James Camerons Rolle in der KI-Debatte ist faszinierend. Inszenierte er zu Beginn seiner Karriere mit dem Sci-Fi-Meilenstein Terminator eine düstere Zukunftsvision, in der sich eine von Menschen geschaffenen künstliche Intelligenz gegen ihre Schöpfer wendet, trat er zuletzt selbst dem Board des KI-Unternehmen Stability AI bei.
Haben wir Cameron an die KI-Bros verloren? Hoffnung spendete im Februar eine Aussage des Filmemachers, dass Avatar: Fire and Ash komplett ohne KI-Komponente ins Kino kommt. Wenige Wochen später spricht sich Cameron wieder für die Integration von KI in den Prozess des Filmemachens aus. Wo steht er genau?
Avatar-Regisseur James Cameron erklärt seine Position zum Umgang mit KI beim Filmemachen
In der neuesten Ausgabe des Branchen-Podcast Boz to the Future von Andrew Bosworth, dem CTO des Tech-Giganten Meta, erläutert Cameron seine Position im Hinblick auf KI. Der Hollywood Reporter hat die wichtigsten Aussagen zusammengefasst, angefangen bei Camerons Feststellung, dass er kein Fan von Nachahmung ist.
Cameron spricht sich eindeutig gegen Text-Prompts aus, die einen Film "im Stil von Zack Snyder" oder einen Film "im Stil von James Cameron" heraufbeschwören sollen. Zwar gesteht Cameron, dass auch er seine filmischen Vorbilder hat. Es geht allerdings stets darum, als Künstler etwas Eigenes aus den Einflüssen zu machen.
Cameron erklärt seine persönliche Perspektive:
Ich strebe danach, dass sich meine Filme so anfühlen wie die von Ridley Scott oder Stanley Kubrick. Das ist der Text-Prompt, der mir als Filmemacher im Kopf herumschwirrt. Im Stil von George Miller: Weitwinckeliges Objektiv, tief, richtig Gas geben, in eine extreme Nahaufnahme gehen. Das will ich erreichen. Ich kenne meine Vorbilder. Jeder kennt seine Vorbilder.
Gleichzeitig ist er sich bewusst, dass er selbst ein KI-Modell ist:
Ein großer Teil des Zögerns in Hollywood [...] hat mit der Frage zu tun, woher das Ausgangsmaterial für die Trainingsdaten kommt und wem was im Hinblick auf Urheberrechtsschutz und all diese Dinge zusteht. Ich glaube, die Leute sehen das falsch. Ich bin ein Künstler. Jeder, der Künstler ist, jeder, der ein menschliches Wesen ist, ist ein Modell. Du bist bereits ein Modell.
Weiter differenziert er den Umgang mit Inspirationen und Quellen:
Wenn ich als Filmemacher einfach Star Wars kopiere, werde ich verklagt. Ich würde nicht einmal so weit kommen, weil alle sagen würden: 'Hey, das ist zu sehr wie Star Wars, jetzt werden wir verklagt.' Ich würde nicht einmal das Geld bekommen. Und als Drehbuchautor hat man eine Art eingebauten ethischen Filter, der sagt: 'Ich kenne meine Quellen, ich weiß, was mir gefallen hat, ich weiß, was ich nachahme'. Ich weiß auch, dass ich mich weit genug davon entfernen muss, damit es meine eigene, unabhängige Kreation ist.
Abschließend fügt Cameron seinem Gedankengang hinzu:
Die Sache muss aus rechtlicher Sicht geregelt werden und zwar in Bezug auf den Output und nicht auf den Input. Du kannst meinen Input nicht kontrollieren, du kannst mir nicht vorschreiben, was ich anschauen [...] soll. Ich suche mir meinen Input selbst aus. Das ist alles das, was sich im Lauf meines Lebens ansammelt. Mein Output, jedes Drehbuch, das ich schreibe, sollte danach beurteilt werden, ob es zu nahe dran ist, zu plagiatorisch.
So will James Cameron KI nutzen, um die Kosten von Blockbustern wie Avengers und Avatar zu halbieren
Doch warum hat er sich jetzt genau Stability AI angeschlossen? Cameron verrät, dass er in erster Linie Prozesse und Möglichkeiten kennenlernen will, um herauszufinden, ob es KI-Modelle gibt, mit denen der VFX-Workflow beschleunigt werden kann.
Cameron skizziert seine Ambition:
Wenn wir weiterhin die Art von Filmen sehen wollen, die ich immer geliebt habe und die ich gerne mache und die ich mir ansehen werde – sagen wir so etwas wie Dune und Dune: Part Two oder einen meiner Filme oder große, effektlastige, CG-lastige Filme –, dann müssen wir herausfinden, wie wir die Kosten dafür halbieren können.
Jobs sollen dabei nicht verloren gehen:
Dabei geht es nicht darum, die Hälfte des Personals in der Effektfirma zu entlassen. Es geht darum, die Geschwindigkeit zu verdoppeln, mit der bestimmte Bilder fertiggestellt werden, sodass die Kadenz und der Durchlaufzyklus schneller sind und die Künstler weiterziehen und andere coole Dinge tun können. Das ist meine Vision dafür.
Cameron denkt hier in Blockbustern, die in ihrer Produktion 200 bis 400 Millionen US-Dollar verschlingen, also Avengers, Avatar und Co. Diese Mega-Budgets (bei denen Marketingkosten noch nicht mit eingerechnet sind) können durchaus problematisch werden, da es für die Filme immer schwerer wird, profitabel zu werden.
Für gewöhnlich wird bei einem Film dieser Größenordnung erwartet, dass er das Zwei- bis Dreifache seines Budgets einspielt. Hollywood-Studios können nicht nur in Milliarden-Hits denken, weil es davon nur eine Handvoll pro Jahr gibt. Schon Steven Spielberg und George Lucas haben den Blockbuster-Kollaps vorhergesagt.
Camerons Denken trifft also einen wichtigen Punkt. Gerade die VFX-Branche ächzt in den vergangenen Jahren aufgrund schlechter Bezahlung und kurzfristiger Änderungen, die unter großem Zeitdruck umgesetzt werden müssen. Das macht eine KI, die viele der Arbeitsprozesse vereinfachen kann, aus verschiedenen Perspektiven interessant.
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Das Wichtigste ist, dass weder die künstlerische Vision noch die das Handwerk der VFX-Artists, die diese umsetzen, durch eine KI komprimiert wird. Cameron verspricht, dass keine Jobs verloren gehen und die Menschen mehr Zeit für weitere Projekte haben. Ob sich das so leicht mit der Arbeitsrealität vereinen lässt, ist fraglich.