Was wir von Movie2K lernen können

08.06.2013 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
20th Century Fox/moviepilot
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Kino.to wurde gesperrt, Movie2K füllte die Lücke. Nun folgte Teil 2 dieser Komödie. Warum Politik und Wirtschaft nicht aus ihren Fehlern lernen und warum zu wenig Leute Movie2K nutzten, erfahrt ihr hier im heutigen Aufreger der Woche.

Movie2k wurde vom Netz genommen und die Debatte entflammte von neuem. Recht, unrecht, legal, halblegal, völlig egal. Da fühlen wir uns mindestens um zwei Jahre zurückversetzt. Zurück auf Anfang, als Kino.to hops ging inklusive den treudoofen Fragereien nach Richtig und Falsch (“Nein, das Streamen von raubkopierten Filmen ist nicht per se illegal, aber es ist trotzdem unter aller Sau”), die tausendsten Plädoyers für das Urheberrecht (“Denkt an die armen Filmemacher!”) und Hasstiraden gegen die Bonzen der Filmindustrie (“Ich stopfe denen doch nicht noch mehr Millionen in den Rachen!”).

Tatsächlich hat sich seit der Schließung von Napster vor über zehn Jahren kaum was getan. Die Welt ist immer noch ein Sündenpfuhl und Deutschland immer noch ein Land der Kriminellen. Du, ich, er, sie, es, wir alle. Wenn es uns zu Kriminellen macht, wenn wir aus Mangel an echten Alternativen den Anbieter mit dem größten Angebot nutzen, dann soll mir die Frage erlaubt sein: Na und? Wer einen Aufreger der Woche erwartet, der sich mit den moralischen, rechtlichen oder wirtschaftlichen Folgen von solchen Portalen auseinandersetzt, ist hier falsch.

Warum gerade Movie2K?
Wie kriminell ist Deutschland wirklich? 10.000 Schwerverbrecher pro Minute. Sagen zumindest die Zahlen der Piratenpartei. So viele Zugriffe registrierte sie auf ihrer Webseite, als die Movie2K-Betreiber ihre Domain auf die Parteiwebseite umschaltete. Aber sind wir das wirklich? Oder sind wir der Finger auf der Wunde eines längst überholten Systems, der Mob mit virtuellen Mistgabeln, der sowohl Wirtschaft als auch Politik dazu bringen wird, umzudenken. Bei der Musikindustrie hat es geklappt. Nach Jahren der Verluste und des Selbstmitleids hat sich eine Industrie angepasst und ist wieder aufgeblüht. Ein Ergebnis daraus: Spotify. 10 Euro und die ganze Musikwelt liegt dir zu Füßen. Wäre es also zu vermessen, das gleiche für Filme und Serien einzufordern? Und ist es falsch, ein Angebot zu nutzen, dass diesen Dienst bereits anbietet? Das Spotify System auf das Bewegtbild angewendet bringt eine simple Tatsache zu Tage. Nicht die zehn Euro pro User, die der Filmindustrie durch die Lappen gehen, sind das eigentliche Problem, sondern die zehn Euro, die Movie2k nicht von den Usern einfordert.

Ist das ein Versuch von mir, Seiten wie Kino.to oder Movie2k zu rechtfertigen? Vielleicht. Ich heiße die Praktiken solcher Seiten nicht gut – mit gestohlenem Eigentum, anstößiger Werbung, dubiosen Rattenfängertricks und gefährlicher Malware sich eine goldene Nase auf Kosten anderer zu verdienen – aber das Konzept stimmt. Ein Konzept, das dem User erlaubt, aktuellen Content am Tag der Veröffentlichung zu beziehen und das in der Bildqualität, dem Dateiformat, der Sprache und den Untertiteln nach Wahl. Es steht nicht bloß zur Verfügung, sondern wird einem auf einem silbernen Tablett serviert. Mit einfachster Navigation lässt sich spielend einfach und schnell der gewünschte Inhalt finden. Vollumfänglich, unbeschränkt, für alle Alters- und Zielgruppen. Keine Minderheit muss sich vernachlässigt fühlen. Kein Geschmack unberücksichtigt.

I Have a Dream
Meine Wunschvorstellung mit rosa Herzchen wäre ganz simpel. Ein Zusammenschluss aller Studios, Verleiher, Fernsehkanäle, die zusammen nach dem Vorbild von Movie2k und Spotify ein Portal betreiben. Naiv, ich weiß. Deutschland ist ein Land der Eigenbrötler und der Neider. Egal in welchen Bereichen wir uns umsehen, überall wird das eigene Süppchen gekocht. ARD und ZDF, die gemeinsam einen TV-Sender betreiben? Gescheitert. Ein kinoübergreifender Pass, der dem Kunden ermöglicht, jeden Film in jedem Kino seiner Wahl zu besuchen? Gescheitert. Ein Bonussystem, das dem Zuschauer, der im Jahr eine bestimmte Anzahl deutscher Filme schaut, ein Teil des Eintritts nachträglich zurückerstattet? Gescheitert. Alles Ideen, die ernsthaft in Erwägung gezogen wurden, weil sie für den Zuschauer, die Unternehmen und die Wirtschaft von Vorteil gewesen wären, aber an Engstirnigkeit und Bürokratie scheiterten. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den bisherigen Anbietern von Video-on-Demand-Angeboten. Watchever gehört zur Vivendi Gruppe, Maxdome zu ProSiebenSat.1 Media, Lovefilm zu Amazon, iTunes zu Apple und so weiter und so fort. Kurzum, schlagt euch aus dem Kopf, dass diese Anbieter in absehbarer Zeit mehr tun werden als kosmetische Anpassungen oder Socken stopfen.

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