Disney und Marvel: Auf Versprechen müssen endlich Taten folgen

03.07.2018 - 11:00 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
Tessa Thompson als Valkyrie in Thor 3: Tag der Entscheidung
Disney
Tessa Thompson als Valkyrie in Thor 3: Tag der Entscheidung
In einem Interview versprach Kevin Feige, dass es in Zukunft mehr Diversität im MCU geben soll. Doch was haben wir von diesen Versprechen? Große Reden schwingen kann jeder, aber getan hat sich bis jetzt noch wenig.

Studio-Chef Kevin Feige hat in einer Reihe von Interviews über die Zukunft des Marvel Cinematic Universe gesprochen. Unter anderem verkündete er, dass in den kommenden Marvel-Filmen mehr Diversität zu sehen sein wird. Gleich zwei LGBT-Charaktere sollen in Zukunft das MCU bereichern. Doch es bleibt die Frage, wann. Wann genau werden uns diese Charaktere vorgestellt und warum erst jetzt? Seit 2008 erscheinen jährlich mehrere Marvel-Filme. Bis jetzt war von Diversität nie viel zu sehen. Erst dieses Jahr wagte Marvel und sein Mutterunternehmen Disney einen Schritt in eine neue Richtung. Black Panther und der im nächsten Jahr erscheinende Captain Marvel sind die ersten, in denen der Konzern nicht an dem weißen, männlichen Superhelden-Konzept festhält. Derweil scheinen LGBT-Charaktere nur fernab von der Leinwand, in Form eines Tweets oder Interviews, zu existieren. Seit Jahren werden die großen Produktionsstudios, allen voran Disney und Warner Bros., für ihre Ignoranz gegenüber eben diesen Charakteren kritisiert, doch erst jetzt scheint das bei den Vorsitzenden angekommen zu sein. 2017 waren in lediglich 14 von 109 Blockbustern (12,8 Prozent) lesbische, schwule, bisexuelle oder transsexuelle Charaktere zu sehen. (via. GLAAD ). Umso erfreulicher sollte es sein, dass ein Unternehmen wie Disney dies nun ändern möchte. Doch die Zeit großer Reden ist längst vorbei und Hollywood muss uns endlich beweisen, dass es sich nicht nur um leere Versprechen hält.

Hollywood hat Angst

LGBT-Charaktere sind längst im Mainstream angekommen, zumindest auf den heimischen Bildschirmen und in vielen anderen Strömungen der Popkultur. Aber warum schaffen die großen Franchise-Blockbuster nicht das, was TV-Formate täglich zeigen? Man sollte Disney und Marvel und auch allen anderen größeren Produktionsstudios nicht sofort Diskriminierung vorwerfen. Der Wille, sich für mehr Diversität einzusetzen, ist schon seit Jahren da, doch die Umsetzung meist katastrophal. Ein Grund dafür könnte sein, dass die Milliarden schweren Konzerne Angst haben, besagte Filme im Ausland und auch im eigenen Land zu vermarkten. Vor allem Filme aus dem Hause Disney und Marvel sind darauf angewiesen, aufgrund ihrer exorbitant hohen Produktionskosten, weltweit ein gutes Einspielergebnis vorzuweisen. Länder wie Russland und China haben schon in der Vergangenheit Filme mit LGBT-Charakteren streng zensiert oder gar nicht erst gezeigt und selbst in Ländern wie den USA gibt es leider nach wie vor eine große Gruppe, die jegliche Diversität in Filmen ablehnen. Somit würde den Studios ein großer Markt und viele Zuschauer durch die Lappen gehen. Doch besonders die großen Produktionshäuser sollten sich nicht von dieser Angst leiten lassen. Blockbuster wie Black Panther haben bewiesen, dass es sich oft lohnt, Risiken einzugehen. Der Film, der fast ausschließlich schwarze Figuren beinhaltet, entpuppte sich als einer der erfolgreichsten Marvel-Filme aller Zeiten.

Black Panther und Captain Marvel

Das machen Marvel und Disney falsch

Tatsächlich gibt es schon seit letztem Jahr einen LGBT-Charakter im MCU, mehr oder weniger. Erst im Nachhinein bestätigte Schauspielerin Tessa Thompson, dass ihr Charakter, Valkyrie aus Thor 3: Tag der Entscheidung, bisexuell sei. Was in den Comics ein Fakt ist, bleibt auf der Leinwand reine Spekulation. Wer danach sucht, wird unter Umständen fündig und kann einen gewissen Subtext erkennen. Auch in Solo: A Star Wars Story konnten wir das beobachten. Erst in einem Interview, Wochen nach der Veröffentlichung des Films, verriet Lando Calrissian-Darsteller Donald Glover, dass dieser definitiv nicht heterosexuell ist. In den schlimmsten Fällen dienen diese LGBT-Charaktere als Vermarktungs-Strategie. 2017 kündigte Regisseur Bill Condon Disneys ersten offen schwulen Charakter an. LeFou (Josh Gad) aus Die Schöne und das Biest sorgte noch vor der Veröffentlichung des Films für viel Gesprächsstoff in den Medien und unter den Fans. Der groß angekündigte "schwule Moment" stellte sich jedoch als leicht zu übersehend und irrelevant heraus. Somit sorgen die Produktionsstudios im Voraus für positive Schlagzeilen und viel Diskussionen. Thematisiert oder gar gezeigt, wird die Sexualität dieser Figuren nie, sie ist reiner Subtext oder wird erst nachträglich per Twitter oder in einem Interview definiert.

Valkyrie/Lefou/Lando Calrissian

Eigentlich können Marvel und Co. es doch

Serien wie Marvel’s Runaways, Supergirl und Legends of Tomorrow sind Beweise dafür, dass auch im Superhelden-Genre Platz für LGBT-Charaktere vorhanden ist. In Marvel's Jessica Jones machen wir Bekanntschaft mit einer offen lesbischen Frau, geschadet hat es diesen Serien nicht. Insgesamt scheint die TV-Welt um einiges toleranter zu sein. Aber auch Filme können ab und zu die Norm brechen. Das wahrscheinlich beste Beispiel ist der erst kürzlich erschienene Deadpool 2. Dort macht Wade die Bekanntschaft mit Yukio, der Freundin von Ellie Phimister, aka Negasonic Teenage Warhead. Dass die beiden ein Paar sind, wird nicht an die große Glocke gehängt und es gibt keine dramatische Coming-out-Geschichte. So sollte es auch in den zukünftigen Marvel-Projekten sein. Diese Figuren sollten nicht aus reiner Gier nach Zuschauer-Zufriedenheit oder positiven Schlagzeilen existieren. Ihre Sexualität sollte nicht im Mittelpunkt stehen, sie sollte nicht das sein, was diese Charaktere definiert, aber diese Figuren sollten und müssen existieren und das offen und frei. Wie ihre heterosexuellen Pendants sollte es auch ihnen vergönnt sein, offen ihre Beziehung und Liebe zur Schau zu stellen.

Yukio und Negasonic Teenage Warhead

Ob sich Kevin Feige an sein Versprechen halten wird und was dieses Versprechen wert ist, werden wir bald sehen. Nichtsdestotrotz müssen sich nicht nur Disney und Marvel umorientieren. Sie müssen sich ihrem jungen Publikum anpassen und Geschichten außerhalb einer weißen, männlichen und heteronormativen Welt erzählen. Doch im Endeffekt sind es nicht ausschließlich Marvel und Disney die dieses Problem aufweisen. Alle größeren Hollywood-Studios sollten in Zukunft für mehr Diversität sorgen und sich nicht von der Angst leiten lassen. Im Endeffekt bleibt einem nur die Hoffnung, dass sie sich in eine neue Richtung umorientieren und LGBT-Charaktere mehr werden als ein Vermarktungsobjekt, Subtext oder ein Tweet.

Glaubt ihr, es sollte mehr Diversität in Superhelden-Filmen geben?

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