Als Paul Greengrass den Raum betritt, treffen wir auf einen gut gelaunten, sympathischen Mann: “I’m begging for mercy.” – Nicht nötig, Paul! Wir durften Captain Phillips am Tag zuvor sichten und sind immer noch beeindruckt von den fesselnden Bildern und der spannenden Geschichte – immer im Hinterkopf, dass es sich bei Greengrass’ neuen Film um die Verfilmung einer wahren Begebenheit handelt. Das Drehbuch von Autor Billy Ray basiert auf dem Roman Höllentage auf See von Richard Phillips.
Paul Greengrass ist englischer Regisseur und Drehbuchautor. Sein erster großer Erfolg ist das halbdokumentarische Drama um den irischen Blutsonntag 1972 Bloody Sunday. Zwei Jahre später gelingen dem Briten mit Die Bourne Verschwörung und 2007 mit Das Bourne Ultimatum zwei absolute Kassenknüller. Für Flug 93 wurde er 2007 sogar für den Regie-Oscar nominiert. Sein neuer Film Captain Phillips hat Anfang Oktober das BFI London Film Festival eröffnet.
Inhalt zum Film
Es ist April 2009, als der amerikanische Kapitän Richard Phillips (Tom Hanks) mit dem Containerschiff MV Mærsk Alabama auf offenem Meer in die Gewalt von drei somalischen Piraten gerät. Für die Amerikaner ist das der erste Fall dieser Art seit über 200 Jahren. Um seine Crew zu beschützen, bietet sich Phillips den Piraten als Geisel an. Diese gehen auf das Angebot ein und entführen den Kapitän auf das Rettungsboot, um eine hohe Summe Lösegeld zu erpressen. Auf engstem Raum entwickelt sich eine nervenzerreißende Auseinandersetzung zwischen Phillips und dem Piratenanführer Muse (Barkhad Abdi), während im Hintergrund die Vorbereitungen für die Befreiungsaktion beginnen.
Dass Greengrass großen Wert auf Authentizität legt, wird in unserem Gespräch immer wieder deutlich. Bei dem im Film verwendeten Schiff handelt es sich beispielsweise um das Schwesterschiff der Alabama – ein identisches Schiff. Allein dieses zu bekommen habe mehrere Monate Verhandlungen gebraucht. Daher sei ihm – selbstverständlich – auch die Meinung des echten Phillips wichtig gewesen: “He’s that kind of a guy. Friendly, not interested in any of that Hollywood Crap.” Phillips hat den Film mit seiner Frau gesehen. Nach dem Screening sei sie in Tränen aufgelöst gewesen. Phillips hat der Film gefallen. Der Unterschied ist wohl, dass der Film den Zuschauern und auch der Ehefrau die Geschehnisse erlebbar macht und realer vor Augen führt als ein Buch das zu tun vermag, so Greengrass. Phillips aber hat alles erlebt.
Beim Casting, erzählt der Regisseur, sei es ihm besonders wichtig gewesen, somalische Schauspieler zu engagieren. Er wollte Schauspieler, die aus dieser Community kamen und die Situation der Piraten nachvollziehen konnten. Wie sich herausstellte, war das allerdings eine große Herausforderung, mit der er zunächst seinen Casting Director Francine Maisler beauftragte. Maisler startete ein großes Casting in Minneapolis – hier gibt es eine der größten somalischen Commuinities der USA. Bei dem offenen Casting kamen allein am ersten Tag über 800 Bewerber zum Vorsprechen. Als Maisler Greengrass schließlich ein Tape mit einigen Aufnahmen zuschickt, habe er gleich das Talent der Gruppe von jungen Männern gesehen (um mehr Gruppendynamik zu erzeugen wurden die Castings in 4er Gruppen abgehalten). Barkhad Abdi sehe dem echten Muse sogar ähnlich: “He had charisma, a face that told you a story”.
Greengrass erzählt viel und gerne. Es ist nicht zu übersehen, dass ihm der Film am Herzen liegt. Nicht zuletzt, weil er auch einen persönlichen Bezug zur Seefahrt hat: Sein Vater war Seefahrer und hat sein Leben auf dem Wasser verbracht, genau wie Phillips. Dieser kann sich noch gut erinnern, wie wie sie gemeinsam auf See gefahren sind: “It’s a tough hard life.”
Captain Phillips startet am 14. November bei uns im Kino! Was erwartet ihr von Paul Greengrass Abenteuer-Drama? Freut ihr euch auf den Film? Sagt es uns in den Kommentaren!