Polizeiruf 110: Ikarus - Alles Gute, Krause!

10.05.2015 - 20:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
ARD/rbb
Polizeiruf 110: Ikarus
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Horst Krause verabschiedet sich nach 17 Jahren aus dem Polizeiruf, nostalgische Selbstbeweihräucherung bleibt uns im Fall Ikarus allerdings erspart.

"Ich habe alles verloren, was mir wichtig war", heißt es im Prolog von Polizeiruf 110: Ikarus und falscher könnte der Urheber dieses Satzes kaum liegen. Zwei Männer bilden den Kern dieses neuen Krimis aus Brandenburg. Martin Reef (Martin Feifel), der Erfinder, der Kreative, und Peter Tender (Bernhard Schir), der die Erfindungen des Kreativen zu Geld macht. Beider Schicksal nimmt in dem Polizeiruf von Peter Kahane (Regie) und Uwe Wilhelm (Buch) Züge einer Shakespearschen Tragödie an und wie die Helden des Barden ernten die Solar-Könige, was sie säen. Also zur Korrektur: "Ich habe alles zerstört, was mir wichtig war."

Polizeiruf 110: Ikarus

Ausgehend von der realen Krise der hiesigen Solarindustrie erzählt der Krimi von einer Dreiecksbeziehung, die aus Liebe entsprang und von Gier und Ehrgeiz zersetzt wurde. Mittendrin Sohnemann Daniel (Hauke Diekamp), der bei einer Rolle mit seinem Doppeldecker aus dem Flieger stürzt und schwer verletzt in einem Baum landet. Während die Mutter am Krankenbett dem komatösen Sohn vorliest, ringen Vater und Geschäftspartner um die Zukunft ihrer gemeinsamen Firma, die mit den Bedingungen des internationalen Marktes nicht mehr mitzuhalten vermag. Die Romantik ihrer Jugend, die in einem Chanson anklingt, ist längst verflogen. Für den Kollateralschaden im Krankenhaus finden sie keine Zeit. Besonders Martin Feifel beeindruckt als von Schuldgefühlen und Ambitionen zerfressener Firmengründer. Ein Kunstflieger, der keine Zeit mehr für seinen Lieblingssport hat, träumt er in den leeren Hallen seiner Firma von unmöglichen Manövern, um das Lebenswerk zu retten. Damit zeichnen Regisseur Kahane und Autor Wilhelm vielleicht kein Porträt einer Branche - wie könnten und warum sollten sie auch? Sehr wohl aber entsteht daraus ein gelungener Krimi, der seine Stärken nicht in der Analyse des großen Ganzen findet (der Konkurrenz mit dem Ausland, den Förderstrukturen daheim als Lebenserhaltungsmaßnahmen einer Region), sondern der bröckelnden Fassade einer Familie, die im Absturz begriffen ist und es viel zu spät merkt.

Damit ist Ikarus von vornherein mehr als ein Vehikel, um Krause (Horst Krause) aus den Brandenburger Polizeiruf-Gefilden zu verabschieden. Nach 17 Jahren ist zumindest in dieser Reihe Schluss für den Provinzcop, der wie kein anderer im Sonntagskrimigeschäft mit seinem Schauspieler verschmolzen ist. 17 Jahre, in denen sich mit Katrin Sass, Jutta Hoffmann, Imogen Kogge, Sophie Rois und Maria Simon einige eigensinnige TV-Ermittlerinnen die Klinke in die Hand gaben, während Krause/Krause verlässlich mit Motorrad und Hund über Landstraßen kurvte. Anders als etwa Schmücke aus dem Hallenser Polizeiruf gondelt Krause jedoch nicht vergnügt in den Sonnenuntergang. Er wirkt unruhig und ungewohnt bedrückt in diesem Polizeiruf, nicht nur weil er das Opfer kennt (woraus im Übrigen nicht viel Kapital geschlagen wird). Daheim bei der Schwester hält es Krause nicht und ein beschwingter Tanz zu Karat wird uns vorenthalten. Polizist Krause, der immer so angenehm auf dem Boden geblieben ist, hat noch allerhand Brücken zu überqueren.

Mord des Sonntags: Zum Abschied eine Kugel in die Brust.

Zitat des Sonntags: "Den Anblick werd' ich vermissen."

Werdet ihr Horst Krause im Polizeiruf auch vermissen?

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