Interview zum Stand des deutschen Genre-Films

20.12.2012 - 08:50 Uhr
Du hast es versprochen
Falcom Media GmbH
Du hast es versprochen
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Im gemütlichen Café-Wohnzimmer im Prenzlauer Berg trafen wir Regisseurin Alexandra (Alex) Schmidt und Hauptdarstellerin Mina Tander und sprachen mit ihnen über ihren Mysterythriller >Du hast es versprochen<.

Du hast es versprochen startet heute in den deutschen Kinos und ist das Debüt von Alex Schmidt, mit Mina Tander in der Hauptrolle. Der Film war der einzige deutsche Beitrag auf dem 69. Filmfestival Venedig, wo er seine Weltpremiere in einem Mitternachtsscreening feierte. Im Interview berichten die beiden jungen Frauen über das Abenteuer Debütfilm, die Probleme des Deutschen Films und was mit ihm so wahnsinnig schief läuft.

mp: Wie kam denn die Story/ die Idee zu Du hast es versprochen zustande?

A: Wir sind eine Gruppe, sprich mein Musiker, mein Sounddesigner, mein Autor und ich. Wir schauen immer gemeinsam Horrorfilme. Und nach einem Bier sagten wir in die Runde: Lasst uns einen Kurzfilm machen – einen Horror/Mystery-Kurzfilm. Das Drehbuch dazu fand aber die Produzentin so toll, dass sie einen Langfilm daraus machen wollte.

mp: Wieso das Genre Horror/Mystery?

A: Naja, ich schaue mir das nun mal gerne an.

mp: Was war für euch der entscheidende Motor an diesem Projekt teilzunehmen – eine Geschichte erzählen, bei der die Realität auf den Kopf gestellt wird?

M: Ich mochte das Thema sofort und außerdem war das Drehbuch überzeugend, spannend und atmosphärisch dicht – das hat man nicht immer (lacht). Und die Frauenfigur mag ich sehr; sie ist komplex und mal anders; als sonst in der deutschen Film- und Fernsehlandschaft.

A: Realismus ist mir oft einfach zu langweilig. Es ist weitaus spannender die Realität zu überhöhen und eine etwas andere Welt zu erzählen.

mp: Wie hoch war das Budget?

A: Es lag ca. bei 1,6 Millionen Euro.

mp: Das ist ja schon ganz schön…

A: … viel? Für ein Debüt ist es sicherlich nicht schlecht, aber für einen Genre-Film sehr wenig. Wir haben auch für jeden Cent hart gekämpft, gestritten, argumentiert und und und. Das andere Problem war natürlich, dass man in Hamburg mit einem Kurzfilm seinen Abschluss macht und man bei mir somit natürlich noch nicht wusste, ob ich überhaupt einen Langspielfilm stemmen kann – im Gegensatz zu anderen Filmschule, bei denen man mit einem Langspielfilm seinen Abschluss macht. Es war auf jeden Fall wenig. Aber jammern tut doch jeder (lacht).

mp: Wo bestand die für euch die größte Herausforderung im Horror-Genre?

A: Ich fand´s schwierig. Ich hatte auch nicht viel Erfahrung – gerade wie man mit Effekten umgeht. Wir hatten einige Stunts und natürlich viel Blut. Es war ein spannender Austausch mit dem VFX-Team. Was wird am Set gedreht? Was wird später digital hinzugefügt? Und viele andere Fragen stellten sich mir.

M: Für mich bestand die Herausforderung darin, dass man die spannungserzeugenden Momente in den Szenen differenziert. Das es eben nicht nur beim Effekt bleibt, der dem Zuschauer entgegenkommt, sondern dass man das auch für die Figur emotional und logisch, sprich stimmig löst.

mp: Habt ihr euch zur Vorbereitung viele Horror-Filme angeschaut?

A: Ich habe an sich sehr viele bereits gesehen. Und hierfür habe ich noch mal explizit nach Filmen aus diesem Genre gesucht, in dem Frauen eben auch als Heldenfiguren zu sehen sind. Natürlich fand ich sehr wenige…

mp: …wieso unbedingt Frauen?

A: Ich wollte eine Geschichte erzählen, bei der nicht eine Scream-Queen bereits nach Minuten stirbt, oder die Frauenrolle ein kleines Opfer, das sich sofort im Bad versteckt, ist. Im asiatischen Raum ist auch meist die Frau mit langen schwarzen Haaren das Monster bzw. das Böse per se. Und etwas dazwischen zu finden, war eben gar nicht einfach.

M: Ich kannte im Vorfeld nicht sehr viele Horrorfilme, aber Alex hatte uns eine große Liste gemacht (beide lachen). Und hiervon habe ich mir dann einige Filme angeschaut.

mp: Wie seht ihr beide den deutschen Film im Vergleich zum internationalen?

M: Du bist die Regisseurin, Alex, sag mal was dazu…

A:… Ich mag den deutschen Film. Wenn man ihn in Schubladen packt, sagt man immer: Was funktioniert sind die Komödien, wie Bully und Schweiger sie machen. Und dann gibt es eben noch das Arthouse-Kino. Und dazwischen ist ziemlich wenig Raum. Es gibt kein anderes Genre, das so viel Erfolg bringt. Deshalb heißt es auch immer, dass sich das nicht verkauft und natürlich hat dann auch niemand Mut. Ich denke, wenn sich die richtigen Leute trauen würden, dann würde es auch funktionieren. Wir können nur hoffen, dass das auch mal passiert und wir nicht nur in den beiden Sparten, Komödie und Arthouse stecken bleiben. Sonst habe ich hier verloren (lacht).

M: Dem kann ich nur zustimmen. Es sind eben Komödien, die an der Kasse klingeln und auch Stoffe um das Dritte Reich. Da sind natürlich viele gute Filme dabei, aber ich würde es eben noch spannender finden, wenn es mehr Vielfalt geben würde. Es ist Mut zur Investition erforderlich und ganz besonders auch in die Vermarktung von Filmen. Das wird, meiner Meinung nach, zu sehr unterschätzt…

A:…Oh ja! Das wird extrem unterschätzt. Ich kann nicht nachvollziehen, wieso das Marketing von Filmen so sehr unterschätzt wird…

mp:…gerade in Deutschland. Da stecken wir noch in Kinderschuhen…

M:…Es wird eben nur Geld ins Marketing investiert bei Filmen, die bereits Erfolg versprechen – wie eben die Komödie. Andere Filme, die etwas Neues und Gewagteres versprechen, haben dann nicht das Geld, um ein großes Publikum auf sich aufmerksam zu machen.

mp: Willst du als junge Regisseurin auch im Ausland Fuß fassen – wo es mit der Vermarktung vielleicht besser funktioniert?

A: Ich möchte spannende Drehbücher verfilmen. Sollte es in Amerika, Spanien oder Frankreich sein, dann würde ich da auch hingehen und drehen. Mir liegt natürlich viel daran, in Deutschland weiterhin Filme zu machen und von hier spannende Drehbücher zu bekommen. Aber wenn ich hier nichts bekomme, dann mache ich es wo anders.

mp: Was hast du aus deinem Debüt gelernt?

A: (lächelt) Ich habe wahnsinnig viel gelernt. Ich saß jetzt fünf Jahre an diesem Film und das benötigt eben viel Ausdauer und Kraft. Deine eigene Vision ständig gegen jegliche Instanzen durchzusetzen, das zum Ende hin immer krasser wird, ist eben keine einfach Sache. Ich habe gelernt, bei welchen Entscheidungen es sich lohnt, mehr Zeit zu investieren und bei welchen es reine Energieverschwendung ist – sowohl in der Vor- und Nachproduktion, als auch am Set. Und eben auch rigoros >Nein, das mache ich nicht< zu sagen und mit den Konsequenzen umzugehen.

mp: Hast du einen Rat, den du anderen jungen Filmemacher, die vielleicht schon bald vor ihrem ersten Langspielfilm stehen, mitgeben möchtest?

A: Man sollte die Filme machen, die man sich selber gerne im Kino anschaut.

Genug der Worte – hier die Bilder:

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