Der blaue Engel - Analyse eines Phänomens

20.10.2014 - 00:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Der Blaue Engel Filmanalyse
Filmanalyse
Der Blaue Engel Filmanalyse
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Heute analysiert unser Filmanalytiker die berühmte Szene aus der Blaue Engel mit Marlene Dietrich und erörtert warum uns diese Szene so in Erinnerung bleibt.

Wissen konnte man es nicht, geahnt aber hatte man es: Der blaue Engel von 1930 machte Marlene Dietrich schlagartig berühmt und innerhalb kürzester Zeit zu einer Leinwandgöttin, zu einer Legende. Einmalig, könnte man sagen, wenn es nicht auch Greta Garbo gegeben hätte. Dietrichs Filmpartner Emil Jannings lag mit seiner Befürchtung richtig: Josef von Sternberg Adaption des Romans „Professor Unrat“ von Heinrich Mann wurde kein Emil-Jannings-Film, weil Marlene ihm die Schau stahl. Die Szene, in der Marlene Dietrich als Lola Lola auf einem Faß sitzend den Schlager „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ singt, schrieb Filmgeschichte, wurde unzählige Male zitiert (wohl am besten von Helmut Berger, wie Marlene selbst zugab) und ist letztlich viel bekannter als der ganze Film, der keineswegs ein Meisterwerk ist. Die eigentliche Aussage des Romans wurde verfälscht, Jannings grimassiert bis zur Unerträglichkeit und Sternberg ist noch nicht der Bildzauberer in Perfektion. Der blaue Engel ist ein recht schlichter Film, mit einer sehr moralischen Botschaft und hat mit Kunst wenig zu tun. Man kann ziemlich sicher davon ausgehen, daß er längst im Abgrund der Filmgeschichte vergessen worden wäre, wenn nicht...

Ja, was eigentlich? Ist es die Dietrich oder der Schlager oder die mit perfekter Imperfektion eingerichtete Szene oder alles zusammen? Worin liegt das Ereignis? Das Kino ist ein mythischer Ort. So kühl und sachlich die Analyse eines Films auch ausfallen mag, so geschärft der Blick auch ist, es scheint ein gewisses Etwas zugeben, das nur schwer zu fassen und dennoch gleich zu spüren ist. Über ihre Freundin Marlene sang Hildegard Knef: „Sie diente ihrem Schicksal, ein langes Leben lang...“, und deutet damit die Größe der Legende an, die bigger than life war. „Nehmt nur mein Leben“ heißt folgerichtig eine Autobiographie der Dietrich, die – mit preußischer Disziplin – bereit war, auf das Leben zugunsten des Bildes auf der Leinwand zu verzichten. In Zeiten der nach Aufmerksamkeit bettelnden, dauerplappernden und exhibitionistischen Selfie-Stars eine ungeheuer beachtliche Haltung.

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