Fack ju GEMA - Nun werden wir zur Kasse gebeten

08.02.2014 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Fack ju GEMA - Nun werden alle zur Kasse gebeten
YouTube/moviepilot
Fack ju GEMA - Nun werden alle zur Kasse gebeten
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Da Google und die GEMA sich bis heute in der ewigen Streitfrage um angemessene Rechtsvergütung nicht einigen konnten, nahm die Verwertungsgesellschaft eine neue Kuh ins Visier und könnte damit Deutschland zurück ins digitale Mittelalter katapultieren.

Der Dienst der GEMA am deutschen Volk, den undurchsichtigen Video-Dschungel auf YouTube zu lichten, ist seit Jahren ein voller Erfolg. Die enge Kooperation zwischen der Verwertungsgesellschaft und der Videoplattform könnte in ihrem Bestreben, uns deutsche User von zu vielen abrufbaren Onlinevideos zu schützen, kaum erfolgreicher sind. Nun beabsichtigt die GEMA – um es mit den Worten von Marvel zu sagen – in Phase 2 einzutreten und hat sich dazu etwas besonders Raffiniertes ausgedacht. Ihre Idee: Lizenzgebühren für eingebettete Videos. Ein Aufreger der Woche über geniale Ideen.

AKM, GEMA, EU, GIF
Die GEMA stellt es sich folgendermaßen vor: Jedes Video, das urheberrechtlich geschütztes Material enthält und über Einbettungscode auf Webseiten Dritter geteilt wird, soll von den entsprechenden Seiten bezahlt werden. Die Sprecherin der GEMA sagte hierzu: “Im Gegensatz zu einfachen Hyperlinks, die für uns keine relevante Nutzungshandlung darstellen, sollte Embedded Content lizenziert werden. Denn hier ist für den Nutzer nicht klar ist, dass die Datei von einer anderen Seite stammt.” Kurzum, die tausenden Videos die täglich auf Facebook geteilt werden und jedes einzelne, eingebettete YouTube-Video auf jedem deutschen Blog, in jedem Forum, Webseite oder Sozialem Netzwerk würde in den Augen der Verwertungsgesellschaft Gebühren für die Seitenbetreiber nach sich ziehen. Besonders Internetfirmen wie moviepilot hätten unter einer solchen Gebührenlast stark zu leiden. Das deutsche Internet wird quasi über Nacht zurück in die 90er-Jahre und somit ins tiefste, digitale Mittelalter gebombt.

Doch bleiben wir fair. Diese tollkühne Idee – so vollkommen webfremd und das Neulandklischee bestätigend sie auch ist – wuchs ursprünglich nicht auf dem Misthaufen der GEMA, sondern dem österreichischen Pendant der AKM, die sich für eine Vergütungspflicht eingebetteter Videos stark macht. So stark, dass sie ihren 20.000 Mitglieder vorausgefüllte Fragebögen und Antwortschreiben schickte. Fragebögen, die eine EU-Kommission herausgab, die den Stein des Anstoßes bildet. Die Kommission führt zur Zeit eine öffentlichen Konsultation von Interessenvertretern zum europäischen Urheberrecht durch. Das Ziel: “Input von allen Interessenvertretern zur Überprüfung der Regeln zum EU-Urheberrecht zu sammeln”, was die AKM auf den Plan rief. Und anschließend den deutschen Golem unter den Verwertungsgesellschaften auf sich aufmerksam machte.

Leistungsschutzrecht lässt grüßen
Bruno Kramm, Themenbeauftragter für Urheberrecht und Listenkandidat für die Piratenpartei Deutschland zur Europawahl hat sich kurz nach der Bekanntgabe erwartungsgemäß kritisch geäussert: “Jetzt hat die GEMA die Blogger- und Netzszene als neue Melkkuh entdeckt. Dass die GEMA Lizenzen für die Einbettung von YouTube-Videos und audiovisuellen Medien, die über andere Anbieter gestreamt werden, nehmen möchte, ist schon ein starkes Stück. So wird nämlich jedes Forum, Blog, Website und Profil in den sozialen Netzwerken allein dafür finanziell bestraft, dass es – wenn auch mit der Einbettung visuell angezeigt – auf ein Video weiterleitet, was weiterhin auf der Videoplattform – wie YouTube – liegt. Denn um mehr geht es nicht. Es ist kaum zu übersehen, dass hier das unselige Leistungsschutzrecht für Presseverleger, das letztes Jahr von CDU, FDP und SPD trotz großen Widerstands aus der Zivilgesellschaft durchgepeitscht wurde, Pate gestanden hat. Als wäre alles nicht schon schlimm genug, müssen wir davon ausgehen, dass das Vorgehen der GEMA nicht nur für Internetnutzer in Deutschland, sondern in ganz Europa, kostspielig werden wird. Denn aktuell wird auf europäischer Ebene eine EU-Richtlinie verhandelt, die europaweite Lizenzierungen ermöglichen soll. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die GEMA damit im Grunde auch gleich alle Blogger europaweit abkassieren kann.”

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