Tatort - Mein Revier in der Dortmunder Nordstadt

11.11.2012 - 21:45 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Faber ermittelt in bester Faber-Manier in Tatort - Mein Revier
WDR/ARD
Faber ermittelt in bester Faber-Manier in Tatort - Mein Revier
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Der Dortmunder Tatort will auch in seinem zweiten Fall beweisen, dass er besser, anders, authentischer ist als seine Kollegen im Rest des Landes. In Gänze überzeugt er mit Mein Revier allerdings nicht.

Erst im September feierte der Dortmunder Tatort mit Tatort: Alter Ego seine Premiere. Nun legt der WDR mit Tatort: Mein Revier nach. Skeptiker wie Instant-Fans durften gespannt sein, ob Peter Faber (Jörg Hartmann) und sein Team im Guten wie im Schlechten halten würden, was ihr erster Fall versprach. Nun wissen wir: Wem die psychologischen Marotten des Kommissars beim letzten Fall auf die Nerven gingen, der wird sich auch hier nicht mit ihnen anfreunden. Die wahre Schwäche dieses Dortmunder Tatorts liegt allerdings nicht in seinem sozialkritischen Übereifer begründet, sondern in seiner größten Stärke: seinem Team.

Lokalkolorit: Im letzten Fall manövrierte der Tatort noch zwischen den Eckpfeilern der Gentrifizierung, diesmal setzt er alles daran, der Welt die dunkelsten Ecken Dortmunds zu offenbaren, namentlich die verdreckten Hinterhöfe der berüchtigten Nordstadt. Deren Probleme mit Armut, Prostitution und sonstiger Ausbeutung sind über die Grenzen des Ruhrpotts hinaus bekannt und werden in diesem Sonntagskrimi vergleichsweise rabiat präsentiert. Vom Arbeiterstrich der bulgarischen Einwanderer über die Mietwucher des nicht ganz sauberen türkischen Geschäftsmannes bis hin zum Möchtegern-Gangster reicht die Checkliste sozialer Abgründe des Drehbuchautors Jürgen Werner.

Plot: Der Kriminelle Serkan Bürec wird erschossen aufgefunden und schnell steht fest, dass Mörder und Opfer bei der Tat nicht die einzigen im Raum waren. Während nach der Zeugin, einer Prostituierten, gesucht wird, kommen Faber und sein Team dem türkischen Geschäftsmann Abakay (Adrian Can) auf die Schliche, Freund des Opfers und Verdächtiger Nummer 1. Der beutet die Bulgaren mit horrenden Mietforderungen für verwahrloste Unterkünfte aus und hat auch sonst Dreck am Stecken. Das geht dem Streifenpolizisten Polland (Matthias Komm) gegen den Strich, der sich bald zum Kreis der Verdächtigen gesellt. Dass sich Faber überhaupt auf diesen Fall konzentrieren kann, ist ein Wunder, erhält er doch mysteriöse Briefe über den Unfalltod seiner Frau und seiner Tochter und stürzt sich im Suff beinahe von einer Brücke.

Unterhaltung: Der einzige nahezu unschuldige Spaß, den Tatort – Mein Revier uns Zuschauern bietet, ist der Anblick Peter Fabers, wie er auf einem Schrottplatz ein Auto mit dem Baseballschläger zertrümmert und anschließend befreit lächelt. Der Rest dieses Falls fällt wie schon der Vorgänger höchst angespannt aus. Glücklicherweise werden Fabers psychische Ausfälle diesmal etwas zurückgefahren, ebenso wie seine peinlichen Profiler-Momente, in denen er sich in den Täter hineinversetzt. Recht so, immerhin ist der Fall rund um eine Prostituierte, die sich nicht aus dem Milieu befreien kann, einem Zuhälter, der sie von Drogen abhängig macht und der Ex-Polizistenfrau und Ex-Hure, die dafür Rache nimmt, schon kompliziert genug.

Tiefgang: So gut wie jede Figur, darf in diesem Tatort die Dortmunder Nordstadt mal als ihr Revier bezeichnen, selbst wenn es sich dabei oft genug um eine der Ohnmacht geschuldeten Selbsttäuschung handelt. Zu wessen Revier die Nordstadt und ihre Menschen nun tatsächlich gehören, erfahren wir nicht, aber eines ist sicher: Dieser Tatort bringt kein Interesse für sie auf. Wie schon im Vorgänger streut der Krimi die privaten Probleme der Ermittler ein, ohne sie innerhalb der Folge aufzulösen und injiziert der Reihe einen Hauch Serialisierung, mit Fabers Ausraster am Ende fast sogar einen Cliffhanger. Das ist der große Vorzug dieses Teams. Allerdings wäre es löblich gewesen, wenn der Krimi auch nur ansatzweise ein ähnliches Interesse für seine anderen Figuren aufbringen würde, insbesondere eben jene mit Migrationshintergrund. Abgesehen von Polizist Polland und dessen Frau, werden die Zeugin Jelena und ihre Landsmänner und Frauen in die Peripherie der Plot-Points verstoßen. Als Faber den Geschäftsmann Abakay mit dem süßen Tee und der Mutter-Beleidigung auf die Palme bringen will, gesteht sich der Tatort sein Scheitern im Grunde schon unfreiwillig ein. Über diese Klischees kommt er nämlich nicht mehr hinaus.

Mord des Sonntags: Abgeknallt, die Hose offen, das Koks auf dem Tisch, liegt Bürec da in bester Scarface-Manier.

Zitat des Sonntags: “Lecken Sie mich am Arsch, Faber!”

Auch der zweite Dortmunder Tatort verrennt sich in seinen hohen Ansprüchen oder seht ihr das anders?

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