Prinzessin Mononoke und die Kunst des Hinterfragens

23.01.2016 - 09:15 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
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Der moviepilot-Kommentar der Woche lässt sich diese Woche nicht nur von Prinzessin Monoke verzaubern, sondern beweist auch, dass Ghibli so viel mehr als nur gute Zeichentrickfilme geschaffen hat.

Im Kommentar der Woche stellen wir euch jeden Samstag eines der Meisterwerke vor, die ihr selbst irgendwo auf moviepilot geschaffen habt. Ob nüchterne Analyse oder begeisterte Liebeserklärung, ob kurzes Bonmot oder lange Abschiedsrede, ob zu Film, Serie, Spiel, News, Liste oder sogar Gästebucheintrag (auch wenn es eine Premiere wäre) - ihr könnt jeden Kommentar für den Kommentar der Woche nominieren! Schickt uns eure Vorschläge, am besten per Nachricht an sciencefiction oder Kängufant!

Der Kommentar der Woche
Ihre Bewertung ist vielleicht noch ein Work-in-Progress, aber Schlopsis Worte zu Prinzessin Mononoke haben jetzt schon die 10 (und den Kommentar der Woche) verdient. Eigentlich kaum zu glauben, dass dieses Ghibli-Meisterwerk bisher noch nicht hier aufgetaucht ist ...

Ghibli-Filme zeichnen sich stets aufs Neue dadurch aus, ihre zumeist fantastischen Geschichten mit Subtext zu versehen, die auch - oder gerade - erwachsene Menschen ansprechen und zum Grübeln anregen. Obwohl ich mich im Œuvre des Animationsstudios unter Leitung Hayao Miyazakis noch zu wenig auskenne (Chihiros Reise ins Zauberland konnte ich leider kaum etwas abgewinnen), wage ich jedoch trotzdem schon vorab die These, dass es sich bei Prinzessin Mononoke um einen Film handelt, der mit seinem inhaltlichen Anspruch überrascht. Ob nun im offensichtlichen Sinne, wie zum Beispiel die profitorientierte und skrupellose Gesellschaft und ihre interne, komplexe Verzweigung, auf die der junge Prinz Ashitaka während seiner Suche nach Rettung trifft, oder im unterschwelligen Sinne der belebten Natur, was teils auch nur mittels kleiner, mit den Köpfen klappernder Waldgeister vorgeführt wird.

Die wahre Kunst dabei ist, wie Miyazaki es schafft, all diese Themen und Ebenen miteinander zu verknüpfen. Ohne dass es den Anschein erweckt, er würde sie lediglich aneinanderreihen, konzipiert er mit der Geschichte rund um den Prinzen Ashitaka ein Geflecht aus unterschiedlichen Konzepten, die nahtlos ineinander übergehen, ohne sich dabei auch nur in einem einzigen überflüssigen Handlungsstrang zu verirren. Alles hat seine Ordnung, alles ist an seinen rechten Platz gerückt. Ein durchdachtes Konstrukt, dessen ökonomischer und ökologischer Lehrcharakter vielleicht etwas plakativ geraten sein mag, aber durch so viele Kleinigkeiten glänzt, dass man dieses Konstrukt nur als ein großes Ganzes wahrnehmen kann. Niemand stört sich daran, wenn eine Horde Wildschweine geradewegs in ihr Verderben rennt. Warum auch, wenn in diesem Film das einzig rationale das eigene Herz ist. Das Herz, das sich vom ersten Augenblick an in diese fantastische Geschichte verguckt hat und mitfiebert. Bei dem jede Partei ihre Berechtigung hat und die Sympathien lange aufrechterhalten werden. Bis man hinter die Fassade blickt.
Allein hier entpuppt sich eine weitere subtile Stärke des Films: Er lehrt, Motive auf gewisse Weise zu hinterfragen. Lässt den Zuschauer an bestimmten Stellen moralische Aspekte genauer betrachten und anschließend ein Urteil fällen. Zwar gibt er später die Richtung seiner Antwort durchaus vor, lässt aber vorher noch genug Raum frei, um den Betrachter selbst mit seinem Denkprozess zu involvieren und diese Gedanken im Anschluss auch zu evaluieren. Denn in simple schwarz/weiße Schubladen lässt sich hier rein gar nichts stecken.

Prinzessin Mononoke mag vielleicht das Herz offen mit sich herumtragen. Doch gerade darin verbirgt sich dessen Quintessenz. Dass der Mensch Güte zeigen muss, um in dieser Welt zu bestehen. Es ist nicht nur die Tat eines Einzelnen notwendig. Die Menschen müssen gemeinsam anpacken, ehe sie aufgrund fehlgeleiteter Überzeugungen ins Elend stürzen - und ihre Umwelt gleich mit.
Kaum ein Film vermag das so klar und gleichzeitig so feinfühlig zu vermitteln wie dieser Animationsfilm. Was für eine Perle, die auch weit über ihre Genregrenzen hinaus strahlt.

Und ich sage es gleich: Beim nächsten Mal fällt bestimmt die 10.

Den Originalkommentar findet ihr übrigens hier.

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