Es gibt Ideen, die einem schon vor der Umsetzung in die Tat sauer aufstoßen. Zum Beispiel wenn George Lucas von einer weiteren Überarbeitung von Star Wars redet oder James Cameron jeden seiner Filme noch einmal in 3D ins Kino bringen will. Oder aber wenn RTL eine weitere Castingshow ins Programm nehmen will.
Der Aufreger der Woche handelt von dem geplanten DSDS mit Kindern.
Kinder-Casting
Popstars , X Factor , The Voice of Germany , Unser Star für Baku, Deutschland sucht den Superstar – wenn es im deutschen Fernsehen von einer Sache mehr als genug gibt, dann sind es Castingsshows, in denen der neue Topjodler der Nation gesucht wird. Ein Markt ist jedoch erst übersättigt, wenn die Zuschauer vor lauter Verzweiflung Suizid begehen. Und da dies noch nicht der Fall ist, haut RTL einfach fröhlich eine weitere Castingsendung raus. Da mittlerweile jedoch so ziemlich jeder in Deutschland lebende, mit Showbizz-Ambitionen ausgestattete Mensch ab einem bestimmten Alter bei einem der genannten Wettbewerbe angetreten ist, muss eine neue Kandidaten-Klientel erschlossen werden. RTL macht es sich da ganz einfach: Der Sender mit Sitz in Köln nimmt einfach das Erfolgsformat DSDS und schraubt da das Teilnahmealter runter. Fertig ist DSDS Kids.
Häme auch bei Kids?
Talente zwischen 4 und 14 Jahren können sich dann vor einer Jury präsentieren, deren Vorsitz natürlich RTLs faltiges Gesicht Onkel Dieter Bohlen inne hat. Wer die Kiddy-Ausgabe der Erfolgssendung gewinnt, bekommt ein Preisgeld und auch die Ausbildung wird finanziert. Alles für die gute Sache also? Wohl kaum. Wir erinnern uns ja noch voller Grausen an manchen Teilnehmer von DSDS, der mit Häme überschüttet wurde, da die eigene Wahrnehmung der Fähigkeiten nicht mit der der Entscheider übereinstimmt. Wird Dieter Bohlen ähnlich hart mit den Knirpsen ins Gericht gehen? Kommen am Ende Sprüche wie „Das klingt, als ob deine Mami deinem Papi auf den Pillemann haut!“? Das wollen wir Dieter Bohlen mal nicht unterstellen, schließlich ist er selber Vater. Die Öffentlichkeit lässt sich jedoch nicht steuern. Wie im Internet über die „großen“ Kandidaten hergezogen wurde, erfüllte teilweise den Tatbestand des Rufmords. Wehren konnten sie sich kaum. Dass sämtliche Zuschauer so vernünftig sind, gerade bei Kindern Milde walten zu lassen, gilt es zwar zu hoffen, anzunehmen ist es nicht.
Elternträume
Schon der immense Druck, der auf den Kleinen lastet, wenn sie sich präsentieren müssen – alleine „sich präsentieren“ ist im Zusammenhang mit Kindern kritisch zu bewerten -, ist kaum vorstellbar. Vor allem die ganz Jungen haben bis dahin normalerweise ein überschaubares Umfeld, das zum Großteil aus Familie und Kindergartenbekanntschaften besteht. Plötzlich sollen sie vor einem Millionenpublikum möglichst professionell performen und stehen in direkter Konkurrenz zu anderen Kindern. Federführend bei der Karriereplanung sind meist eh die Eltern. Die denken sowieso, dass ihr Nachwuchs sämtliche Talente der Welt in sich drin hat, und weil die kleine Jacqueline/der kleine Jacques so süß vor dem Spiegel in die Haarbürste krächzt, meinen sie, das sei ein direkter Hinweis darauf, dass sie/er unbedingt an der Sendung teilnehmen will.
Kinder können Folgen von Entscheidungen nicht einschätzen. Diese Aufgabe sollten die Eltern übernehmen. Wenn aber die Rattenfänger von RTL unterwegs sind, scheint dem ein oder anderen Erziehungsberechtigten dieser Auftrag zu entfallen. Für die meisten Kids ist die Teilnahme an einer Castingshow jedoch alles andere als gut, es prasselt einfach zu viel auf sie ein. Dass eine solche Sendung dazu noch ein perverses Publikum anziehen könnte, da wie Erwachsene aufgedonnerte Kinder auftreten, wurde wahrscheinlich gar nicht bedacht. Obwohl, damit hat RTL ja Erfahrung, wie die Mini Playback Show beweist. Für die Quote können solche Bedenken jedoch offensichtlich auch mal weggewischt werden.