Tatort - Ein Geburtstagskind verschwindet in Luzern

18.08.2013 - 20:15 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Tatort - Geburtstagskind
SF
Tatort - Geburtstagskind
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Wie schon vor einem Jahr geleiten uns die Luzerner Ermittler aus der Sommerpause. Nur haben sie diesmal mit Tatort – Geburtstagskind auch einen annehmbaren Krimi zu bieten.

Der Luzerner Tatort findet so langsam zu sich selbst. Zwar stört die Synchro auch in Tatort: Geburtstagskind. Dafür präsentieren die Schweizer zum Ende der Sommerpause einen atmosphärisch inszenierten Fall, der vielleicht nicht in die Tatort-Geschichte eingehen wird, dafür aber größtenteils gelungene Sonntagabendkrimiunterhaltung bietet. Es dauerte eine Weile, aber mittlerweile haben sich Flückiger (Stefan Gubser) und Ritschard (Delia Mayer) eingespielt, wobei der hier nur kurz auftretende Regierungsrat Mattmann (Jean Pierre Cornu) immer noch wie eine überzogene Karikatur eines schlecht gelaunten Vorgesetzten wirkt.

Lokalkolorit: Eine romantische Überstilisierung des jugendlichen Todes präsentierte uns zuletzt der Leipziger Tatort. Im Luzerner Sonntagskrimi findet sich die Leiche der 14-jährigen Amina Halter in einem von Nebelschwaden verhangenen Wald, im Laub ausstaffiert irgendwo zwischen den Inspirationen Caspar David Friedrich und Gottfried Benn. Wirkt das Ganze hier deutlich weniger reißerisch als bei den Leipzigern, so liegt es daran, dass dieser Tod über dem gesamten Tatort hängt. Die in einem faden Beige gehaltenen Bilder der Ermittlungen stehen nämlich im Schatten der besten Szene dieses Krimis: Eine Großaufnahme von Aminas leblosem Gesicht, ihre Augen sind direkt auf die Kamera gerichtet; Schnitt auf Flückiger, der unserem und ihrem Blick begegnet. Solche Einstellungen sagen mehr aus als tausend Obduktionsszenen.

Plot: Ein junges Mädchen wird tot im Wald aufgefunden. Flückiger verdächtigt den tiefreligiösen Stiefvater, Ritschard den aufbrausenden, ehemals drogensüchtigen, jetzt auf einem Camping-Platz wohnenden leiblichen Vater. Als herauskommt, dass das Mädchen im dritten Monat schwanger war und Hilfe bei einer Hotline für Missbrauchsopfer suchte, überbieten sich die beiden Dads im verdächtig wirkenden Gehabe.

Unterhaltung: Tatort – Geburtstagskind ist keine sonderlich dynamische Angelegenheit, wenn auch das Tempo in entscheidenden Szenen angezogen wird, etwa in der rasant geschnittenen Verfolgungsjagd durch einen Nachtclub. Es überwiegt jedoch das nachdenkliche Schweigen über die eigene Trauer und Schuld. Obwohl der Krimi die Problematik einer nach außen abgeschotteten religiösen Gemeinschaft anpackt, rückt dieses Thema nie ins Zentrum des Films, so dass wir es hier glücklicherweise nicht mit einem belehrenden “Sekten-Tatort” zu tun haben. Stattdessen belassen es Autor Moritz Gerber und Regisseur Tobias Ineichen bei Andeutungen, warum die Gemeinschaft der drogengebeutelten Mutter Aminas einst attraktiv erschien und wie ihre Regeln eine Familie zerrütten konnten.

Tiefgang: Die religiöse Gruppe von Aminas Stiefvater trägt den Kreis im Titel und betont den Zusammenhalt ihrer Mitglieder. Dabei ist die Familie selbst auseinandergedriftet. Die Eltern wissen sprichwörtlich nichts über das Leben ihrer ältesten Tochter, während die Jüngste unterkühlt von “dem anderen Vater” spricht. Mutter schluckt Schlaftabletten, Stiefpapa flüchtet sich in religiöse Wahnvorstellungen und der Erzeuger schlägt am Geburtstag das Fenster seines Kindes ein. In diesem Krimi sind alle besessen, außer die Kinder.

Mord des Sonntags: Die blutigen Details bleiben uns erspart. Zwei ungewöhnlich lange Großaufnahmen ihres Gesichts genügen.

Zitat des Sonntags: “Soll halt jeder glauben, was ihm hilft.”

Ein annehmbarer Startschuss für die Tatort-Saison war das oder was meint ihr?

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