Steve Austin - The Making of an Action Star

24.06.2013 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
The Condemned
Sony Pictures
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Gutes Genrekino gibt es nicht nur auf der Kinoleinwand zu sehen, im Gegenteil: Wer geradliniges No-Nonsense-Actionkino sucht, der sollte eher die Videothek um die Ecke durchstöbern. Wir porträtieren in unserer neuen Reihe sechs zentrale Ikonen des DTV-Actionfilms.

Am Anfang des großartigen DTV-Actionfilms Recoil – Der Tag der Abrechnung ist gekommen von Terry Miles sehen wir ihn am Steuer eines Mustangs sitzend, den nächtlichen lost highway hinunterrasend, einer Grenzstadt namens Hope entgegen. Diese Stadt hätte auch den Namen Twin Peaks tragen können. Oder Dead Dog. Ein zeitloser Ort einerseits, eines jener Städtchen, in denen Amerika niemals zu altern scheint. Ein Ort, an dem es nichts mit Retronostalgie zu tun hat, wenn alles noch nach den 1950er Jahren aussieht, riecht, schmeckt. Sondern mit Realismus, denn in Städten wie diesen sind die Umbrüche, die die Gegenwart von den 1950er Jahren trennen, ganz schlichtweg niemals angekommen. Eine Westernstadt, auch, denn nicht einmal zwischen 1850 und 1950 wäre hier eine ganz trennscharfe Grenzziehung zu verorten. Aber dennoch wirkt hier nichts anachronistisch, denn Männer wie er passen in die Zeiten, in denen diese Orte wie durch Zauber (oder Fluch?) verhaftet sind. Männer wie Ryan Varrett, der in Recoil den Tod seiner Familie durch die Hände einer sadistischen Biker-Gang rächt. Männer wie Steve Austin.

Dessen Karriere als DTV-Actionheld ist ja noch vergleichsweise jung. Seit seinem Kinodebüt in einer Nebenrolle der großartigen Komödie Spiel ohne Regeln – einem Remake des Actionfilmklassikers von Robert Aldrich, das Regisseur Peter Segal seinem Hauptdarsteller Adam Sandler auf den Leib schneiderte – war Steve Austin in gerade einmal neun Filmen zu sehen. Von dem All-Star-Action-Kindergeburtstag in The Expendables von Sylvester Stallone einmal abgesehen handelte es sich bei allen diesen Filmen um DTV-Produktionen, in denen er Hauptrollen übernahm, und die meisten davon waren nicht sonderlich gut. Am untersten Ende des Spektrums stehen actionfilmhandwerkliche Grausamkeiten wie Hunt to Kill von Keoni Waxman oder auch Tactical Force von Adamo P. Cultraro, die mitunter aussehen wie am heimischen PC zwischen zwei Seagal-Streifen noch auf die Schnelle postproduziert. Wer hässlichere Wischblenden zu finden bestrebt ist, wird lange danach suchen müssen.

Ikonen des DTV-Actionkinos – Teil 1 – 4
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Und dennoch gibt es da etwas an diesem fast surreal wuchernden Muskelberg, das ihn als Actionstar im Werden prädestiniert erscheinen lässt. Nur, was? Verglichen mit Jean-Claude Van Damme verfügt er über eher beschränkte mimische Ausdruckskraft, verglichen mit Dolph Lundgren fehlt es an Selbstironie. Von der idiosynkratischen Grandezza eines Steven Seagal ganz zu schweigen. Vielleicht ist die Antwort hier aber auch ausnahmsweise einmal sehr schlicht: Wenn jeder wahrhaft große Actiondarsteller letztlich für eine spezifische Eigenschaft aus dem Portfolio des prototypischen Actionhelden in ihrer Zuspitzung ins Extrem steht, dann ist Seagal der Metaphysiker des praktizierten Gewaltaktes, Van Damme der Melancholiker. Lundgren ist vielleicht der in selbstreferenziellen Spiegelkabinetten irrlichternde Intellektuelle, Steve Austin hingegen ist schlichtweg in erster Linie Körper.

In Recoil gibt es im Rahmen eines sehr ernsten, klassizistischen Erzählgestus eine einzige selbstironische Brechung, die dafür umso komischere Wirkung erzielt. Mit Wucht bricht da eine Tür aus den Angeln, die der kolossalen Körperlichkeit Austins nichts mehr entgegenzusetzen hatte. Woraufhin ebendieser von seiner Begleiterin darauf hingewiesen wird, dass diese Tür doch gar nicht verschlossen gewesen sei. Dieser kurze und ziemlich lustige Witz betont freilich gerade dadurch, dass er so ganz allein steht im eher grimmigen, mitunter auch überraschend melancholischen Duktus von Terry Miles’ Inszenierung, die ansonsten durchweg eher ernste Tonlage von Recoil und die No-Nonsense-Attitüde von Austins archetypisch angelegter Figur. Das Szenario des Films nämlich ist im Grunde ein klassischer Westernplot – ein Mann mit dunkler Vergangenheit kommt in eine Stadt, übt zuerst persönliche Vergeltung und wird schließlich zum Retter der von brutalen Desperados gepeinigten Gemeinschaft.

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