Homophobie - Brett, Bushido & bescheuerte Apps

12.11.2011 - 09:01 Uhr
Gay is ok, Brett & Bushido
UPI/Constantin Film/moviepilot
Gay is ok, Brett & Bushido
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Zum Glück leben wir in Zeiten, in denen die Menschen tolerant, aufgeschlossen und vorurteilsfrei sind! Moment, ich hab ja noch meine Naivitätsbrille auf. Nachdem ich diese nun abgenommen habe, sieht die Welt ganz anders auf und lässt die Galle hochkommen.

Ich habe heute sicherheitshalber noch einmal auf den Kalender geguckt: Tatsache, wir haben das Jahr 2011. Diese Woche erweckte jedoch vielmehr den Eindruck, als ob das 21. Jahrhundert für viele Zeitgenossen noch in weiter, sehr weiter Ferne liegt, denn ganz offensichtlich können sich etliche Menschen nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass Homosexuelle völlig gleichberechtigte Mitglieder unserer Gemeinschaft sind. Eine solche Haltung ist im Privaten schon inakzeptabel, wird sie jedoch von Prominenten in aller Öffentlichkeit vertreten, ist die Wirkung fatal.

Nicht nur der Skandal um Brett Ratner, sondern auch eine Auszeichnung für einen bekennenden Schwulenhasser sowie Apps, die unglaublicher kaum sein könnten, sind der diesmalige Antrieb für den Aufreger der Woche.

Ratners Brett vor’m Kopp
Brett Ratner ist ein Grasdackel. Leichtfertig hat er die Chance, die Oscar-Preisverleihung zu produzieren, verschenkt. Nein, er hat sie in den Sand gesetzt, da er sein Maul zu weit aufgerissen hat. Nicht nur, dass er in der Radioshow von Skandalnudel Howard Stern und bei einer Fragerunde zu seinem neuen Film Aushilfsgangster versucht hat, durch peinliche Erzählungen rund um sein Sexualleben witzig zu sein, er war auch noch so dämlich, abwertende Bemerkungen in Richtung Homosexueller zu machen. Das spicht nicht für Brett Ratner und konsequenterweise wurde ihm der prestigeträchtige Job weggenommen. Wer in der Öffentlichkeit steht, der sollte seine Worte nicht überdenken, sondern <i<muss dies zwingend tun. Dass Brett Ratner jedoch wahrscheinlich trotzdem kein Schwulenfeind ist, sondern seine Aussage “Proben sind etwas für Schwuchteln” dem – und das ist viel eher ein Grund zur Besorgnis – gesellschaftlichen Sprachduktus zuzurechnen ist, verharmlost in diesem Fall zwar nichts, rettet jedoch ein wenig seine Ehre.

Buh, Bushido!
Das gilt für andere Prominente allerdings nicht. Das selbsternannte Berliner Ghettokind Bushido bekommt wegen seines Integrations-Engagements allerorten die Schulter getätschelt und ein Bambi ist für diesen herzensguten Menschen auch drin. Was allerdings stets vergessen wird, ist die offene Antihaltung Bushidos, wenn es um Personen mit gleichgeschlechtlichen Neigungen geht. Er hetzt gegen Schwule in seinen Liedtexten, gibt in Interviews zu Protokoll, dass er Homosexuelle ablehnt und er beleidigt sie – wofür er sich schon vor Gericht verantworten musste. Kein Wunder, kritisiert der Lesben- und Schwulenverband die Auszeichnung eines solchen Mannes. Fans des Rappers sehen das natürlich nicht so eng, sie verharmlosen seine Haltung. Zeilen wie “Du bist eine Schwuchtel, wie Dreck auf dem Boden” sprechen jedoch eine deutliche Sprache, da gibt es nichts zu relativieren.

Schwulenfeindlichkeit per App
Innerhalb einer schlappen Woche müssen wir jedoch feststellen, dass Homophobie oder zumindest eine unterschwellig negative Einstellung Schwulen gegenüber allgegenwärtig ist. Wer immer noch nicht davon überzeugt ist, dass einiges im Argen liegt und wir als Gesellschaft es ganz offensichtlich bisher nicht geschafft haben, unsinnige Vorurteile zu überwinden, der sollte sich die Meldungen über verschiedene Apps angucken. Anfang des Jahres kursierte eine Anwendung namens “Exodus International-App”" im Apple-Store. Sie sollte der Heilung Homosexueller dienen und stammte von einer fundamentalistischen christlichen Organisation. Auf sein Android-Smartphone konnte man sich eine App laden, die Eltern verraten soll, ob der Nachwuchs schwul ist.

Ständig gibt es Nachrichten, die einen darauf aufmerksam machen, dass ein normaler Umgang mit Homosexualität noch nicht stattfindet. Sicherlich wird Brett Ratner zum Rücktritt aufgefordert, Bushido öffentlich kritisiert und die Apps werden entfernt. Aber damit verschwindet nicht das eigentliche Problem, sondern es wird nur oberflächlich Schadensbegrenzung betrieben. Dass Brett Ratner das Wort “Schwuchtel” als Beleidigung nutzt und Bushido trotz seiner Ausfälle geehrt wird, bereitet den Boden für ein solches Denken und letztlich auch für solche Apps. Prominente finden öffentlich Gehör, also sollten sie stets darauf bedacht sein, das Richtige zu sagen. Ist das erst mal bei jedem angekommen, ist ein Aufreger der Woche künftig nicht mehr notwendig.

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