Wahre Liebe gibt es nur im Kölner Tatort

28.09.2014 - 20:10 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Kathrin Angerer im Kölner Tatort
WDR/ARD
Kathrin Angerer im Kölner Tatort
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Eine Eisprinzessin wird im heutigen Tatort ermordet, die das perfekte Paar errechnen wollte. Anstatt mit dem Zeigefinger über die Onlinewelt herzuziehen, gelingt den Kölnern ein für ihrer Verhältnisse solider Krimi, was weniger der Bromance zwischen Freddy Schenk und Max Ballauf zu verdanken ist.

Am besten sind Freddy (Dietmar Bär) und Max (Klaus J. Behrendt) in ihrem neuen Tatort nämlich, wenn sie nicht beisammen sind. In Tatort: Wahre Liebe wird Max' schwermütiges Einzelgängertum endlich ins Scheinwerferlicht gerückt, was alle Fans der den Kölner Trott belebenden Präsenz Juliane Köhlers freuen wird. Kathrin Angerer ergänzt die Kernbesetzung als Assistentin Gabi, wird aber nach einer Folge wieder verschwinden aus dem Revier, das für sie wohl nur Unterforderung parat halten würde. Zum letzten Mal sehen wir leider Christian Tasche, der im November vergangenen Jahres überraschend verstorben ist. Obwohl seine Szene nur klein ist in diesem Krimi, bleibt sie im Gedächtnis: Staatsanwalt von Prinz prustet in seiner gewohnt ausladenden Art los und ehe er die Szene verlässt, nimmt der Score von Dürbeck & Dohmen den Rhythmus des markanten Lachens auf und so begleitet er uns durch diesen Tatort. Mein Lieblingsmoment in diesem Krimi.

Die gar nicht mal latente Internetphobie so mancher alteingesessener Tatort-Teams lässt sich auch im neuen Kölner Krimi ausmachen. Eine Online-Magnatin als Eisprinzessin steht schließlich am Anfang: Einen Kunden-Meilenstein feiert Natascha Klein mit ihrer Firma lovecast.me, doch kurz vor ihrem Tod steht sie als einsame, schwarze Silhouette in einem Flur. Am nächsten Tag wird sie erschlagen aufgefunden. Unter Verdacht geraten sofort ihr Ehemann, ein User, Zauberer genannt, der Frauen um den Finger wickelt und beraubt, dessen Opfer sowie ein enttäuschter Kunde. Die "Liebespäpstin" versprach, mit einem Algorithmus die perfekten Partner füreinander zu finden. Doch wie das so ist mit Blog-, Follower- und Freunde-Empfehlungen per Mathematik, schüttelt man früher oder später über die Michael Wendler-Fans im Stream nur noch den Kopf.

Ironisch an der Geschicht' ist natürlich, dass die Liebespäpstin selbst in einer leidenschaftslosen Ehe gefangen war und die Glücksformel für sich nie fand. Das hält Ballauf nicht auf, diese Online-Dating-Sache selbst zu testen, während vor seinen Augen mit Lydia Rosenberg (Juliane Köhler) die sehr greifbare "wahre Liebe" zu warten scheint. Der einsame Ballauf tauscht ausnahmsweise mal die kessen Sprüche gegen verdutztes Murmeln und bereichert den Krimi ungemein. Das wird mit dickem Pinsel vorgetragen, wenn Burt Bacharach oder George Gershwin im Radio ertönen. Wir befinden uns hier aber in Köln und da ist das durchgängige Kratzen an der bären(hihi)dicken Haut der Kommissare ein Wunderwerk, das gefeiert oder zumindest gelobt gehört.

Eigentlich ist der heutige Tatort nämlich weniger einer, der der Definition von wahrer Liebe nachgeht, als einer, der beobachtet, was sie mit den Menschen macht, die von ihr kosten wollen oder es bereits getan haben. Die unter einem Zauber stehenden Opfer eines perfiden Charmeurs geben davon Auskunft. Sie haben wegen ihm alles verloren und doch scheint er ihrer Existenz etwas verliehen zu haben, das unbezahlbar ist. Freilich platzt auch diese Blase irgendwann. Bedauerlich bleibt es deswegen, dass wir von diesem Zauberer so wenig zu sehen bekommen, dürfte er doch eine deutlich spannendere Figur sein als eifersüchtige Ehemänner und liebeskranke Hausmeister (nichts gegen Hausmeister).

Wenigstens schenkt er uns eine ausgedehnte Szene mit der heimlichen Heldin in Tatort: Wahre Liebe. Gabi, trotz ihres schüchternen Gebarens ihren Kollegen am Schießstand überlegen, sitzt ihm gegenüber in einem kurzen Psychospiel. Sie könnte mit einem leicht veränderten Plot die Heldin dieses Krimis sein, aber das Drehbuch hört aufs Kommando der Currywurst-Aficionados und so wird sie lustlos wie fahrlässig zur Seite geschoben. Vielleicht ist das besser so für Gabi, die als eine der wenigen in diesem Krimi ihre Chance ergreift, wenn sie vor ihr sitzt. Wahre Liebe gibt es im Kölner Tatort-Land nämlich nur zwischen Freddy und Max.

Mord des Sonntags: Das wäre mit einer virtuellen Trophäe nicht passiert.

Zitat des Sonntags: "Manchmal hat er einfach so geweint." - "Traumhaft." 

Ein okayer Tatort mit einer für Köln ungewöhnlich verspielten Kameraarbeit war Wahre Liebe. Was haltet ihr von dem Krimi?

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