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Eminem - Recovery

24.02.2016 - 19:46 Uhr
Rap God 0.5
Aftermath
Rap God 0.5
9
5
Guess who's back? No, not Shady...

Jahr: 2010

Genre: HipHop

Singles: Not Afraid, Love the Way You Lie, No Love, Space Bound


Nach dem Erfolg, den Eminem mit seinen Alben "The Slim Shady LP", "The Marshall Mathers LP" und "The Eminem Show" feierte, konnte "Encore" die hohen Erwartungen der Fans und Kritiker nicht erfüllen. Auch von "Relapse" zeigten sich einige Zuhörer nur minder begeistert. Die zwei CDs wurden als kindisch oder aufgesetzt bewertet, der Rapper würde unter seinen Drogenproblemen auch musikalisch leiden hieß es. Kurzerhand strich der Musiker Pläne für eine Fortsetzung des "Relapse"-Albums und beschloss, eine Art musikalischen Neuanfang zu starten. Viele zeigten sich der Idee gegenüber skeptisch, fassten sie als heiße Luft auf, oder waren mit dem Ergebnis unzufrieden.

"Recovery", wie das fertige Album betitelt wurde, war definitiv anders als die vorangegangenen Werke. Vor Allem macht sich von Beginn an das Gefühl eines kühlenden, frischen Windes breit. Woran liegt das? Em hat viele seiner Trademarks weggeschmissen, darunter direkt am Auffälligsten: keine Beats by Dr. Dre. Beziehungsweise nur auf einem einzigen Song, neben unzähligen anderen, die von pathetischen Trompeten ("Almost Famous") über gitarrengetriebene Popballaden ("Love the Way You Lie") und Trapbeats ("You're Never Over") bishin zu Raprock ("Won't Back Down") reichen. Wenngleich Dres Fähigkeiten als Produzent komplett außer Frage stehen, Eminems Alben klangen noch nie so abwechslungsreich. Freilich ist auch der Sound der Platte zur Gänze anders als von vorherigen Werken gewohnt.

Die zweite auffällige Änderung ist die neu gewonnene, durchgehende Seriösität. Das geht sogar soweit, dass Eminem sein Alter Ego Slim Shady zur Gänze von dem Album verbannt hat. Er schwebt dennoch als böser Geist über der CD, war er doch ein so wesentlich Bestandteil seiner Karriere, ein eingebildeter Schulterteufel, der ihn an den Punkt trieb, an dem er nun ist. In die Rolle des schwarzhumorigen Psychopathen schlüpfte er allzu oft und neben Ruhm und Ehre brachte sie ihm auch den Ruf als eine der kontroversesten Figuren der Musikgeschichte, denn mit der extrem brutalen und oftmals diskriminierenden Art der Kunstfigur wusste seinerzeit niemand umzugehen. 11 Jahre nach seinem Durchbruch war man mit Em bereits bestens vertraut. Desweiteren begann der Rapper über die Zeit selbstreflexiv zu werden, und sich immer weiter von seiner Persona abzuspalten.

Auf "Recovery" findet man gewissermaßen den Anti-Slim Shady. Zwar finden sich noch hier und da dieselben Themen, sie werden aber vollkommen umgedreht. "Almost Famous" hätte genug Brutalität für einen Shady-Song. Doch das Lied ist ungewöhnlich dunkel. Es wirkt alles andere als spaßig. Und das Thema Misogynie... "Love the Way You Lie" versetzt die übliche "Kim"-Thematik in eine differenziertere Perspektive. Erneut fehlt die Geschmacklosigkeit, stattdessen lernen wir auch die andere Seite kennen (verkörpert von Rihanna, die zu diesem Zeitpunkt selbst Opfer von häuslicher Gewalt war) und treffen auf einen zerrissenen Eminem. So fühlt sich das ganze Album nicht so an, als wäre Slim Shady am Mikrophon. Hier erleben wir Marshall Mathers, der darunter leidet, zu solchen Grausamkeiten getrieben zu werden.

"Recovery" ist deutlich weniger an die HipHop-Community gerichtet als an die breite Masse, was aber naheliegt, zumal Eminem schon lange nicht mehr nur genreintern eine Berühmtheit ist. Würde er das sein, wäre er deutlich weniger skandalträchtig. Neben Rihanna finden sich auch noch P!nk, Kobe und Lil Wayne als Feature-Gäste auf dem Album wieder, allesamt Künstler, die auf einem früheren Werk wohl kaum zu hören gewesen wären (selbst Wayne bedient eine ganz andere Nische des HipHop, und liefert hier den vielleicht besten Rap seiner Karriere ab). Das einzige große Manko des Albumd ist, dass selbst die nicht von Feature-Künstlern vorgetragenen Refrains gesungen werden. Und so brillant Em als Rapper auch ist - wie er auf die Idee kam, er wäre ein guter Sänger, ist mir schleierhaft. Durch die ungewöhnlich hohe lyrische Qualität, den überragenden Flow, die abwechslungsreiche wie gelungene Produktion und das ständig aufkommende Lebensgefühl wird das allerdings weitgehend wieder ausgeglichen.


Tracklist:

1. Cold Wind Blows

2. Talkin' 2 Myself

3. On Fire

4. Won't Back Down

5. W.T.P.

6. Going Through Changes

7. Not Afraid

8. Seduction

9. No Love

10. Space Bound

11. Cinderella Man

12. 25 to Life

13. So Bad

14. Almost Famous

15. Love the Way You Lie

16. You're Never Over

[17. Hidden Track]

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