Community

Logan - Review

15.07.2017 - 23:39 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
The Last of Us: Logan und Laura
20th Century Fox, Marvel
The Last of Us: Logan und Laura
3
5

Was mir an "Logan" gefallen hat:

Der auf persönliche Konflikte heruntergebrochene Plot, der ohne Effektbombast und Overkillfinale auskommt und damit im aktuellen Superheldenkino eine Ausnahme darstellt. Charles, Logan und Laura reisen wie eine aus drei Generationen bestehende Familie quer durch die USA. Die X-Men sind tot, Logan hat dank der DoFP-Zeitreise all seine Freunde zweimal sterben sehen und muss mit seinen schwindenden Reflexen und Selbstheilungskräften fertigwerden. Wozu lohnt es sich noch zu kämpfen, wenn am Ende sowieso alles Aufgebaute zerbricht? Charles hat neben dem natürlichen Alterungsprozess - er ist mittlerweile 90 Jahre alt - mit der Tatsache zu kämpfen, dass ausgerechnet er an einer neurodegenerativen Krankheit erkrankt ist. Laura, die als Militärexperiment jahrelang eingesperrt war und deren bisheriges Leben durch Gewalt und Angst bestimmt wurde, erscheint hier wie ein zweigeteiltes Wesen. Zum Einen ist sie ein Kind mit kindlichem Spaß und großem Abenteuergeist für die Welt da draußen, die sie nie kennengelernt hat. Zum Anderen ist aufgrund des Militärexperiments aber eben auch Wolverines Tochter, die in Momenten der Wut, Angst oder Trauer ihrem tierischen Wesen freien Lauf lässt. Wer in seinem Leben zudem nur Gewalt erfahren hat, wird zur Lösung von Konflikten wahrscheinlich auch selbst Gewalt anwenden.

Die Radikalität und Brutalität, mit denen James Mangold hier zu Werke geht. Ich bin niemand, der unbedingt Gewalt in einem Film fordert und die bisherigen X-Men-Filme als Weichspüler bezeichnet, aber es ist doch ein erfrischendes und angenehmes Gefühl, Wolverine mal aus einer blutigeren Herangehensweise heraus zu betrachten. Zumal dies dem Finale bedeutend mehr Ausdruck und Endgültigkeit verleiht, als es in einem PG-13-Film möglich gewesen wäre. Zum Abschluss und nach 17 Jahren hat es Hugh Jackman mehr als verdient, genau so brutal wie in den Comics auftreten zu dürfen.

Das postapokalyptische und futuristische Westernsetting. Bisher spielten die X-Men-Filme zum Großteil entweder in der Gegenwart oder der Vergangenheit, die Zukunft wurde im Franchise abseits des DoFP-Plots noch nicht beleuchtet und dementsprechend beschreitet "Logan" hier abermals einen neuen und erfrischenden Weg. Das postapokalyptische Westernsetting korreliert mit dem Inhalt. Die Welt geht zu Ende und erscheint leer, ebenso wie Charles und Logans Leben zu Ende gehen und sie darin keinen wirklichen Sinn mehr sehen. Wenn man dies mit der Farbgebung des Films und den Autoverfolgungsjagden kombiniert, könnte "Logan" fast schon im "Mad Max"-Universum angesiedelt sein. Des Weiteren erinnert mich Logans Kampf gegen die sogenannten Reaver an "The Dark Knight Returns" und Batmans Kampf gegen die Mutanten. Logan und Batman sind beides gealterte Veteranen, die im Kampf auf einmal jüngeren und kräftigeren Burschen gegenüberstehen. Als Alphamännchen herrschten sie bisher über ihr Revier, nun wird ihnen diese Position streitig gemacht. Und je abgewrackter Hugh Jackman in dieser postapokalyptischen Westernzukunft aussieht, desto mehr trauere ich der Vorstellung nach, dass er in der kommenden "Der dunkle Turm"-Verfilmung einen perfekten Roland Deschain abgegeben hätte!

Die schauspielerischen Leistungen. Hugh Jackman und Patrick Stewart spielen so gut wie immer und dank Boyd Holbrook dürfen wir einen fiesen Schurken erleben. Die größte Überraschung und für mich das Highlight des Films: Dafne Keen als Laura Kinney bzw. X-23! Nicht nur die Action beherrscht sie, teilweise lässt sie sogar Jackman und Stewart im wahrsten Sinnes des Wortes alt aussehen.


Was mir an "Logan" nicht gefallen hat:

Der Handlungaufbau und die Laufzeit. Das klingt vielleicht etwas merkwürdig, aber trotz der oben erläuterten Ausnahmestellung im aktuellen Superheldenkino folgt "Logan" meiner Empfindung nach in früheren Filmen komplett ausgetretenen Pfaden. Die Handlung verläuft größtenteils überraschungsarm und vorhersehbar, was mir dementsprechend leider etwas die Begeisterung nahm. Zudem steht die Laufzeit von 140 Minuten in krassem Kontrast zur eigentlich sehr persönlichen und kleinen Geschichte. Auch auf kleiner, ruhigen Ebene kann ein Film aufgeblasen wirken, "Logan" hätte eine Kürzung von 20 Minuten denke ich sehr gut getan, Längen hätten so vermieden werden können.

Der Abschiedsgedanke und mangelnde Emotionalität. Vorab wurde ja bereits angekündigt, dass mit "Logan" Hugh Jacksam als Wolverine und Patrick Stewart als Charles Xavier aus dem Franchise verabschiedet werden. Ich hätte aber nicht damit gerechnet, dass es Mangold mit diesem Abschiedsgedanken dermaßen übertreiben kann. In jeder Szene wird man daran erinnert und wie ein Witz, den man ständig erzählt bekommt, läuft sich dies irgendwann tot und der Effekt verfehlt sein Ziel. Als es dann schließlich zu den beiden Abschiedsszenen kam, war ich schon so abgehärtet, dass mir die eigentlich sehr emotionalen Momente nicht mehr viel bedeuteten. Nicht nur das, des Weiteren werden die beiden Abschiede mehr oder weniger nebenbei eingefügt. Charles Abschied ist Teil einer Actionszene, in der allerdings Logan im Fokus steht. Und bevor man Logans Abschied wirklich begreifen kann, endet der Film und es folgt ein 08/15-Abspann mit fröhlicher Musik. 17 Jahre Hugh Jackman als Wolverine und dann so ein stinknormaler Abspann? Das hat schon "Harry Potter"-Kaliber!

Der Bruch mit der neuen X-Men-Trilogie (First Class, DoFP, Apocalypse). "Days of Future Past" endet 2023, "Logan" setzt 2029 ein. Sechs Jahre, in denen die Welt vor die Hunde geht, nahezu sämtliche Mutanten sterben und Logan und Charles sich zu körperlichen und geistigen Wracks entwickeln. "Logan" macht dies keineswegs zu einem schlechteren Film, auf das DoFP-Ende wirft diese Entwicklung jedoch ein Licht, welches mir nicht wirklich zusagt. Es fühlt sich einfach falsch an, dass sich bereits sechs Jahre nach dem Happy End alles so zum Negativen entwickelt haben soll. Meiner Meinung nach hätte "Logan" in dieser Hinsicht 20-30 Jahre nach dem DoFP-Ende spielen müssen. Die neue Trilogie gibt mir mit seinen evolutionswissenschaftlichen und politischen Kommentaren bedeutend mehr als "Logan", der sich "nur" bzw. primär auf persönlicher Ebene abspielt. Aufgrunddessen merke ich, wie ich mich innerlich automatisch etwas von diesem Wolverine-Solofilm distanziere.


Alles in allem überwiegen zwar die positiven Aspekte, aber aufgrund der negativen Punkte kann ich nicht komplett in die Lobeshymnen einstimmen. 6-7/10 Punkten.


Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News