Halle Berry - Eine Oscargewinnerin gefangen in der Mittelmäßigkeit

02.09.2017 - 09:20 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
Halle Berry als Ginger in Kingsman: The Golden Circle20th Century Fox
10
6
Nach ihrem Oscargewinn 2002 avancierte Halle Berry zu einer der bestbezahltesten Schauspielerinnen Hollywoods. Doch die Rollenauswahl ließ zu wünschen übrig. Schafft sie es durch Filme wie Kingsman 2: The Golden Circle zurück an die Spitze?

In den USA können Fans der Schauspielerin Halle Berry diese derzeit in dem Thriller Kidnap sehen. Den Kritiken zufolge bin ich nicht der einzige, der sich den gesamten Film über fragte, was der Hollywood-Star Halle Berry in einem qualitativ dermaßen schlechten C-Thriller zu suchen hat. Es muss doch mehr Rollen geben, als solche, oder? Halle Berry schrieb in ihrer Karriere oftmals Geschichte, sei es bei der Miss World-Wahl oder den Academy Awards. Nachdem sie 2002 den Preis in der Kategorie Beste Hauptdarstellerin gewann, schienen ihre Möglichkeiten schier endlos. Doch irgendwie gelang es ihr nicht sich als Box Office Draw oder erfolgreiche Drama-Schauspielerin in der Stadt der Reichen und Schönen zu etablieren. Am 21.09.2017 erscheint hierzulande Kingsman 2 - The Golden Circle. Die Fortsetzung des Überraschungs-Hits aus dem Jahr 2014 bedeutet eine Rückkehr zum Action-Blockbuster für die X-Men-Darstellerin. Könnte sie somit zurück auf die A-List gelangen?

Schönheitswettbewerbe und New York

Halle Berry ist die Tochter einer weißen Mutter und eines afroamerikanischen Vaters. Nach der Trennung ihrer Eltern wuchs sie mit einer älteren Schwester bei ihrer alleinerziehenden Mutter auf. In den 1980ern begann Halle Berry, an Schönheitswettbewerben teilzunehmen und trat 1986 bei dem Miss World-Pageant für die USA an. Sie war die erste afroamerikanische Teilnehmerin , die je an diesem Schönheitswettbewerb teilnahm. Sie beendete ihn auf dem 6. Platz.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle findest du einen externen Inhalt von YouTube, der den Artikel ergänzt. Du kannst ihn dir mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.

YouTube Inhalte zulassenMehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Ende der 1980er zog Halle Berry nach New York City, um dort ihrem Karrierewunsch der Schauspielerei nachzugehen. Wie für viele andere kam der Durchbruch für Berry nicht sofort und sie verriet in einem Interview mit People , dass sie für eine kurze Zeit in einem Obdachlosenheim unterkam. Trotz dieser harten Zeit kam ein Aufgeben für sie nie in Frage.

Ein erster Durchbruch in Film und Fernsehen

Halle Berry musste nicht lange warten, bis sie einen ersten Fuß in die Schauspielerei-Tür bekam. Nach einigen Rollen in TV-Serien erschien sie 1991 in gleich drei Kinofilmen. Ihr Film-Debüt hatte sie als Drogensüchtige in Spike Lees Jungle Fever. 1992 spielte sie Eddie Murphys Love Interest in der romantischen Komödie Boomerang. Der Film spielte weltweit 130 Millionen Dollar ein und war ein erster Durchbruch für Halle Berry.

Halle Berry und Eddie Murphy in Boomerang

1993 kehrte sie als Tochter einer Sklavin in der Historien-Mini-Serie Queen ins Fernsehen zurück. Nach einer Drogensüchtigen spielte sie hier erneut eine Klischee-Rolle, die leider für afroamerikanische Schauspielerinnen vorbestimmt zu sein scheint. Es folgte eine weitere im darauffolgenden Jahr. 1994 erschien sie als exotische Steinzeit-Femme Fatale in dem bis dato erfolgreichsten Film ihrer Karriere, The Flintstones - Die Familie Feuerstein. 1995 mimte sie in Losing Isaiah an der Seite von Jessica Lange eine - dieses Mal - ehemalige Drogensüchtige, die um das Sorgerecht ihres Sohnes kämpft.

"Oh Toto, Dorothy is a Star!"

Ihr finaler Durchbruch gelang Halle Berry 1999 in dem HBO-Film Rising Star. In diesem, von ihr mit produzierten, Film mimt Berry Dorothy Dandridge, die 1955 als erste afroamerikanische Schauspielerin für den Oscar in der Kategorie Beste Hauptdarstellerin nominiert wurde. Halle Berry sieht viele Parallelen  zwischen Dandridge, die zwischen den 1940er und 1960er Jahren versuchte, in Hollywood Fuß zu fassen, dies aber aufgrund ihrer Hautfarbe nie wirklich schaffte, und sich selbst.

In Hollywood ist kein Platz für Leading Ladys wie uns [schwarze Frauen]. Mein Kampf ist sehr ähnlich wie der von [Dorothy Dandridge]. Wir beide versuchten, uns eine Nische zu bauen. Und obwohl sie mir die Tür öffnete, (...) bin ich nach wie vor in derselben Situation, wie sie es damals war.
Halle Berry als Dorothy Dandridge

Dorothy Dandridge öffnete Halle Berry tatsächlich weitere Türen. Für ihre Darbietung in dem Biopic über das Leben der Schauspielerin gelang Halle Berry das, was Dandridge genau 40 Jahre zuvor verwährt blieb: sie gewann einen Golden Globe. Zusätzlich konnte sie einen Emmy und SAG Award einheimsen.

Blockbuster, Oscar, Blockbuster

2000 erschien Halle Berry in ihrem ersten richtigen Blockbuster. In X-Men - Der Film spielt sie Ororo Munroe a.k.a. Storm, eine Mutantin, die das Wetter manipulieren kann. Der Film war ein weltweiter Erfolg und etablierte Berry - neben einer ernstzunehmenden Schauspielerin - auch als Actionheldin. 2001 spielte Halle Berry die Hauptrolle in dem Drama Monster's Ball. Es sollte ihr größter Erfolg bis heute werden. Bei den Oscars 2002 erhielt sie den Preis in der Kategorie Beste Hauptdarstellerin und wurde so zur ersten - und bislang einzigen! - afroamerikanischen Frau, der diese Ehre zuteil wurde. Der gesamte Saal ehrte sie zudem mit einer Standing Ovation - bevor sie scheinbar obligatorisch wurden - und bei ihrer Dankesrede, die um die Welt ging, sahen wir einige feuchte Augen im Publikum.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle findest du einen externen Inhalt von YouTube, der den Artikel ergänzt. Du kannst ihn dir mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.

YouTube Inhalte zulassenMehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

In X-Men 2 aus dem Jahr 2003 wurde ihre Figur Storm auf den Wunsch der Produktionsfirma  erweitert, da Halle Berry durch ihren Oscar-Gewinn weltweit bekannt geworden ist. Zusätzlich erschien sie als Bond-Girl in James Bond 007 - Stirb an einem anderen Tag.

Der Super-Flop im Alleingang

2004 bekam Halle Berry in Catwoman die Chance, einen Blockbuster-Film alleine zu tragen. Berry ist nach der Original-Katzenlady Eartha Kitt die zweite afroamerikanische Schauspielerin, die Batmans Gegenspielerin mimt. Der Film erwies sich sowohl beim Publikum als auch bei den Kritikern als Super-Flop. Berry erhielt eine Gage von 12,5 Millionen Dollar für ihre Darbietung in Catwoman, der bei einem Budget von 100 Millionen Dollar weltweit 82,1 Millionen Dollar einspielte. Die Leistung von Berry wurde ebenfalls kritisiert, wie zum Beispiel von Dana Stevens von der New York Times .

[Halle Berry] übertreibt Patiences [Anm.d.Red.: der richtige Name der Catwoman] exzentrische Schüchternheit und dann, um dies zu kompensieren, übertreibt sie wiederum Catwomans charmantes Selbstbewusstsein. Sie schwingt ihre Hüften und presst ihre Lippen nach vorne, als würde sie versuchen Pepe le Pew [das Stinktier aus den Looney Tunes] zu verführen.
Catwoman: "Got Milk?"

Roger Ebert  sah den Fehler beim Regisseur, der Berry lediglich als Sex-Symbol inszenierte und keine Gelegenheit gab, ihrem Charakter Tiefe zu geben.

[Berry] verbringt viel Zeit auf allen Vieren und sorgt damit für eine ungehörige Dankbarkeit für ihr Dekolleté.

Es wird eine Mischung aus beidem gewesen sein, die Halle Berry die Goldene Himbeere als schlechteste Schauspielerin einbrachte. Als eine von wenigen "Gewinnern" erschien sie bei der Preisverleihung und zeigte Humor, als sie ihn, in der Begleitung ihres Oscars, entgegennahm. Sie imitierte ihre eigene Oscar-Dankesrede und lief eine sehr schmale Linie zwischen Witz und Unverschämtheit, als sie das Team von Catwoman disste.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle findest du einen externen Inhalt von YouTube, der den Artikel ergänzt. Du kannst ihn dir mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.

YouTube Inhalte zulassenMehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

The Halle Berry Effect

Halle Berry ist nicht die erste und wahrlich nicht die letzte Schauspielerin, die ihren Oscargewinn nutzt, um höhere Gagen zu verdienen und Filme alleine zu tragen. Das große Geld ist in Blockbustern zu finden und die 2000er waren das Jahrzehnt, in dem sich Frauen in Horrorfilmen gegen böse Geister wehren mussten. So war Halle Berry in den Jahren nach ihrem Oscargewinn in Catwoman und dem Kritiker-Flop Gothika zu sehen. Kurz vor den Oscars 2013 widmete sich Indiewire dem "Oscargewinner machen schlechte Filme"-Phänomen und nannte dies den Halle Berry Effect . Die Filmseite ist nicht die einzige, der auffiel, dass Halle Berry durch diverse Karriere-Fehlentscheidungen schnell nicht mehr in der Lage war, ihre Oscar-Statuette hochzuhalten und zu sagen: "Ich habe einen Oscar, ich bin ein Star! Gebt mir Geld und Filme!" 2006, zwei Jahre nachdem Catwoman ihre Karriere ins Stocken brachte, zeigte sich Halle Berry nochmals in der Rolle der Storm. In X-Men: Der letzte Widerstand wurde ihre Rolle nochmals vergrößert. Die Kritiken waren mäßig, an den Kinokassen war der letzte Teil in der ersten Trilogie aber ein großer Erfolg.

X-Men: The Last Stand

Die Präsenz ihrer Figur wirkte in diesem Film, wie schon auch in X-Men 2, etwas unnatürlich. Erst kürzlich schaute ich mir die erste Trilogie nochmals an und las, dass Berry darauf bestand ihre Rolle zu vergrößern. Leider gestattete ihr das Drehbuch trotzdem nicht, ihrer Figur die Tiefe zu geben, die zum Beispiel Jean Grey mit einer kleineren Rolle bekam.

Gefangen in der Mittelmäßigkeit

Nach dem Erfolg von X-Men: Der letzte Widerstand schaffte es Berry weiterhin nicht sich als Leading Lady zu etablieren. Der Mysterythriller Verführung einer Fremden mit Bruce Willis floppte bei Kritikern und Zuschauern, mittelmäßige Dramen wie Things We Lost in the Fire oder Frankie and Alice bargen wenig Überraschungen und es gelang Berry nicht, neue Facetten zu zeigen. 2012 spielte sie die Hauptrolle in dem Taucher-Hai-Thriller-Drama Dark Tide (Drama, weil Halle Berry es sich nicht nehmen ließ, ihre emotionalen Bandbreite zur Schau zu stellen), der weltweit 432.000 Dollar einnahm. Am Set von Dark Tide lernte sie den französischen Schauspieler Olivier Martinez kennen, mit dem sie eine Beziehung begann. Über mehrere Monate dominierte zu dieser Zeit Berrys Privatleben die Schlagzeilen, da ein bitterer Sorgerechtsstreit zwischen ihr und ihrem Ex-Mann und Vater einer gemeinsamen Tochter ausbrach. Zwischen diesem und Martinez soll es zu einer Prügelei  gekommen sein, als vor einem Gericht entschieden wurde, dass Berry nicht mit Martinez und ihrer Tochter nach Frankreich ziehen darf. Im selben Jahr bewies sie - zum ersten Mal in einer langen Zeit - Mut zur Abwechslung und spielte in dem Sci-Fi-Epos Cloud Atlas - Alles ist verbunden mit. Sie glänzte in dem Film der Wachowski-Schwestern an der Seite von Tom Hanks, durch eine naturalistische schauspielerische Darbietung und bewies eine hohe Wandelbarkeit, was ihr leider oft verwehrt blieb.

Cloud Atlas: Halle Berry in einer von vielen verschiedenen Rollen

Cloud Atlas war ein Kassenflop, die Meinungen der Kritiker spalteten sich. 2013 folgte die Hauptrolle in dem trashigen B-Thriller The Call - Leg nicht auf!, der sich zu einem Überraschungshit mauserte.

Die Flucht ins Fernsehen und die Frage, was als Nächstes kommt

Wie viele andere Schauspielerinnen, die auf der großen Leinwand - aufgrund ihres Alters oder ihrer Hautfarbe - ein mangelndes Rollenagebot zu beklagen haben, wagte Halle Berry den Schritt in die Serien-Landschaft. Über zwei Staffeln spielte sie die Hauptrolle in der Science-Fiction-Serie Extant auf CBS. Die Serie erhielt hauptsächlich wohlwollende Kritik, wurde aber nach einem Quoten-Absturz zwischen der 1. und 2. Staffel nach 26 Episoden abgesetzt. In den USA läuft derzeit der trashige Mutter-sucht-Kind-Thriller Kidnap, in dem Halle Berrys Sohn entführt wird. Was der vielleicht schlechteste Film ihrer Karriere und dieses Jahres ist (sorry, Emoji - Der Film) markiert ein neues Tief für Halle Berry. Das Skript ist mindestens zur Hälfte mit Schuld an dem desaströsen Film. Halle Berrys hysterisches Schauspiel generiert zusätzlich Lacher, da sie Kidnap tatsächlich ernst zu nehmen scheint, dabei aber nicht in eine unterhaltsame Campiness vorstößt. Aufgrund des grausigen Drehbuchs muss sie in zitternder Stimme (die sehr an ihren Oscar-Gewinn erinnert) den Zuschauern erzählen, was sie nun vorhat und wie sie sich fühlt. Es ist zugegebenermaßen möglich, dass sie so von dem miserablen Drehbuch abzulenken versucht, gelingen tut ihr dies unglücklicherweise nicht.

Kidnap: geweitete Augen und flatternde Nasenflügel

Ab dem 12.09.2017 können deutsche Fans von Halle Berry diese in Kingsman: The Golden Circle im Kino sehen (am selben Tag erscheint übrigens auch Kidnap auf DVD). Wie groß ihre Rolle im Action-Sequel letztlich ist, lässt sich aus den Trailern nicht erkennen. Es scheint aber ein kluger Karriere-Schachzug zu sein, erneut den Weg nach Hollywood durch ein - sowohl bei Kritikern, als auch bei Zuschauern - erfolgreiches Franchise zu finden. Zudem beendete sie dieses Jahr die Dreharbeiten an Kings, dem ersten englischsprachigen Film von Deniz Gamze Ergüven, der Regisseurin des oscarnominierten Dramas Mustang. Anhand der natürlichen Darbietungen in Mustang könnte Ergüven die richtige Regisseurin sein, um Berry ihr bereits zur Schau gestelltes naturalistisches Schauspiel zu entlocken. Es wäre ihr gegönnt.

Wie findet ihr Halle Berry?

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News