Dieser Artikel entstand im Rahmen der Aktion Lieblingsmonster.
Ich öffne meine Augen in einem Raum,
der beinahe dunkel ist. Ein wenig Dämmerlicht schafft es durch die
Bretterverschläge an den Fenstern. Ich liege auf dem Boden mit einem
kleinen Rucksack als Kopfkissen. Man, waren das Zeiten, wo ich bequem
in meinem Bett lag und The Walking Dead sah. Nun bin ich hier und
kann es auch jede Sekunde des Tages hören und riechen. Den Gestank
hatte damals niemand erwähnt... Manchmal träume ich sogar von
diesem Gestank, oder glaube es zumindest. Vermutlich habe ich seit
einer halben Ewigkeit nicht mehr richtig geschlafen. Wie soll man
auch, wenn man ständig und überall das Stöhnen und Keifen und
Schlurfen dieser untoten Fressmaschinen hört?
Ich habe Hunger.
Tobi war noch nicht zurück. Hoffentlich haben sie ihn nicht
erwischt. Ich will nicht schon wieder jemanden verlieren und ich will
auch nicht alleine weiterziehen müssen. Damals hatten wir uns
wirklich einen Plan zurechtgelegt, was wir tun würden im Falle einer
Zombieapokalypse. Wie naiv wir doch waren. Wir mussten ja
großschnäuzig die Zombies herbeisehnen und uns aufspielen, wenn wir
sagten wir würden überleben, weil wir nicht die Fehler der Trottel aus den Filmen machen würden. Wie mir Filme fehlen... Aber vielleicht
leben wir ja wirklich genau deswegen noch. Nicht wegen der Filme und
Serien an sich, sondern weil sie uns den Drang gaben
Überlebensstrategien auszutüfteln, den Willen Dinge zu lernen, die
man damals einfach nicht brauchte, da alles bequem und technisch war.
Ich höre etwas und mache mich sofort bereit zuzuschlagen, falls es
einer dieser untoten Stinker ist, oder Tobi... der vielleicht
gebissen wurde. Ich schnappe mir meinen Rucksack und stelle mich in
die dunkle Ecke neben der Tür. Leise quitschend wird sie geöffnet.
Ein Untoter scheint es schon mal nicht zu sein und erleichtert senke
ich mein Messer als ich Tobis Stimme höre, der mich flüsternd ruft.
„Ich bin hier.“, sage ich leise und komme aus der Dunkelheit. Aus
meinem Rucksack hole ich ein Feuerzeug und eine Kerze und zünde sie
an. Ohne viele Worte setzen wir uns an den Tisch und begutachten
seine Beute. 3 Äpfel und ein Schokoriegel. „Früher hätten wir
das fotografiert und ins Internet gestellt.“, versuche ich die
Stimmung aufzuheitern. „Ja, früher waren wir die Zombies.“,
antwortet er leise lachend. Das stimmt, denke ich. Mag also sein,
dass sogar etwas Gutes in dieser ganzen Scheiße zu finden ist. Ich
beiße in meinen Apfel und kaue langsam vor mich hin, da ich den Saft
genießen möchte. Man schätzt wieder, was man hat. Sei es dieser
Apfel, ein Ziel vor Augen oder das Leben selbst. Tobi zieht die Karte
aus seiner Tasche und breitet sie auf dem Tisch aus. „Es sind zwar
noch eine Menge von diesen Idioten dort draußen unterwegs, aber wir
müssen langsam mal weiter.“, brabbelt er, während er die Karte
studiert. „Ich habe am Ende der Straße ein Auto gesehen, dass
vielleicht noch funktionieren könnte.“ Ich höre ihm zu und
überlege, wie wir dort hinkommen sollen. „Weißt du noch, wie wir
damals zufällig über diesen Zombie Walk gestolpert sind?“ Er sieht
mich an und nickt. „Nun, damals sind wir spontan in die Drogerie
und haben uns schnell angemalt. Warum machen wir es nicht wieder so?“
„Du meinst wir sollen uns schminken?“, fragt er und zieht eine
Augenbraue hoch. „Na ja, nein. Nicht schminken, aber wir könnten
den Stinker von draußen nehmen, den wir erledigt haben und uns ein
wenig mit dem präparieren...“ Tobi wirkt angewidert, aber nicht
gänzlich abgeneigt. Was damals also Spaß machte, soll nun unser
Überleben sichern. Damals... Das ist schon eine ganze Weile her.
Damals wurden Zombies noch gemocht. Es gab Filme, Serien, Spiele,
Bücher und Comics. Es gab Leute und Bands, die das Wort Zombie
unbedingt in ihrem Namen haben wollten. Man konnte die geliebten
Untoten auf sämtlichen Kleidungsstücken tragen, auch Babystrampler
blieben davon nicht verschont. Bettwäsche und Kuscheltiere sorgten
für super gute Träume. Selbst Michael Jackson, der sonst immer nur
ein kleiner weißer Junge sein wollte, war auch mal ein Zombie! Und
beinahe hätte ich sie vergessen – Gartenzwerge! Ja, sogar
Zombiegartenzwerge gab es... Niemand, wirklich niemand will Zombies
in seinem verdammten Garten! Ich zumindest nicht. Nicht mehr...
Damals gab es schon überall Zombies, nur heute wollen sie wirklich
dein Hirn und nicht nur darin rumspuken.
Tobi und ich zerlegen
den toten Untoten, wer auch immer er mal gewesen sein mochte, und
reiben uns mit seinen Überresten ein. Wenn das keine Wirkung zeigen
sollte, dann ist es mir auch egal, denke ich. Mit der Pampe an mir
dran, wäre ich sowieso am liebsten tot... Ich packe den letzten
Apfel und den Schokoriegel in meine Tasche und stelle mich an Tobis
Seite. „Bereit?“, fragt er mich. „Bereit.“, antworte ich. Wir
verlassen das Gebäude und laufen offen auf der Straße. Eigentlich ist es ganz gut, dass es
eine Zombieapokalypse ist. Denn glitzernde Vampire, vom Himmel
stürzende Haie oder eine Welt voller Michael Jacksons könnte ich
einfach nicht ertragen. Ich lächel vor mich hin und nehme Tobis Hand.
Wir bedanken uns ganz herzlich bei den Sponsoren der Aktion Lieblingsmonster: