Top oder Flop - Gott schützt die Liebenden

03.12.2008 - 21:45 Uhr
ZDF
R
0
0
Liebe, Terror, Mord und falsche Identität in einer Simmel-Verfilmung mit Iris Berben

Vom Bahnhofsschmöcker zum TV-Trash

Das Nebeneinander von Literatur und Film führt oft dazu, dass sich ein Regisseur oder Produzent eines Tages dazu berufen fühlt, einen Roman seines Gustus zu verfilmen, besonders wenn die Romanvorlage sich bereits auf eine Millionen-Leserschaft stützen kann. Was das “Erfolgsduo” Oliver Berben und Iris Berben in Gott schützt die Liebenden leistet, bietet jedoch kaum mehr als eine mittelmäßige Verfilmung eines schlechten Bahnhofromans," so unsere Filmkritikerin Annasita Zinn. “Obwohl man den Drehbuchautoren zugute halten muss, den Romanstoff aus den 1950ern im Wesentlichen gekonnt in die Gegenwart übertragen zu haben, verfallen dennoch zu viele Szenen dem Lächerlichen und Unausgewogenen. Man wird das Gefühl nicht los, die Hauptdarstellerin hätte durch eine andere Besetzung an Kraft gewonnen; neben dem zwanzig Jahre jüngeren Ole Puppe wirkt Iris Berben völlig deplatziert. Auch hätte die Spannung sicherlich gehalten werden können, hätten die Macher auf manch peinliche Szene und all den Pathos um Gottesfurcht und katholischem Heilsglauben verzichtet.”

Erfolgsroman mit langer Geschichte

Der österreichische Schriftsteller Johannes Mario Simmel gehört seit über fünfzig Jahren zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Autoren. Weltweit wurden 75 Millionen Exemlare seiner Romane verkauft und in 33 Sprachen übersetzt. Der Roman aus dem Jahr 1957, Gott schützt die Liebenden, wurde bereits 1973 mit Gila von Weitershausen und Harald Leipnitz in den Hauptrollen verfilmt, konnte jedoch nicht begeistern.

Nachdem bereits die Simmel-Verfilmung Und Jimmy ging zum Regenbogen Ende September im ZDF ausgestrahlt wurde und einen sensationellen Marktanteil von 18 Prozent erreichte, verspricht auch Gott schützt die Liebenden ein Erfolg zu werden. Wie gewohnt spielt die Hauptrolle in diesem schummrigen Agentenfilm die Mutter des Produzenten, Iris Berben. Carlo Rola, der seit Jahren die eigene Produktionsfirma moovie mit Berbens Sohn Oliver Berben leitet, führte bei der Romanverfilmung Regie.

Dramatische Suche nach der Liebe seines Lebens

Der gealterte Kriegsfotograf Paul Holland (Peter Simonischek) hat bereits viel im Leben verloren: Ein Bein im Kosovo, seine Jugend und den Glauben an Gott. Was ihm geblieben ist, manifestiert sich in der “Liebe seines Lebens” Sibylle Loredo (Iris Berben), mit der er ein aufregendes Sexualleben und seinen romantischen Alltag teilt, sofern er sich nicht auf Reisen befindet. Als er von einer gefährlichen Afrikareise nach Berlin zurückkehrt, wartet dort bereits seit sechs Tagen Kommissar Kohut (Johannes Silberschneider) auf ihn, um ihm zu sagen, dass Sibylle vermutlich tot ist. Holland kann den Tod jedoch nicht akzeptieren. Zu Recht, wie er bald herausfindet.

Als er einen Roman über die Ermittlungen zu schreiben beginnt, erhält er Nachricht aus Salzburg von einem gewissen Trenti. Dieser ist jedoch bereits tot, als er dort eintrifft. Auf der Suche nach Sibylle lernt er die zwielichte Blondine Petra Wendt (Nina Proll) kennen und erfährt, dass Sibylle eigentlich Viktoria Brunswick heißt und Mitglied der 3. Generation der RAF war. Jahrelang war sie die Geliebte des RAF-Terroristen Pascal Höhnefeld (Ole Puppe), dem sie sexuell hörig war. Holland muss verarbeiten, dass die angebliche Liebe seines Lebens ein Doppelleben führte, eine Mörderin war und ihn vermutlich nie wirklich liebte.

Auflösung: Gott schützt auch nicht die Liebenden

Trotzdem versucht er Sibylle zu helfen, als er diese wiedertrifft. Er besorgt ihr einen falschen Reisepass, um mit ihr nach Rio de Janeiro auszuwandern. Petra Wendt kommt den beiden jedoch in die Quere. Wie sich herausstellt, ist sie die Tochter einer Mordopfers von Viktoria Brunswick und arbeitet mittlerweile mit der Polizei zusammen, um sich an Viktoria Brunswick zu rächen. Als klar wird, dass Viktoria keinen Ausweg mehr hat, schießt sie versehentlich auf ihren Geliebten und ermordet sich kurz daraufhin. Paul Holland genest zwar, hat jedoch nun auch noch die Liebe seines Lebens verloren. Er fliegt als Kriegsreporter in den Tschad, doch seine Maschine verunglückt. So findet auch sein Leben ein Ende.

Kritik: Unausgewogene Mischung aus Spannung und lächerlichen Szenen

“Die Drehbuchautoren Sarah Kirkegaard und Peter Simonischek hätten Besseres leisten können. Tatsächlich ist es ihnen gelungen, die Welt des Johannes Mario Simmel mit der in der Nazi-Zeit situierten Handlung in die RAF-Zeit sowie ins Jahr 2008 zu verlegen und in Bildern einzufangen. Das Spelunkenhafte, Verrauchte, Obszöne-Erotische wie auch das Gefühl des Verlorenseins in einer Welt des vermoderten Luxus werden im Film gekonnt wiedergegeben. Jedoch wird diese Welt jedes Mal wieder im Keim erstickt, wenn zwanzig nackte Weiber in der Kneipe den Kommissar von hinten umarmen (um Brüste zeigen zu können), eine Bombe in Afrika einen Rastamann zerfetzt (um Gewalt zeigen zu können) oder die beiden Hauptdarsteller auf einer Kaffeefahrt mit singenden Senioren gefangen sind (um lustig zu sein). Als Krönung der Lächerlichkeit sticht die Szene heraus, in der Paul Holland im Salzburger Hotel neben der Figur des Heiligen Antonius weinend zusammenbricht. Was von Gott schützt die Liebenden schließlich zurückbleibt, ist ein gelangweiltes Gefühl von Übersättigung an der RAF und Iris Berben in der Rolle der sexy Geliebten.”

Was meint ihr: Konnte das Team um Gott schützt die Liebenden überzeugen? Top oder Flop?

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News