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Notizen aus der kinematographischen Vergangenheit

14.01.2015 - 16:07 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Wie eine Kugel im Lauf
Ascot Elite
Wie eine Kugel im Lauf
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Beim Vorspulen passiert es zuweilen. Wir erkennen, dass an dieser einen Stelle kein statisches Bild zu sehen war, sondern eine langsame Kamerafahrt auf ein Objekt zu. Hier nun ein paar Gedanken zu einem Experiment, dem Vorspulen der Filmgeschichte.

Quatsch ist die halbe Miete. Wer Quatsch machen kann, dem geht es gut. Der braucht keinen Retter in der Not, kein Anker und kein Rettungsboot. Das glaube ich zutiefst. So setzte ich mich manchmal hin und fasse Beschlüsse, in welche ich verwirrend viel Herzblut stecke. Seit Wochen, ja Monaten sitze ich nun zum Beispiel vor einer excel-Liste und starre meist nur. Klicke durch die verschiedenen Tabellen und freue mich. In dieser ist ein Plan zu sehen, nachdem sich seit nunmehr etwa 4 Monaten mein Filmkonsum richtet und es auch weiterhin tun wird. Denn im August dachte ich mir, was kostet die Welt, schau' ich mich einfach chronologisch durch die Filmgeschichte. Ein Film pro Jahr. 1914 bis 2014.

Wenn eine der sieben Totsünden auf mich zutrifft, dann wohl die Völlerei. Denn erst wollte ich ab und zu zwei Filme pro Jahr aufnehmen, dann ausnahmsweise drei. Spätestens als ich in den 30ern steckte, war drei die Regel. Der Plan wurde fast hemmungslos vollgestopft. Es war ein Fest zu planen, zu vergleichen, sich auf das Kommende zu freuen. Immer mehr, immer schöner.

Planung ist alles

Zum hundertsten Geburtstag von Hollywood hatten ein Freund und ich schon mal einen solchen Plan, die Entwicklung Hollywoods zu Ehren der Traumfabrik nachzuverfolgen. Damals ist es im Planungsstadium gescheitert, denn was bringt es schon einen Film aus jedem Jahr zu gucken. Filme sind auch nicht anders als Menschen. In einigen Eigenschaften sind sie typisch für ihr Alter, Geschlecht, Haarfarbe uswusf., in anderer Hinsicht überhaupt nicht. Ein wildes, durch subjektive Hand willkürlich gewähltes Genrepotourri, was hätte das schon gesagt oder was wäre unbemerkt verschluckt worden. Wenn Wissenschaft dann richtig und dann nur ein Genre, aber das wäre auch etwas dröge... dafür bin ich zu schnell gelangweilt.

Deshalb Quatsch. Einfach mal Filme schauen und gucken was passiert. Die excel-Tabelle meiner DVD-Sammlung gezückt, Filter im Bereich Erscheinungsjahr gesetzt und dann die Filme gesucht, die ich noch nicht sah oder die ich dringend mal wieder sehen mochte. Dann die SigiGötz-Entertainment mit dem Kanon des deutschen Films analysiert und den dringenden Nachholbedarf ausgelotet. Zuletzt wurde die Liste durch persönliche Empfehlungen, "A Hundred Years of Japanese Cinema", "House of Psychotic Women", die Hefte des Wiener Filmmuseums oder die Reihe zum Pinoy Cinema auf critic.de  angereichert. Dadurch zu erleben, wie sich was in der "Filmkunst" verändert, ist irgendwie unsinnig, da die so zustande gekommene Wahl mehr über mich aussagt, als über die Welt. Was ich mir davon überhaupt verspreche, weiß ich schlicht und einfach nicht. Ich weiß nur, dass es riesigen Spaß macht. Würde ein Kino mir ein Jahr lang eine carte blanche geben, würde ich im Laufe dieses Jahres irgendwann irre lachend aus diesem rausgeführt werden.

etwas peinlich, aber wahr

Was letztendlich im Plan steht, ist dabei gar nicht so spektakulär. Was ich halt schon ewig sehen will. Nichts groß Herausstechendes. Nichts Exotisches. Kein Afrika, wenig Lateinamerika oder Ozeanien. Gerade auch kein arabischer Film, aber mindestens einer muss sein, damit ich dann sagen kann, dass der Islam meine Filmliste usurpiert. Vielleicht gleicht die Freude, mit der ich auf den Plan gucke und mit ihm spiele auch der Zufriedenheit eines Norman Bates, der gerade das Badezimmer rein gemacht hat und nun kurze Zeit selig das Weiß betrachtet... um es mit Slavoj Zizek zu sagen. Kurz: vielleicht gibt es dem willkürlichen Sumpf des Filmschauens kurz einen Hauch eines Sinns... wie die Autobahn nach Brasilia, die zum Glück bald wieder vom Dschungel verschluckt wird.

Mit Plan gucken hat dabei auch den erfüllenden Vorteil, dass nicht aufgeschoben werden kann. "Heute vier Stunden Norte, The End Of History? Öhm oder doch wieder diesen kurzweiligen Film über Bowling, Sex und Amisch?" Keine Ausreden mehr und ich gucke auch, was ich entdecken möchte... oder was ich vielleicht sonst nie gucken würde. Das ist ja auch das Schöne an Kino- und Fernsehprogrammen. Entweder schauen oder es ist vorbei. Nehmen (was einen interessiert von dem) was kommt. Kein langes Stehen vorm Regal oder Blicken auf die Inhalte der Festplatte und überlegen, was es denn heute sein soll. Was zum heutigen Ich am besten passt. In der riesen Auswahl muss es doch was Perfektes geben... Nein, friss oder stirb als Chance, als Befreiung.

(Für diejenigen, die sich für sowas interessieren sollten, bei Fährmann Maria, Reise aus der Vergangenheit, Die Lady von Shanghai und vll auch Sindbad, der Seefahrer auf der nächsten Seite gibt es wohl Spoiler. Ich bin da kein Experte.)

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