Sherlock - Ein alter Schinken mit frischem Anstrich

21.02.2012 - 08:50 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Der Ort der Verbrechen: London
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Der Ort der Verbrechen: London
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Mit ihrer zeitgemäßen Aufpolierung der Romane von Sir Arthur Conan Doyle gelang Steven Moffat und Mark Gatiss ein ganz großer Wurf, der mit glänzendem Cast und unverwechselbarem Stil zum Kult wurde. Mein Herz für Serien geht heute an Sherlock.

Mutig würden es die einen nennen, sich an einen solch altehrwürdigen Stoff wie Sir Arthur Conan Doyle’s Kriminalromane rund um den weltbekannten Meisterdetektiv Sherlock Holmes und seinen Partner Dr. John Watson heranzuwagen. Die anderen, in diesem Fall die Macher der kultigen BBC-Serie Sherlock, der Schotte Mark Gatiss und der Brite Steven Moffat, finden ganz einfach, dass es höchste Zeit war, die Romane Doyle’s aus dem Bücherregal zu ziehen und zu entstauben. Die Drehbuchautoren kamen bei ihren gemeinsamen Reisen nach Cardiff, wo sie für die BBC-Sci-Fi Serie Doctor Who arbeiteten, auf die glorreiche Idee, sich dem Meisterdetektiv anzunehmen, bevor es jemand anderes tut. Ein Glück fackelten Moffat und Gatiss nicht lange und setzten ihren Plan zusammen mit der BBC in die Tat um. Der Rest ist eine Erfolgsgeschichte sondersgleichen.

Zeitgemäßer Anstrich der Klassiker
Genervt von den größtenteils sehr klassisch gehaltenen und mutlos inszenierten Bebilderungen der Krimis von Sir Arthur Conan Doyle, arbeiteten Moffat und Gatiss sogleich ein großartiges Konzept für ein Serienformat aus, welches den Sherlock des frühen 20. Jahrhunderts kurzerhand ins Hier und Jetzt transportieren sollte. Den Rahmen der Handlung wollten Moffat und Gatiss allerdings nicht verändern, vielmehr den Abenteuern des scharfsinnigen Detektivs samt seines treuen Assistenten einen frischen und zeitgemäßen Anstrich verpassen, der die Farbgebung der Originalromane aber immernoch durchschimmern lässt. Und das ist den beiden zweifelsohne voll und ganz geglückt. Zwei Staffeln à drei Folgen erschuf das Duo bis jetzt und wurde schon für Season 1 mit dem BAFTA für die Beste Dramaserie ausgezeichnet. Nicht weniger wertvoll dürften die beiden aber auch den Zuspruch eingefleischter Holmes-Fans eingeschätzt haben, denn die Seele der Romane wollte das Duo auch im modernen Serienformat stets spürbar wissen.

Tolles Zusammenspiel aus Original und innovativen Ideen
Herausgekommen sind sechs 90-Minüter, die den schwierigen Balance-Akt zwischen ursprünglichen Motiven und neuen Ideen traumwandlerisch leicht auf die Reihe bekommt und dabei mit einer fast schon erschreckenden Stil-Sicherheit glänzt. Sherlock Holmes stehen dabei alle möglichen modernen Hilfsmittel zur Verfügung; so verschickt er seine Nachrichten beispielsweise per SMS oder E-Mail oder ermittelt wie selbstverständlich via Internet. Das Grundgerüst der Original-Fälle lassen Moffat und Gatiss dabei immer bestehen, transformieren jedoch wichtige Details, Personen oder Schauplätze in die Moderne. Dadurch ergibt sich einzigartiges Zusammenspiel aus den tollen Originalen und innovativen neuen Ideen, das auch Sir Arthur Conan Doyle Spaß gemacht hätte.

Freundschaft als zentrales Motiv
In Folge eins treffen sich Sherlock Holmes und Dr. John Watson durch einen gemeinsamen Bekannten. Die Chemie stimmt und da beide auf Wohnungssuche sind, beschließen sie kurzerhand ab sofort gemeinsame Sache zu machen und beziehen ein gemütliches Apartment in der 221B Baker Street. Der hochversierte Forensiker Sherlock beeindruckt Watson von Anfang an mit seinem fast übermenschlichen Scharfsinn, der ihn Zusammenhänge auf Grund noch so kleiner Details blitzschnell erschließen lässt. Auch wenn Watson dem sonderbar wirkenden Ermittler zu Beginn, vorallem auf Grund dessen morbider Affinität zu Todesfällen und Verbrechen, nicht vollends über den Weg traut, merkt er doch bald, dass er in Sherlock einen Freund gefunden hat. So entwickelt sich zwischen den beiden eine tiefe Freundschaft, die auf der spannenden Aufklärung kniffliger Fälle im London der Jetzt-Zeit basiert. Im Laufe der sechs Folgen klappt das Zusammenspiel zwischen den beiden Ermittlern immer besser, vorallem weil Watson für Sherlock so unliebsame Aufgaben wie Papierkram oder das Einkaufen übernimmt. Diese behutsame Freundschaft bildet neben den spannenden Geschichten den eigentlichen Kern der Neuauflage und zieht den Zuschauer unweigerlich in den Bann.

Das Beste kommt zum Schluss
Zu guter Letzt darf aber der durch und durch vorzügliche Cast nicht vergessen werden. Benedict Cumberbatch und Martin Freeman liefern derart herausragenden Leistungen ab, dass es unmöglich ist, dem britischen Charme der Serie nicht vollends zu verfallen. Cumberbatch als egozentrischer Vollblut-Ermittler, ausgestattet mit einer fast übermenschlichen Auffassungsgabe und Freeman, als zuvorkommender, couragierter und loyaler Nebenmann harmonieren prächtig und ergänzen sich zu einem schlagfertigen Duo, dem wir nur zu gerne durch die verwinkelten Gassen Londons folgen. Doch auch die Nebenrollen stechen durch ihre durchdachte Auswahl der Schauspieler heraus und runden den Cast stilvoll ab. Betrachten wir dann noch den mutigen Schnitt, samt seinem dezent wie innovativen Gebrauch von Motion Graphics und den durchweg stimmigen Soundtrack, ergibt sich ein Gesamtbild, welches seines Gleichen sucht und Genre-ähnliche deutsche Formate wie den Tatort ganz alt aussehen lässt. Hierzulande zeigt das Erste die zweite Staffel in deutscher Synchronisation über Pfingsten, ich rate euch aber dringlich daraufhin, sich dieses Serien-Meisterwerk im Original anzusehen. Ihr werdet es mir danken!

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