahren in die Siebziger. Die USA und die Sowjetunion befinden sich nach wie vor im Kalten Krieg, in Vietnam tobt der Stellvertreterkrieg zwischen den beiden Großmächten. Charles hat einen Hang zum Alkoholismus entwickelt und sich in seine Schule, respektive sein Elternhaus, verkrochen, wo er vor sich hin vegetiert. Einzig Hank ist noch treu an seiner Seite. Raven versucht derweil ihre Mutantenbrüder aus den Klauen von William Stryker zu befreien und vor dem Einfluss von Bolivar Trask zu retten, der bereits einige Mutanten zum Zwecke der Forschung auf dem Gewissen hat, inklusive fast aller Mutanten aus dem ersten Teil X-Men: Erste Entscheidung. Wo Erik abgeblieben ist erfahren wir erstmal nicht... bis unser zeitreisender Logan bei Charles und Hank aufschlägt, da er sowohl sie beide als auch Erik braucht, um Raven auf ihrer Mission aufzuhalten, denn wenn sie Erfolg hat, dann bedeutet das das Ende aller Mutanten. Und wie sehr hat Charles sich verändert...

William Stryker und Bolivar Trask

Nicht nur, dass er inzwischen säuft wie ein Loch, er pumpt sich auch noch mit einem Serum von Hank zu, dass seine Schmerzen unterdrückt, inklusive seiner Mutation. Also quasi nicht nur Alkoholiker, sondern auch noch eine Art Morphiumsüchtiger. Laut Hank waren es noch nicht einmal die Ereignisse damals am Strand, die ihn in dieses Loch gestoßen haben, sondern der Umstand, dass er durch den Vietnamkrieg viele Schüler und Lehrer verloren hat und seine Schule, seinen letzten und einzigen Lebensinhalt, dicht machen musste... one way in die Depression. Und Hank hat es inzwischen aufgegeben, ihn da rausholen zu wollen. Logan kann argumentieren, wie er will, er kann erst zu Charles vordringen als er Eriks Namen in den Ring wirft und Charles daran erinnert, dass der Professor, den er kennt, niemals jemanden im Stich gelassen hätte, den er einmal geliebt hat. Und Charles reagiert voller Hass gegen Erik, den Mörder, das Monster. Wie innig und tief müssen die Gefühle auf Charles' Seite der Freundschaft gewesen sein, dass er jetzt imstande ist, Erik so maßlos zu hassen? Dass er Erik ein Monster nennt? Und würde Logan ihm nicht sagen, dass er und Erik in Logans Zukunft wieder in Freundschaft vereint sein werden, vielleicht würde er sich nie dazu bereit erklärt haben Erik aus dem Knast zu holen...

Denn genau da sitzt Erik, in Einzelhaft in einem metallfreien Hochsicherheitsknast unter dem Pentagon, seit er Kennedy vor knapp zehn Jahren umgebracht hat. Ihr wisst, die Kugel hat ne Kurve geflogen, wer soll es sonst gewesen sein? Und nein, Wesley Gibson (Wanted) lebte damals noch nicht. Eine lange Zeit, um über vieles nachzudenken... was wird ihm wohl in dieser Zeit alles durch den Kopf gegangen sein? Hat er seinen eigenen Standpunkt vielleicht einmal überdacht? Oder vielleicht sogar Charles' Standpunkt? Und wie wird das Wiedersehen sein, wenn die geplante Befreiung gelingt? Auf diese Antwort brauchen wir nicht lange warten... So sehr Charles gerade noch in sich geruht hat und Logan erklärt, dass er nicht der Typ für Gewalt ist (wir erinnern uns, bei der letzten körperlichen Auseinandersetzung hat Charles ordentlich einstecken müssen), er braucht keine fünf Sekunden um seinem ehemals besten Freund mit vollem Körpereinsatz alle Wut und allen Hass, die sich in ihm angestaut haben, mitten ins Gesicht zu schlagen...

Ich freu mich auch, dich wiederzudsehen, alter Freund.

Und Erik nimmt es hin, gelassen, sogar milde lächelnd... "Ich freue mich auch, dich wiederzusehen, alter Freund." Warum sollte Erik auch negativ auf diese Begrüßung reagieren? Er wird wissen, wofür der Punch war, und vermutlich auch, dass er nicht ganz unverdient war. Und selbst wenn das nicht der Grund ist, er weiß ganz genau, dass Charles am, vermeintlich, längeren Hebel sitzt. Erik weiß um Charles' telepathische Fähigkeiten, weiß, wie mächtig dieser bei ihrem letzten Treffen schon gewesen ist und dass er Charles ohne seinen Helm gerade auf Gedeih und Verderb ausgeliefert ist. Warum soll er den alten Streit wieder anfachen? Erst Charles' Geständnis, dass er diese Kräfte eben nicht mehr hat, bringen bei Erik das Räderwerk in Gang. Was ist nur mit seinem Freund passiert? Was ist in ihn gefahren?

"Du hast deine Kräfte aufgegeben, um laufen zu können?" - "Ich habe meine Kräfte aufgegeben, um nachts schlafen zu können..."

Dieses Eingeständnis von Schwäche bringt ihn zunächst erst einmal gehörig auf die Palme, denn auch er hatte Verluste zu beklagen, die schwer wiegen... unzählige Mutanten, die zum Zwecke der Forschung gequält und abgeschlachtet wurden... Mutanten, die Charles teilweise kannte, die er versprochen hatte, zu beschützen und es nicht getan hat, weil er sich mit Hank verkriechen musste, eingeigelt in seinem egoistischen Selbstmitleid weil Erik ihn verlassen hat, nachdem er ihm Raven weggenommen hatte. Charles hat sie alle im Stich gelassen und das kotzt ihn zutiefst an... und Charles tut, was er am besten kann, er verkrümelt sich und geht der Konfrontation aus dem Weg. Zeit für beide, mal ein wenig in sich zu gehen und nachzudenken. Charles hat diese Vorwürfe nicht zum ersten Mal gehört, Logan war auch schon nicht zimperlich. Er weiß, worüber er nachzudenken hat. Aber Erik hat mit Charles' Eingeständnis seiner Schwäche einen harten Brocken vor die Brust geknallt bekommen.

Wie wir etwas eher bereits durch Logan erfahren haben hat Charles seine Kräfte seit dem zarten Alter von 9 Jahren. Und es hat ihn nochmal gut drei Jahre gekostet, um endlich zu wissen, dass er andere Menschen hört und nicht verrückt ist... andere Menschen, die beständig sein Bewußtsein fluten, die er beständig aussperren muss... Tag und Nacht, jeden einzelnen gottverdammten Tag in seinem Leben. Wie schon Raven im ersten Teil ("Du hast ja auch eine Mutation, die man nicht sieht!") scheint sich auch Erik darüber nie Gedanken gemacht zu haben. Warum sollte er auch? Als Mutant glaubte er eine Vorstellung davon zu haben wie es ist, über eine spezielle Macht zu verfügen. Dass sie aber auch beidseitigen Einfluss haben kann wie in Charles' Fall, einen Einfluss, den man vielleicht irgendwann einfach nicht mehr ertragen kann... wie konnte er auch nur den Hauch einer Vorstellung davon haben, wie es in seinem Freund aussehen könnte? Welchen Kampf er beständig jeden Tag zu kämpfen hat? Und das dann auch noch ohne die zwei Menschen an seiner Seite, die ihm täglich Kraft und Rückhalt gaben, die ihm mehr als alles andere bedeutet haben...

Ich habe meine Kräfte aufgegeben, um nachts schlafen zu können...

Entsprechend milde ist er dann auch als Charles endlich wieder aus seinem Schneckenhaus kommt. Er ist es, der das Gespräch sucht indem er Charles sagt, er sei nicht Kennedys Mörder, im Gegenteil, er hatte versucht, ihn zu retten... weil Kennedy ebenfalls ein Mutant war. Und endlich bricht Charles' Panzer aus Hass und Verachtung auf und er erkennt den Erik wieder, den er einmal gekannt hat... den Erik mit dem guten Kern, vor dem Charles sich nicht schämt zu gestehen, dass er all die Jahre Recht gehabt hat mit seiner schlechten Meinung über die Menschen. Auch Erik schluckt seinen Stolz und bittet Charles um Verzeihung für alles, was passiert ist. Charles sagt dazu nichts, er wehrt sogar ab, bevor sich seine Gefühle Bahn brechen können und will sich mit Erik lieber einem Schachspiel widmen. Versöhnung, wieder beste Freunde... möchte man glauben.

Doch leider zeigt sich wieder, wie unterschiedlich die beiden Freunde sind, da Erik es einfach nicht schafft, ein einziges Mal über seinen Schatten zu springen und nicht in Extremen zu denken, denn sein einziger Ausweg aus der anstehenden Gefahr besteht darin, Raven umzubringen, bevor sie zur Mörderin und ihre DNA zu einer Waffe werden kann. In Charles' Plan des Mittelweges sieht er wieder keine Option und so trennen sich ihre Wege wieder einmal im Streit. Erik ist komplett lernresistent... und Charles endgültig bereit, das Handtuch zu werfen, nachdem er sich ein weiteres Mal so in Erik und auch Raven getäuscht hat. Nur gut, dass er Logan an seiner Seite hat, um ihn gehörig in den Arsch zu treten.

Doch es braucht mehr, um Charles endlich erkennen zu lassen, dass es einen Ausweg gibt, nämlich die Erfahrung seines älteren Selbst, der das alles schon einmal durch hat und der darum auch der Einzige ist, der wirklich versteht wie sein jüngeres Ich sich fühlt. Er weiß, dass es Charles nicht an Kraft fehlt, sondern an Mut und Hoffnung und er gibt ihm beides, indem er ihm den Mut gibt, seinen eigenen Schmerz anzunehmen, den körperlichen wie den seelischen, sowie auch die Grundlage seiner Hoffnung wieder aufbaut... nur weil man einmal vom Weg abkommt muss das nicht bedeuten, dass man für immer verloren ist. Ein Rat, der nicht nur für die Menschheit gilt, sondern auch und besonders für Raven, Erik und ihn selbst. Er war vom Weg abgekommen und hat ihn wiedergefunden, jetzt muss er Raven und Erik helfen, ihn wiederzufinden.

Und beide sind so verfahren in ihrem Versuch, die Welt kurzfristig zu verbessern, Raven indem sie weiter versucht, Trask umzubringen, obwohl Erik ihr gesagt hat, was das für Konsequenzen nach sich ziehen wird, und Erik indem er versucht, ein Exempel an der Regierung zu statuieren (nachdem er die Sentinel-Prototypen ein wenig mit Metall angepasst hat). Und Charles kann zumindest Raven davon überzeugen, von ihrem Vorhaben abzulassen, nachdem sie Erik kampfunfähig gemacht und damit den Präsidenten gerettet hat. Er lässt ihr die Wahl, die er ihr vorher nie zugebilligt hat. Sie wählt Charles' Weg und überlässt ihm den bewusstlosen Erik... den Charles sich nun unterwerfen muss, wenn er nicht unter den Trümmern des Baseballstadions begraben bleiben will.

Und zum ersten Mal dürfte Erik wohl nun die ganze Macht von Charles' Fähigkeiten spüren, jetzt, da sein gesamtes Ich von Charles geflutet wird, seine Macht von Charles gesteuert wird. Hatte er bislang immer schelmisch gewitztelt, dass er Charles gehorchen müsste, wenn dieser das wollte, so hat er nun einen kurzen Eindruck davon, was das bedeutet. Seine eigenen Worte fallen auf ihn zurück: "Ihr habt Angst vor unseren Kräften. Ich zeige euch heute einen Bruchteil dessen, wozu wir fähig sind." Er hatte wohl immer einen gewissen Respekt vor Charles' Kräften, vor dem Bruchteil, den er kannte, doch nun hat er sie am eigenen Leib, im tiefsten Innern gespürt... und zum ersten Mal weiß Erik, dass er nun nicht mehr der Gnade von Männern ausgeliefert ist, die Befehle befolgen, so wie vor zehn Jahren am Strand auf Kuba, wo es Charles war, der um sein Mitgefühl flehte.

Du weißt, was sie mir antun werden, wenn du mich ihnen überlässt!

Jetzt ist es Charles, dem Erik auf Gnade oder Ungnade ausgeliefert ist. Ausgerechnet Charles, dem Mann, der ihm einmal mehr als alles andere vertraut hat, der sein einziger und bester Freund war, dessen Bitten er damals nicht nachkommen wollte und dessen Vertrauen er wieder und wieder enttäuscht hat. Nun ist es an Erik noch einmal seinen Stolz zu schlucken und um Charles' Mitgefühl zu bitten, Charles zu bitten, ihn zu beschützen. "Du weißt, was sie mir antun werden, wenn du mich ihnen überlässt!" Und Charles will sein Beschützer sein nachdem er so viele nicht beschützen wollte. Ohne weitere Worte, ohne Einschränkungen und ohne Bedingungen lässt er Erik ziehen. Diesmal wird er nicht verletzt und gebrochen als der Schwächere zurück gelassen wie auf Kuba. Er ist der Stärkere, der Erik voller Vertrauen gehen lässt... und Erik dankt es ihm, indem er seinen Helm, den einzigen Schutz gegen Charles, zurücklässt, darauf vertrauend, dass Charles seine Macht nicht gegen ihn einsetzen wird, obwohl er es könnte. Angedroht hat er es ihm schon einmal. Erfahren tun wir jedoch nichts.

Und ganz der liebe Junge scheint er wohl nicht geblieben zu sein, denn nachdem Logan aus seiner Zeitreise erwacht und durch die Schule streift ist fast alles wieder beim Alten wie vor X-Men 2, obwohl wir jetzt sehr viel später sein sollten... also ist quasi alles nach X-Men - Der Film nie passiert (warum auch immer). Dennoch hat Rogue noch immer ihre graue Strähne, die sie den Ereignissen aus dem ersten Film verdankt... ist unser lieber Erik also doch nochmal Amok gelaufen? Sitzt er doch schon wieder im Knast? Das sind Fragen, die uns wohl nie beantwortet werden.

Was glaubt Ihr? Bleiben die Ereignisse von X-Men - Der Film so, wie sie waren, trotz unseres Soft Reboots hier? Und wieder frage ich nach Eurer Teamzugehörigkeit.

So sehr Erik meine Sympathien in X-Men: Erste Entscheidung errungen hat, bei dieser unnachgiebigen Sturheit bleibe ich nach wie vor Team Charles.

Nächstes Mal geht es dann weiter mit Teil 6 der Freundschaftsachterbahn in X-Men: Apocalypse.

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