Hervorragende Action in Veteran – Above the Law

11.06.2016 - 08:50 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Trailer zu Veteran – Above the LawSplendid
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Mit hintersinnigem Humor erzählt der südkoreanische Thriller Veteran – Above the Law von einem Polizisten im Kampf gegen skrupellose Großkonzerne. Nicht nur wegen ihrer ultrakunstverdächtigen Actionszenen eine sehenswerte Heimkino-Premiere.

Im Polizeifilm nützen die spannendsten Einsätze verbissener Gesetzeshüter nichts ohne ebenso verbissene Gesetzesbrecher, die recht- und unrechtmäßige Strapazen motivieren. Ein amoralischer Antagonist, der um Verständnis für sein Handeln wirbt und doch nichts außer Abscheu evoziert, kann dabei genauso reizvoll sein wie ein von Schattierungen befreiter Gegenspieler, dessen pure Bösartigkeit ihrerseits Rätsel aufgibt. Weder über die eine noch die andere Art bekommt man allerdings den besonders interessanten Fiesling in Veteran - Above the Law zu fassen. Jo Tae-oh (Ah In Yoo), der angehende Erbe eines Seouler Firmenimperiums, spielt nach den skrupellosen Regeln, die Familie und Finanzmarkt Millionären wie ihm diktieren, und frönt zugleich mörderischen Sadismen, die seinen Erfolg jederzeit zu vereiteln drohen. Fast 30 Minuten vergehen, ehe der Film den Protagonisten Seo Do-cheol (Jeong-min Hwang) erstmals mit dieser sinistren und doch attraktiven Figur in Berührung bringt.

Aus gutem Grund ist Veteran – Above the Law (den Untertitel hat freilich der deutsche Verleih hinzugedichtet) bis dahin ein ausgesprochen albernes Vergnügen. Detective Seo Do-cheol tänzelt sich buchstäblich durch eine Exposition, die ihn Autoschmuggler mit Leichtigkeit aufspüren und allenfalls Eheprobleme daheim nicht in den Griff kriegen lässt. Gefährliche Verfolgungsjagden verfremdet Regisseur Seung-wan Ryoo zu (gekonntem) Slapstick, Blondies Heart of Glass  schlägt derweil beschwingte Töne an. Umso abrupter wirkt der Stimmungswechsel, als Seo Do-cheol auf einer Party seinen Widersacher in spe kennen lernt. Bereits das zufriedene Wohlstandsgrinsen des Kolleginnen traktierenden Firmenmanagers wähnt sich in einer scheinbar selbstverständlichen Sicherheit vor Strafverfolgung, die Seo Do-cheol als Ansporn begreift. Obwohl sein Vorgesetzter ihn warnt, sich mit Jo Tae-oh und dessen einflussreichem Konzern anzulegen, nimmt der Polizist die problemgebeutelten Ermittlungen im Fall eines vermeintlichen Suizidversuches in Jo Tae-ohs Firmengebäude auf.

Jeong-min Hwang

Das Katz-und-Maus-Spiel gewinnt an Spannung durch die ständige Verunmöglichung einer Konfrontation der beiden Kontrahenten. Jo Tae-oh schmiert Polizei und Presse, um Seo Do-cheol auf Distanz zu halten, und sein Gegenspieler scheut nicht davor zurück, den eigenen Kompetenzbereich zu übertreten (Anknüpfungspunkte einer möglichen Wesensverwandtschaft sucht der Film im Groben: das eine Mal zeigt er die Manipulation von Videoüberwachung in Jo Tae-ohs Büro, das andere Mal auf Seo Do-cheols Revier). Die komödiantischen Elemente werden dabei rasch gegen hintersinnig-absurden Humor eingetauscht: Während die Polizisten ihre Körper entblößen und mit Narben früherer Einsätze interne Streitigkeiten austragen, kriechen die Konzernschergen auf allen Vieren, um Stockschläge vom greisen Firmenboss (Young-chang Song) einzuholen. Wunderbar grotesk ist eine Szene, in der Jo Tae-oh Windeln trägt, weil Vorstandssitzungen seines Vaters nicht von natürlichen Bedürfnissen gestört werden dürfen – ein Bild, das mehr über Businesswahnsinn erzählt als manch ganzer Film zum Thema.

In den Actionthrillern des nicht zufällig seit den ausgehenden 1990er-Jahren florierenden südkoreanischen Kinos geht es immer wieder um Korruptions- und Verschwörungsgeschichten, denen ein tiefes Unbehagen gegenüber wirtschaftlicher Macht eingeschrieben ist. Bösewichte treten als vom Nepotismus begünstigte Firmenmogule oder Vertreter derselbigen auf, die grundsätzlich in dubiose Machenschaften verstrickt sind. Ihre Handlungen offenbaren einerseits konkrete Nachwehen der Asienkrise (siehe dazu David C. Kang, "Crony Capitalism: Corruption and Development in Southkorea and the Philippines"), scheuen andererseits aber keine genregerechten Überhöhungen dieser Ängste (The Yellow Sea erzählt von zwischenstaatlich organisiertem Verbrechen als kausale Verkettung unwahrscheinlicher Brutalitäten). Zu formvollendetem Ausdruck fand der entsprechende Nihilismus in den melodramatischen Rachefantasien eines Chan-wook Park und zynischen Meisterwerken wie New World - Zwischen den Fronten.

Ah In Yoo

Die daraus resultierenden Hoffnungen auf einen Rechtsstaat, der auch jene verbrecherischen Kräfte auszubremsen versteht, die ihn zu legitimieren vorgeben, mag naiv sein (und ist hier mit pulpigen Dialogen angereichert: "Dieses Land behandelt Geschäftsmänner wie Kriminelle, obwohl unsere Steuern es am Laufen halten", fantasiert Jo Tae-oh einmal herum). Das auf unterbezahlte Polizisten und sich in Gewerkschaften organisierende Arbeiter angestimmte Loblied führt in Veteran – Above the Law aber auch nicht an Überhöhungen vorbei. Zuletzt bricht der Film seine großen (und nie vordergründig verhandelten) Themen auf ein öffentlich ausgetragenes und doch privates Duell herunter. Der rabiate Zweikampf, den sich Polizist Seo Do-cheol und sein gemeingefährlicher, von Ah In Yoo mit unwiderstehlichem Charme gespielter Widersacher im Schlussakt liefern, tut bei aller Freude an beeindruckenden Stunts vor allem höllisch weh – ein angemessenes Gefühl für einen Film, hinter dessen anfänglichen Heiterkeiten sich infernalische Abgründe auftun.

Veteran – Above the Law erschien am 10. Juni 2016 auf DVD, Blu-ray und VOD.

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