Veronica - Auf Netflix gibt es Horror von der Stange

16.03.2018 - 09:50 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
Veronica - Spiel mit dem TeufelKoch Media
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Der Horrorfilm Veronica auf Netflix soll seine Zuschauer schockieren. Warum der Film aber alles andere als schockierend ist, könnt ihr hier nachlesen.

Vor zwei Wochen wurde der spanische Horrorfilm Veronica - Spiel mit dem Teufel auf Netflix veröffentlicht. Beschrieben  als der "gruseligste Horrorfilm aller Zeiten" avancierte der Streifen innerhalb kürzester Zeit zu einem vermeintlichen Geheimtipp unter Horrorfans und ist nun in aller Munde. Doch ist Veronica wirklich so gruselig, dass ihn kaum ein Zuschauer zu Ende schauen kann?

Etikettenschwindel an der Netflix-Front

Fast fassungslos las ich, dass auf Netflix derzeit ein schockierender Film im Umlauf ist, der zu gruselig für die meisten Zuschauer sei. Handelt es sich etwas wirklich um einen Überraschungshit? Vielleicht sogar um den heiligen Gral des Horrors, der eine Offenbarung für das Genre sein könnte? Doch als ich den Titel des Films entdeckte, musste ich mir verwundert die Augen reiben. Denn Veronica erschien bereits Ende Oktober 2017 im deutschen Handel und wurde letztes Jahr beim Fantasy Filmfest gezeigt. Hatte ich vielleicht damals den falschen Film gesehen?

Nach knapp einem halben Jahr nach der Veröffentlichung kommt die DVD von Veronica bei Amazon auf nicht einmal 20 Bewertungen. Der plötzliche Hype um den Film entspringt der internationalen Veröffentlichung auf Netflix. An sich klingt das logisch, denn immerhin bietet sich einer viel größeren Zuschauerschaft die Möglichkeit, auch einen kleinen Independentfilm zu entdecken, der zuvor in der Massen an Heimkinoveröffentlichungen untergegangen ist. Doch schon kurz nach der Veröffentlichung schmückte sich Netflix mit der Aussage, dass von 100 Zuschauern nur einer es schafft, den Horrorstreifen bis zum Ende durchzuhalten. Auch ein Zuspruch von 100 % auf Rotten Tomatoes (mittlerweile "nur" noch bei 88 %) machte den Anschein eines perfekten Gruselhits.

Wirklich so gruselig?

Die Kommentare in den sozialen Netzwerken sprechen jedoch eine andere Sprache und entlarvten den Claim von Netflix schnell als Etikettenschwindel. Netflix scheint mit Veronica auf einen Marketing-Zug aufzuspringen, der für einige andere Horrorfilme bereits bestens funktioniert hat. Wenn der Mut des Publikums provokant herausgefordert wird, ist das Interesse geweckt. Dieser Schachzug hat im Fall Veronica bestens funktioniert, was Tausende von Tweets und Posts verdeutlichen. Auch ich habe mich der ultimativen Mutprobe gestellt. Das Resultat war mehr als ernüchternd.

Nichts Neues auf dem Hexenbrett

Eines Vorweg: Ich mag keine Possession-Filme. Kaum ein Subgenre wurde in den vergangenen Jahren mehr ausgeschlachtet als das Genre der dämonischen Heimsuchungen. Dabei gibt es auch wirklich gruselige Vertreter wie Oujia: Ursprung des Bösen oder die Conjuring-Reihe. Doch meistens laufen diese Filme nach Schema F ab: Ein Kind wird von einer bösartigen Präsenz heimgesucht und erleidet anschließend eine traumatische Erfahrung, die entweder tödlich endet oder rechtzeitig von einem Exorzisten unterbunden werden kann. Das Ganze wird noch schön mit ein paar generischen Jumpscares garniert und fertig.

So klingt auch der Plot von Veronica alles andere als innovativ. Die junge Schülerin Veronica begeht den großen Fehler und benutzt ein Hexenbrett ausgerechnet während einer Sonnenfinsternis. Und schon ist es passiert: Das Tor zur Welt der rastlosen Seelen steht sperrangelweit offen. Fortan ist Veronica gezeichnet und von einer unheimlichen Macht umgeben. Um den garstigen Dämon loszuwerden, versucht Veronica mit ihren kleinen Geschwistern eine erneute Seance abzuhalten. Das hat natürlich fatale Folgen und endet in einem Finale, dass tatsächlich Spannung aber wenig Grusel aufkommen lässt.

Wer Gläser rückt ist selber schuld

Ein wirklicher Reinfall ist Veronica keineswegs. Für die Inszenierung zeichnete sich immerhin Paco Plaza verantwortlich, der zuvor schon mit dem [Rec]-Franchise den spanischen Horror wieder salonfähig machte. Dennoch kann der Horrorveteran aus Spanien bei Veronica die hohen Erwartungen nach dem Hype von Netflix nicht erfüllen und reiht sich lediglich in die Riege generischer Gruselfilmchen ein, denn die Probleme mit Veronica sind mannigfaltig. Die gezielten Schocks sind nicht schockierend und die (CGI-)Geister nicht gruselig genug. Alles kommt einem etwas zu vertraut vor. Mit 105 Minuten Laufzeit ist Veronica auch zu lang für einen kurzweiligen Horrorspaß. Wird der Film jedoch als etwas überspritzte Version eines realen Familiendramas angesehen, funktioniert er wesentlich besser. Sich vorzustellen, dass ein Mädchen wirklich solche Qualen durchleiden musste, schlägt mehr auf den Magen, als ein befremdlich animierter Geist, der aus einer dreckigen Matratze springt.

Innovation muss her

Wie oft muss das Publikum die endlosen Heimsuchungen, die vermeintlich auf wahren Begebenheiten beruhen, noch ertragen? Filme wie Veronica gehören seit über 45 Jahren zum Standard des Horrors und haben sich in vergangenen zehn Jahren vermehrt in den Mainstream geschlichen. Aber hat sich seit dem Erfolg von Der Exorzist, übrigens auch bei Netflix, wirklich etwas in diesem überpräsenten Subgenre getan? Es ist wie mit der Krux des Trash-Fernsehens: Solange das Publikum diese Filme in Massen konsumiert, wird es diese Art von Horror geben. Doch das Horrorgenre wäre nicht das Horrorgenre, wenn es sich nicht durch seine Vielfalt und Varianz auszeichnen würde.

Horror muss nicht immer mit Blut und Gemetzel gleichgesetzt werden. Dafür gibt es genug Gegenbeispiele von Filmen, die durch ihre Atmosphäre Gänsehaut erzeugen. Kaum ein Genre ist mehr der subjektiven Wahrnehmung unterzogen als das Horrorgenre. Hier kann jeder Fan etwas finden, was ihn gruselt oder schockiert. Also packt eure Ouija-Bretter wieder in den Keller und setzt die Suche nach eurem eigenen "gruseligsten Horrorfilm aller Zeiten" fort.

Wie ist eure Meinung zum Horrorfilm Veronica bei Netflix?

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