Verlierer Markus Hering liebt das Leben

23.08.2010 - 08:50 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Markus Hering in Das Leben ist zu lang
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Markus Hering in Das Leben ist zu lang
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Diese Woche startet die Komödie Das Leben ist zu lang von Dani Levy in den Kinos. Markus Hering spielt die Hauptrolle des frustrierten Filmemachers Alfi, dem Familie und Beruf das Leben zur Hölle machen. Im Interview spricht der Schauspieler über das Leben im Allgemeinen und seine Rolle im Film.

Die autobiographisch angelegte Komödie Das Leben ist zu lang von Dani Levy dreht sich um den jüdischen Regisseur Alfi Seliger, dessen Leben langsam aber sicher im Chaos versinkt. Die vernachlässigte Ehefrau, die pubertierenden Kinder, die exzentrischen Eltern und Erfolglosigkeit im Beruf machen ihm schwer zu schaffen. Was zu viel ist, ist schließlich zu viel: Alfi ergibt sich der Krise und unternimmt einen Selbstmordversuch. Er überlebt. Aber er ist sich nicht ganz sicher, ob das Leben, das er jetzt vorfindet, wirklich noch das alte ist.

Markus Hering ist in der Hauptrolle des Pechvogels Alfi zu sehen. Der 50-jährige war seit 1994 in zahlreichen Film- und TV-Produktionen präsent, zuletzt in der Komödie Whisky mit Wodka von Andreas Dresen. Im Interview philosophiert der gelernte Tischler über das Leben und berichtet von seinen Erfahrungen bei Das Leben ist zu lang.

Herr Hering, ist das Leben zu lang?
Markus Hering: Nein, es kann gar nicht lang genug sein. Ich kann mir vorstellen, dass man grundlegende Dinge nicht hinkriegt. Aber dass man deshalb den Lebenswillen oder den Veränderungswillen verliert, das kann ich mir für mich nicht vorstellen.

Was fällt Ihnen zur männlichen Midlife-Krise ein?
Markus Hering: Ich bin selbst nicht in der Midlife-Krise, aber ich bin in einem Alter, wo ich mir über vieles Gedanken mache, daher gibt es vielleicht Ansätze von Krise auch bei mir. Ich bin jetzt gerade 50 geworden und habe mir im Vorfeld dieses Ereignisses auch Gedanken darüber gemacht, was ich gern verändern würde bzw. was ich geschafft habe, was bleiben kann. Und ich habe beruflich die Entscheidung getroffen, dass ich mich vom Burgtheater trennen werde und probiere, meinen Beruf noch einmal neu zu definieren oder neu zu erfinden. Das ist für mich im Moment eine sehr positive Entscheidung. Ich habe Lust auf einen Neuanfang und denke, prinzipiell muss man sich ab und an zu neuen Zielen aufmachen. Es geht mir ja am Burgtheater nicht schlecht, aber ich bin 17 Jahre da und hätte vorher nie gedacht, dass ich das aushalte.

Was hat Sie an der Rolle des Alfi Seliger gereizt?
Markus Hering: Ich spiele gern Verlierer, die sich aber nicht so leicht unterkriegen lassen und eine Form von Ironie und Humor entwickeln müssen, um zu überleben. Alfi Seliger hat mich sofort für sich eingenommen, weil seine subjektive Sicht so gar nicht mit der Wahrnehmung der Menschen um ihn herum übereinstimmt. Die Besetzung ging dann ganz schnell: Ich hatte das Drehbuch gelesen und sollte dann Dani Levy kennen lernen. Wir haben uns auf einen Kaffee getroffen, und schon hatte ich die Rolle. Ich hatte von Anfang an ein ganz großes Vertrauen zu Dani, und Vertrauen gibt für mich den Ausschlag, ob ich mich auf ein Projekt einlasse. Und dann die Art seines Humors, die mir sehr nahe liegt. Ich war mir sicher, mit Alfi Seliger eine spannende Geschichte erzählen zu können, und im Zusammenhang mit dem Vertrauen zu Dani hatte ich das Gefühl, wir könnten die Zusammenarbeit wagen. Schön finde ich, dass sich Alfi nicht so ganz entschlüsselt, nicht einmal mir, der ich ihn doch gespielt habe. Ich finde es sehr gut, dass die eine mögliche Lesart, eine Filmfigur zu sein und den Regisseur suchen zu müssen, der ihm dieses beschissene Leben an den Hals geschrieben hat, nur in seinem Kopf stattfindet. Vielleicht hat er sich den Regisseur ja nur eingebildet, denn es gibt für die Begegnung zwischen den beiden ja keine Zeugen.

Was hat Alfi für ein Verhältnis zu den Frauen, die ihn umgeben?
Markus Hering: Mit seiner Ehefrau hat er eine etwas abgestandene, konstante Beziehung, die ihn eigentlich nicht mehr so richtig interessiert. Aber irgendwie ist er eben doch auch eine treue Seele. Der Vamp reizt ihn ja gar nicht. Und Caro Will kommt als Engel in sein Leben, weil sie als einzige signalisiert, dass sie die Geschichte auch durchschaut und mehr weiß. Aber sie kann damit positiver umgehen, ihr Leben ist schön. Da treffen sich zwei verwandte Seelen.

Was ist Ihre schönste, was eine weniger schöne Erinnerung an die Drehzeit?
Markus Hering: Am schlimmsten war sicherlich die Tauchszene. Da hat uns das Hotel einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die wussten, wir drehen in der Nacht im Pool. Der war dann schon am Nachmittag gesperrt für die Hotelgäste. Sie haben den Pool frisch gechlort, sackweise Chlor reingeschüttet. Und ich musste ja mit offenen Augen tauchen, und als ich wieder hochkam, dachte ich, mir fallen die Augen aus dem Kopf, und mein ganzer Körper hat gebrannt. Der Anzug, den ich anhatte, hat sich nach diesen zehn Minuten Tauchgang total entfärbt. Das war wie ein Bleichbad. Ich konnte den ganzen nächsten Tag nichts sehen. Generell spiele ich aber gern mit körperlichem Einsatz. Dafür muss ich mich ein bisschen fit halten. Oft wundere ich mich, dass Doubles engagiert werden für bestimmte Szenen. Aber über einen Zaun klettern kann ich nun wirklich selbst. Ich habe auch eine Zeit außen am Fenster gehangen. Auch diese Kletterei am Felsen am Ende, das hat mir Spaß gemacht, gerade weil alle gedacht haben, das würde ich nicht selbst machen. Wenn ich eine Rolle angeboten bekomme, möchte ich mich auch in die Ausnahmesituationen der Figur begeben dürfen.

Am Donnerstag startet Das Leben ist zu lang in den Kinos und in unserem Kinoprogramm erfahrt Ihr, wo der Film zu sehen ist.

Mit Material vom X Verleih

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