Tatort - Der Eskimo geht in Frankfurt um

05.01.2014 - 20:15 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Tatort - Der Eskimo
ARD/HR
Tatort - Der Eskimo
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Ganz tief unten ist Kommissar Steier in den ersten Minuten von Der Eskimo angekommen und der unterhaltsame neue Tatort aus Frankfurt gibt ihm daraufhin die Gelegenheit sich zu verwandeln. Aber ergreift er sie auch?

Besoffen auf der Parkbank waren noch nicht viele Tatort -Ermittler zu sehen. Frank Steier (Joachim Król) hatte schon seit der ersten Folge ein Alkoholproblem, aber der Abgang von Conny Mey (Nina Kunzendorf) hat ihm offenbar den Rest gegeben. In seinem vorletzten Fall Tatort: Der Eskimo wird ihm wieder eine junge Kollegin (Alwara Höfels) zur Seite gestellt, die Mey zwar nicht ersetzen kann, aber im Zusammenspiel mit ihrem Chef einen unterhaltsamen Tatort abliefert, der, wie es sich für die Frankfurter gehört, selbst in tiefster Melancholie großen Witz findet. Das tröstet auch über den arg konstruierten Krimi-Plot hinweg.

Lokalkolorit: Achim von Borries führte unter anderem bei Tatort: Wie einst Lilly Regie, in dem der niedergeschlagene Felix Murot in RAF-Verschwörungstheorien herumwühlt. Wie schon der erste Auftritt des Wiesbadener Kollegen ist auch Tatort – Der Eskimo von einer schwermütigen Stimmung gezeichnet, in der nur die knallrote Kleidung einer Joggerin hervorsticht. Erstere passt gut zum darbenden Steier, der für 90 Minuten von der Schnapspulle zur Wasserflasche wechselt, weshalb über dem ganzen Film ein sich langsam verflüchtigender Kater liegt. Damit bleibt er dem durch Lars Kraume etablierten Stil des Teams Steier/Mey treu.

Plot: Ein Lehrer wird im Park erstochen und wenig später wird eine Leiche aus dem Wasser gezogen, die eine ähnliche Verletzung aufweist. Da der Zufall es so will, führen die Untersuchungen Frank Steier, Zeuge der ersten Tat, zu seiner Ex-Frau Julia (Jenny Schily), die einen neuen Lebensgefährten hat. Ihr Kollege ist einer der Toten, aber das ist nur die erste Verbindung, die sich in dem immer unübersichtlicher werdenden Fall auftut.

Unterhaltung: Gegenüber den jüngeren Frankfurter Tatorten fällt Der Eskimo qualitativ ab, was zum einen daran liegt, dass Höfels junge “Praktikantin” Steier kaum Kontra geben kann. Damit gerät das Konzept Frankfurt leicht aus dem Gleichgewicht. Auffälliger aber ist die immer abstruser werdende Geschichte. Die vielen literarischen Referenzen – Kafka, Whitman, Mishima – verleihen dem Krimi zwar eine irreale, märchenhafte Note. Das Finale wirkt trotzdem überhastet und wird auch hinsichtlich der Charakterentwicklung dem vorangegangenen Geschehen nicht gerecht. Fesselnd bleibt der Krimi und es ist eine Freude, der schrittweisen Ausnüchterung des Frank Steier zuzusehen, die in einer herrlichen kleinen Tanzszene kulminiert. Ebenfalls spaßig sind die mürrischen Auseinandersetzungen mit den Kollegen, wie etwa dem unappetitlichen Pathologen. Und damit das ein für alle Mal geklärt ist: “Quinn the Eskimo” wurde natürlich von Bob Dylan geschrieben, aber von Manfred Mann erstmals veröffentlicht.

Tiefgang: Frank Steier wacht auf seiner Parkbank nicht als Ungeziefer auf, aber seine Witze über Gregor Samsa und Josef K. übertünchen die geradezu existenzielle Frage, die Tatort – Der Eskimo in sein Zentrum rückt und nie ausreichend ergründet. Die Sehnsucht nach der Veränderung der eigenen Persönlichkeit treibt die wichtigsten Verdächtigen in dem Krimi an, doch erst im Falle von Steiers Begegnung mit seiner Vergangenheit wird tatsächlich durchgespielt, ob sich ein Mensch wirklich ändern kann, ob er von der Parkbank herunterkommt oder die Selbstzerstörung voranschreiten lässt. Die Antwort bleibt bis zum nächsten und letzten Tatort Steiers uns überlassen.

Mord des Sonntags: Sport ist Mord.

Zitat des Sonntags: “Der hat se doch nicht alle, unser Käfer.”

Ein unterhaltsamer Tatort aus Frankfurt war das oder was meint ihr?

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