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Rihanna - Anti

24.02.2016 - 10:14 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Eine Popdiva in Experimentierlaune
Westbury Road
Eine Popdiva in Experimentierlaune
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RiRis großes #hipstermeisterstück

Jahr: 2016

Genre: Artpop

Singles: Work

Vielleicht kann sich der ein oder andere an eine Liste von Ende Januar erinnern, in denen ich meine 20 liebsten Songs aus 2015 gekürt habe. Vielleicht kann sich der ein oder andere auch daran erinnern, dass Rihanna zweimal in dieser Liste vertreten war - einmal mit ihrem West-McCartney-Terzett "FourFiveSeconds" auf Platz 16, und einmal mit "American Oxygen" auf dem prestigeträchtigen ersten Platz. Eine Überraschung, war ich doch von ihren letzten Veröffentlichungen mit zwiespältigem Eindruck zurückgelassen worden. Folglich stand ihr neuestes Album "Anti", auch wenn es die 3 Singles des letzten Jahres nicht beinhaltet, neben Kanyes "The Life of Pablo", Macklemores "This Unruly Mess I've Made" und Young Thugs "Hy! £UN35" ganz oben auf meiner Liste der meisterwarteten Alben 2016. Zuerst einmal die schlechte Nachricht: keiner der 13 Songs erreicht die Qualität von "American Oxygen". Die gute Nachricht: das Album ist ihr bestes Werk seit "Rated R", vielleicht sogar seit "Good Girl Gone Bad".

Wer den Trend losgetreten hat, Pop mit Kunst zu verbinden, weiß ich nicht. Denn selbst Lady Gagas Musik zeigte sich weniger avantgardistisch als bewusst rau und ungeschliffen. Einige der Alben einstiger Mainstreamkünstler ("Yeezus" von Kanye, "Miley Cyrus and Her Dead Petz" von Miley Cyrus) sind von experimentierfreudigen Indie-Werken kaum mehr zu unterscheiden. Ich bin dieser Verbindung durchaus zugetan. Die Musik beginnt, zum Teil eines großen Ganzen zu werden, welches alle Lebenseinstellungen, Stile und Gruppen anerkennt - wie es der Hipsterbewegung ureigen ist. So wie "Good Girl Gone Bad" vor 9 Jahren eines DER Jahrzehnt definierenden Alben war, ist es auch "Anti". Beide brachen mit dem Image, welches die Sängerin zuvor aufwies. Lieder wie "Love on the Brain" oder "Higher" wären bislang nur bedingt möglich gewesen, waren sie bis vor ein paar Jahren noch ein riskanter Schachzug, genauso wie die erheblich variierende Lauflänge der Songs, die sich nicht Interludes nennen (zumindest glaubt man dem Internet, ist die Tracklist der CD doch komplett in Blindenschrift verfasst).

Auf ihrem achten Album zeigt sich die Sängerin nicht nur musikalisch vielfältig sondern beweist auch, wie unterschiedlich sie ihr Instrument Stimme einsetzen kann. Wie bereits auf der Non-Album-Single "Bitch Better Have My Money" unter Beweis gestellt hat, braucht sie sich in Sachen Trapmusik nicht hinter Genrekollegen wie Drake oder Young Thug zu verstecken (ersterer wird auf der Single "Work" gefeatured), was das für Gesang monotone, für Rap melodiöse Rap-Crooning angeht. Auf Songs wie "Desperado" oder "Work" verwaschen die Worte immer weiter in einem eintönigen Fluss, der die Songs vorantreibt. Dann wiederum liefert sie mit "Never Ending" eine gitarrenlastige Ballade, wie man sie von Indie-Künstlern kennt, wobei sie noch am Ehesten die Stimmfarbe einsetzt, die man seit ihren frühesten Erfolgen kennt. Auf "Love on the Brain" kann sie wiederum auf einem pathetischen, opulenten Dreivierteltakt durch perfekten Soulgesang punkten (ganz spontan würde ich diesen Track auch zu meinem Albumfavoriten auserwählen), während mich auf "Higher" (welches klingt wie ein durch Twitter gedrehtes 50s Schnulzenlied) umwarf, wie kratzig ihr Stimme auch klingen kann.

Ich prophezeihe dem Album jedoch, wenig Radiospiel zu bekommen, denn eingängige Pop-Ohrwürmer wie "Pon de Replay", "Umbrella", "SM" oder "Diamonds" sind auf der CD nicht zu finden. Gar nicht. Damit steht es im harten Kontrast zu ihrem Opus Magnum "Good Girl Gone Bad", welches seine Qualität vor Allem daraus zog, dass ein "Ohrwurm" dem anderen folgte. Es ist ein Album rein für die Generation der '10er Jahre, rein zum musikalischen Genuss, vielleicht würden dessen Songs sogar zur Gänze auf einer zukünftigen, retrospektiven Best Of fehlen. Das macht "Anti" keineswegs schlechter, nur moderner. Und das heißt nicht, dass die Jugend keinen Gefallen an den poppigen Ohrwürmern findet, die Jahre zuvor zwingend notwendig waren. Es heißt nur, dass das Interesse an experimentelleren Werken bekannter Popmusiker steigt, die vollkommen diverse Genres abseits des Mainstreams mit dem Mainstream vereinen und so ein vielfältigeres Bild erschaffen. Vor Allem, wenn sie Ecken und Kanten. "Anti" hält genau dieses Phänomen fest, und zwar auf sehr hohem Niveau.

Tracklist:

1. Consideration

2. James Joint

3. Kiss it Better

4. Work

5. Desperado

6. Woo

7. Needed Me

8. Yeah, I Said it

9. Same Ol' Mistakes

10. Never Ending

11. Love on the Brain

12. Higher

13. Close to You

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