Nina Bohlmann spricht über Kuckuckszeit

27.05.2009 - 15:16 Uhr
Kuckuckszeit
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Die Drehbuchautorin und Produzentin Nina Bohlmann verrät Hintergründe zu Kuckuckszeit.

Alles haben und alles verlieren: In dem Drama Kuckuckszeit geht um das, wovor viele in der derzeitigen Finanzkrise sich fürchten. Im Interview spricht Drehbuchautorin und Produzentin Nina Bohlmann über die Produktion ihres neuen Films, der am Mittwoch, den 27. Mai, um 20:15 im Ersten ausgestrahlt wird.

Sie sind nicht nur Produzentin dieses Films, von Ihnen stammt auch das Drehbuch. Woher kam der Impuls, sich mit dem Thema des sozialen Abstiegs zu befassen?

Wir haben einige Dokumentationen gesehen, in denen Familien und Ehepaare gezeigt wurden, bei denen das familieneigene Geschäft in die Insolvenz gegangen war. Was uns besonders auffiel, war das Verhalten der Ehepartner untereinander – die sichtbare Störung der Verbindung. Die Männer waren durch die Scham über das Scheitern geschwächt, die Frauen hatten ihre Männer vorher wahrscheinlich nie weinen sehen und wussten mit diesem „neuen“ Partner nicht umzugehen.

Das Buch entstand nach einer Vorlage von Inès Keerl. Beschreiben Sie uns die Etappen der Entstehung dieser Geschichte.

Wir haben die Idee zunächst Inès Keerl vorgeschlagen, da sie länger als Bänkerin gearbeitet hatte und sich im Kreditbereich auskannte. Dort hatte natürlich auch sie Erfahrung mit Kunden gemacht, bei denen sich Erwartungen nicht erfüllt und Träume in Albträume verwandelt hatten. Inès Keerl schrieb ein Exposé, mit dem wir unsere Redakteurin Daniela Mussgiller überzeugen konnten. Wir haben dann eine Weile gebraucht, um uns mit der Redaktion zusammen für einen Weg zu entscheiden, diese Geschichte zu erzählen: eine kleine Geschichte, schnörkellos und ein bisschen unerbittlich. Und die große Frage: Happy End oder nicht? Das haben wir lange diskutiert. Die erste Buchfassung haben wir dann an unseren Wunschregisseur Johannes Fabrick geschickt, mit dem wir zusammen die weiteren Fassungen entwickelt haben.

Geldsorgen und Insolvenzen – natürlich gab und gibt es diese Probleme schon immer, auch wenn das Thema heute aktueller denn je erscheint. Sie haben einen besonderen Zugriff darauf gefunden. Worauf wollten Sie das Hauptaugenmerk lenken?

Angeregt von den in den Dokumentationen gesehenen traurigen, mitunter verächtlichen Blicken der Frauen auf ihre verzweifelten Männer, haben wir uns für die Auswirkung einer solchen finanziellen Krise auf ein Paar interessiert. Wie gehen in einer halbwegs „klassischen“ Beziehung beide damit um? Und: Wie gehen die anderen mit ihnen um? Das ist allerdings ein Punkt, der sich gerade ändert. Vor ein paar Jahren noch hatte es für mich den Anschein, als hätten Menschen, die finanziell gescheitert sind, eine ansteckende Krankheit. Man hat sich von ihnen distanziert, als würde man selbst seinen Arbeitsplatz verlieren, weil man sich mit diesen „Losern“ aufhielt. Jetzt ist die Krise so offenbar und so umfänglich in ihren Folgen, dass sie sich auf nahezu jeden irgendwie auswirkt und so auch jeder Verständnis für den hat, der direkt betroffen ist. Aber wie wirkt sich das Ganze auf die partnerschaftlichen Beziehungen aus? Fliegen Bindungen jetzt vielleicht schneller auseinander, weil man die Erfahrung gemacht hat, dass eh auf nichts Verlass ist? Oder besinnen sich die Leute mehr auf das “Zuhause” und gehen eher kein Risiko ein, das aufs Spiel zu setzen? Womöglich bleiben jetzt Menschen zusammen, die sich vor wenigen Jahren noch getrennt hätten.

Gehören Sie zu den Autoren, die ihren Figuren gleich bestimmte Gesichter zuordnen?

Das kommt darauf an. Manche Geschichten entstehen aus einer Plot-Idee, und da ist es spannend zu sehen, wer dann auf die geschriebene Figur passt, und manchmal weiß man schon bei der Idee, wer spielen soll. Hier war es eine Mischung: Erst gab es die Idee für die Geschichte – bei der Drehbucharbeit war dann aber bald klar, wer die Hauptrollen übernehmen würde. Das ist natürlich hilfreich.

Wie sind Sie denn mit der Umsetzung der Geschichte zufrieden? Gab es beim Anschauen Überraschungsmomente für Sie?

Johannes Fabrick war ja schon bei der Bucharbeit sehr beteiligt, und so konnten wir sicher sein, dass wir dieselbe Vorstellung von dem Film hatten. Der Film ist so stringent und schnörkellos inszeniert, wie das Buch geschrieben ist. Und Inka Friedrich und Wotan Wilke Möhring spielen die beiden Hauptfiguren genau so, wie wir es uns vorgestellt hatten.

Da sie Produzentin und Autorin in Personalunion sind, liegt folgende Frage einfach nahe: Reizt es Sie nicht, auch mal auf dem Regiestuhl Platz zu nehmen?

Bei diesem Stoff hat mir die Zusammenarbeit mit Johannes Fabrick viel Freude bereitet: Die Buchentwicklung, die Beobachtung seiner Umsetzung, die Betrachtung des fertigen Films. Ich wäre zu keinem Zeitpunkt auf die Idee gekommen, die Geschichte lieber selbst zu inszenieren. Dazu kommt: Ich habe das Handwerk nicht gelernt. Aber, auch wenn jetzt jemand stöhnt, nun will sie auch das noch machen: Ja, würde ich gern mal!

Kuckuckszeit läuft am Mittwoch, den 27. Mai 2009, um 20.15 Uhr im Ersten.

Mit Material von ARD.

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