30 Rock - Schmuckstein unter den Comedyserien

24.01.2012 - 08:50 Uhr
Das Ensemble von 30 Rock
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Das Ensemble von 30 Rock
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Dass eine Comedy-Show über die Entstehung einer Comedy-Show witziger sein kann als die meisten anderen Comedy-Shows, beweist uns 30 Rock immer wieder aufs Neue. Deswegen geht mein Herz für Serie heute an die Meta-Sitcom.

An Lob von Kritikern und Kollegen mangelt es 30 Rock wohl kaum. Nach 14 Emmys, 6 Golden Globes, 9 Screen Actors Guild und 6 Writer Guild Awards hat die Serie um Tina Feys Alter Ego Liz Lemon so ziemlich alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt, und das auch noch mehrfach. Doch etwas Essentielles fehlt der leicht verdaulichen Mediensatire noch: Zuschauer. So trug es sich im Jahre 2009 zu, dass die Quoten der deutschen Erstausstrahlung auf weniger als 5000 Personen verwiesen und somit im nicht messbaren Bereich lagen. Diese Information schwappte sogar bis über den großen Teich, was von amerikanischer Seite für Unverständnis und Spott sorgte. Aber wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit 30 Steinen werfen. Selbst in den USA hat die Sitcom nur durchschnittliche Quoten. Deshalb versuche ich heute, euch die köstliche Serie etwas näher zu bringen.

30 Rockefeller Plaza
Doch worum geht es eigentlich? Die arbeitssüchtige, ledige Mittdreißigerin ist im New Yorker GE Building mit der Adresse Rockefeller Plaza Nr. 30 für eine Comedy-Show namens The Girlie Show verantwortlich. Die sich liebend gern selbstbemitleidende Liz Lemon (Tina Fey), die ein Fertiggericht in unter drei Sekunden aus dem Kühlschrank nehmen, die Plastikfolie einstechen und das Pappding in die Mikrowelle befördern kann, muss pausenlos Katastrophen abwenden. Entweder hat die mit dem Altern auf dem Kriegsfuß stehende, sich selbst nur auf ihr Äußeres reduzierende Jenna gerade mal wieder ein Affenbaby adoptiert oder der gutherzige, aber leichtgläubige Page Kenneth lässt sich im Namen der Herzlichkeit seiner gesamten Zunft von den Mitarbeitern mit Starallüren erniedrigen. Zu allem Überfluss wird ihr mit Jack Donaghy (Alec Baldwin) ein Boss der alten Schule vor die Nase gesetzt, der sich eher in der Haushaltsgeräte-Branche als im Entertainmentbusiness auskennt. Er holt den schwarzen “Filmstar” Tracy Jordan (bekannt aus A Blaffair to Rememblack oder Fat Bitch, in welchem es um eine fette Hündin geht) zu The Girlie Show und benennt sie kurzerhand in TGS with Tracy Jordan um.

Offensichtlich könnte 30 Rock nichts egaler sein als politische Korrektheit. Die Sitcom, die zur Abwechslung ohne ein Livepublikum und eingespielte Lacher auskommt, lotet stets die Grenzen des guten Geschmacks aus, aber immer auf charmante Art und Weise, die nie gehässig daher kommt. 30 Rock bedient sich auch auf dem Grabbeltisch der amerikanischen Popkultur wie ein Kaspar Hauser, der zum ersten Mal ein Einkaufszentrum betritt. Wahrscheinlich werden deswegen viele deutsche Zuschauer abgeschreckt, aber bei moviepiloten mache ich mir dahingehend wenig Sorgen. Und wer einmal eine kulturelle Referenz nicht einordnen kann, der sollte nicht in Schweiß ausbrechen, denn innerhalb der nächsten 20 Sekunden fällt garantiert eine Punchline, die einem mundet.

Realität und Wahnsinn
Faszinierend an 30 Rock ist der Umstand, dass die Schöpferin Tina Fey eine überspitze Version ihrer Erfahrungen während ihrer Zeit bei der US-Comedyshow Saturday Night Live mit einfließen lässt. Deshalb komme ich mir wie Bart Simpson vor, der in einer Episode hinter die Türen des Mad Magazins schaut und sich danach nie wieder die Augen waschen will ob der Verrückheiten, die dort abgehen. Dabei ist mir durchaus klar, dass selbst Comedy-Sendungen nicht mit so viel Unprofessionalität, Skurrilität und Allüren produziert werden können, doch ist es schön, es sich genauso vorzustellen. Wie sonst, außer vielleicht mit Koks, könnten sich die Autoren der TGS with Tracy Jordan-Show ein Konzept wie MILF Island einfallen lassen? Dabei schießt Tracy Jordan selbst (gespielt vom SNL-Komiker Tracy Morgan) ein ums andere Mal den Vogel ab, wenn es um unprofessionelles Verhalten am Arbeitsplatz geht. So zeigt er seine im Laufe der Staffeln immer mehr anschwellende Plauze ständig in die Kameras oder seine Kollegen müssen ihm die Uhren um 12 Stunden vor stellen, damit er pünktlich zu den Proben erscheint.

30 Rock macht sich nicht nur über die von sich selbst eingenommenen Stars lustig, die es im Showbiz zuhauf gibt, sondern fungiert auch als eine Mediensatire, die den Zustand der Unterhaltungsindustrie aufs Korn nimmt. Dabei wirkt es allerdings nicht wie ein verbitterter Abgesang auf die Integrität des Fernsehens, sondern wie ein postmodernes Belächeln eines Zustands, der nicht zu ändern ist. Deswegen kommt die Serie mit sehr viel Herz daher und zeichnet ihre Charaktere nicht als unsympathische Egomanen. Mögen sie auch manchmal naserümpfend und realitätsfremd durch ihre kleine Welt laufen, so sind ihre Fehler und Macken nur ein weiterer Grund, warum ich sie in mein Serienherz schließe.

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