Hallo und Konichiwa, ihr Nostalgiker, Neugierige und Kaiju-Könige. Ich begrüße euch zum dritten Teil der Kaiju-Themenreihe Die Erben des Godzilla. In den vergangenen Texten haben wir den König der Monster auf Herz und Nieren überprüft, wir haben Mothra die Flügel gestreichelt und der feuerspeienden Flugschildkröte Gamera in den Panzer geschaut. Heute widmen wir uns einer Handvoll Monstren, welche trotz ihres Potentials nie aus dem Schatten der erfolgreichen Franchises heraustreten konnten.
Ich bin mir sicher, dass viele unter den geschätzten Lesern vergeblich nach ihrem persönlichen Lieblingskaiju “von diesem einen Film da – ich hab den Titel vergessen” suchen werden. Vollständigkeit soll aber nicht das Ziel dieses Textes sein. Betrachtet die vorliegenden Monstren als eine Mischung fernöstlicher Zelluloidköstlichkeiten, handverlesen und mit Liebe zur Materie ausgewählt; ein Plädoyer für obdachlose Nischenkaiju. In der Galerie findet ihr erneut die passenden Abbildungen als Appetizer. Ich wünsche viel Spaß.
Frankensteins unsterbliches Doppelherz
Wenn ihr bei dieser Zwischenüberschrift nun mit den Augen rollt, ist das verständlich, wenngleich auch unnötig. Tatsächlich geht es in diesem Abschnitt um Japans einzig geglückten Versuch, den klassischen Frankenstein-Mythos mit dem Genre des Kaiju Eiga – und genauer dem Subgenre des Kaijin (humanoide Monster) – zu verschmelzen. Obwohl der Name/Titel/Eyecatcher in lächerlich vielen deutschen Veröffentlichungen als Verkaufsargument herhalten musste, ist Frankenstein – Der Schrecken mit dem Affengesicht von Monsterpapa Ishirô Honda die einzig wahre japanische Annäherung an den Stoff von Mary Shelley. Mehr als die Godzilla-Filme der Showa-Ära ist der Schrecken mit dem Affengesicht von 1965 ein Horrorfilm. Das Herz des Frankensteinmonsters wird 1945 von Nazis geklaut und von japanischen Wissenschaftlern in Hiroshima in Empfang genommen. Die Bombe explodiert. Bedingt durch die Strahlung mutiert das unsterbliche Herz des Monsters zu einem Kind, später einem haushohen Monster, frisst Menschen auf und kämpft gegen das Toho-Monster Baragon. Dabei stehen wir beständig auf der Seite der armen Kreatur. Zaghaft, aber deutlich erkennen wir Anleihen an das Mad Scientist-Motiv, in Gestalt des deutschen Doktors Dr. Reisendorf (Peter Mann), aber auch in Dr. Bowen (Nick Adams) und Dr. Kawaji (Tadao Takashima). Der Schrecken mit dem Affengesicht mutiert ab der zweiten Hälfte vollends zum Kaiju Eiga – spätestens jedoch wenn Frankenstein auf das Einhorn mit den Schlappohren, Baragon, trifft. Dies täuscht jedoch nicht über die Tatsache hinweg, dass sich Ishiro Honda zehn Jahre nach Godzilla erneut mit Hiroshima, Atomkraft und der Frage, ob die Menschen die eigentlichen Monster sind, auseinandersetzt. Und dies tut er in einer direkten Art und Weise, ohne die Verantwortung auf Außerirdische abzuschieben. Die Kamera bleibt immer nah am Menschen und äußerst distanziert gegenüber den Riesengeschöpfen.
Die Erben von Godzilla – Teil 1: Gamera – Frankensteins Antwort auf King Kaiju
Die Erben von Godzilla – Teil 2: Mothra – Das geflügelte Familienpaket
Der Film erhält ein Jahr später mit Godzilla – Frankenstein: Zweikampf der Giganten eine Fortsetzung, auch wenn das amerikanische Studio American International Pictures Wert darauf legt, einen eigenständigen Film, ohne Bezüge zum Vorgänger zu erhalten. Toho willigt scheinbar ein, tauscht aber tatsächlich nur den Hauptcast aus, während die Charaktere gleich bleiben. Unserem Rabauken aus dem ersten Teil ist in der Zwischenzeit ein beachtlicher brauner Pelz gewachsen. Aus einem Klumpen Hautzellen ist indes ein zweites Frankensteinmonster, mit modisch-grünem Ganzkörperbart, mutiert. Nach diesem Film wart das Frankensteinmonster nie wieder gesehen (wenn wir von einer halbherzigen Erwähnung in Godzilla vs. Megaguirus absehen). Allrounder Jörg Buttgereit verwertete den Stoff in zwei Hörspielen, Frankenstein in Hiroshima und Green Frankenstein. Darüber hinaus konnte sich leider nie ein anständiges Franchise daraus entwickeln. Die Grundidee ist bis heute spannend und ich persönlich plädiere für eine Fortsetzung, ein Remake oder eine vergleichbare Maßnahme, um das unsterbliche Zelluloidherz des Frankensteinmonsters wieder mit Leben zu füllen.
Welche Godzilla-Klone bevölkerten noch die damaligen Kinos? Erfahrt es auf der nächsten Seite.