Darum ist das Siegel-System der FSK veraltet

01.07.2018 - 08:00 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
Siegel-System der FSK
Walt Disney Pictures / Warner Bros. / Edel Media
Siegel-System der FSK
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Die verschiedenfarbigen Freigabe-Siegel der FSK sollen uns als passende Vorgabe dienen, um herauszufinden, ob der jeweilige Film für ein bestimmtes Alter geeignet ist. Wir fragen uns, ob dieses System nicht längst veraltet ist.

Als minderjähriger Filmfan befand ich mich oft in der Situation, dass ich vor den Regalen in Multimedia-Abteilungen stand und bestimmte Filme für mich gesetzlich nicht geeignet waren. Mir erschien der Gedanke oftmals absurd, dass ich als 15-Jähriger jetzt noch ein Jahr warten muss, um mir einen Film mit dem blauen FSK 16-Siegel kaufen zu dürfen. Zwischen den FSK-Alterskennzeichnungen oder keine Kennzeichnung unterscheidet die Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) in Deutschland bei der Vergabe ihrer Prüfsiegel. Bis auf FSK 0 existieren diese Abstufungen seit 1957, wobei speziell in der Entwicklung von Kindern über Jugendlichen bis hin zu Erwachsenen große Sprünge gemacht werden.

Dabei hat die FSK als Institution in Deutschland eine grundsätzliche Berechtigung, wenn es darum geht, abschätzen zu können, für welches Alter der jeweilige Film theoretisch geeignet wäre. In der Praxis stellt sich aber doch die Frage, inwiefern das Prüfsiegel-System der FSK nicht schon längst veraltet ist und von den Entwicklungen der Gegenwart überholt wurde.

Die individuelle Entwicklung des Menschen lässt sich nicht in FSK-Prüfsiegel fassen

Sicherlich ist es wichtig, gerade junge und heranwachsende Menschen vor Inhalten zu schützen, die für sie keinesfalls geeignet sind. Wenn die FSK bei der Bewertung für Altersfreigaben beispielsweise davon ausgeht, dass sich 12- bis 15-Jährige noch in einer Phase der Selbstfindung befinden oder 16- bis 18-Jährige bereits eine entwickelte Medienkompetenz besitzen, dann lässt die FSK einen ganz entscheidenden Aspekt außer Acht: Die individuelle Entwicklung eines Menschen, die sich kaum in ein Prüfsiegel fassen lässt, welches ganze Altersgruppen anhand simpler Annahmen pauschalisiert. Speziell in heutigen Zeiten, in denen Kinder oftmals bereits in der Grundschule Smartphones besitzen und im Umgang mit neuen Medien wesentlich früher geschult werden, liegt die Verantwortung gegenüber einem altersgerechten Umgang mit unterschiedlichen Inhalten nur noch schwer in den Entscheidungen der FSK.

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Wie unscharf zum Beispiel die Trennlinie zwischen FSK 6 und FSK 12 verläuft, haben in der Vergangenheit Filme wie die Fluch der Karibik- oder Harry Potter-Reihe verdeutlicht. Zwischen kindgerechter Unterhaltung, lustigem Humor und überraschend düsteren Einlagen fiel die Unterscheidung zwischen zwei Altersfreigaben, die immerhin von ganzen 6 Jahren getrennt werden, schwer und war für viele Eltern nicht immer wirklich nachvollziehbar . Bei Filmen wie Der Untergang, der ab 12 Jahren freigegeben ist, herrscht hingegen bis heute Uneinigkeit darüber, ob der historisch definitiv auch für Zuschauer in diesem Alter relevante Streifen aufgrund der dargestellten Gewalt nicht eigentlich ab 16 Jahren freigegeben sein sollte.

Eine ständige Neubewertung bereits geprüfter Filme sollte auch zur Neubewertung des FSK-Systems führen

Was die FSK anscheinend schon lange für sinnvoll hält, ist eine erneute Begutachtung von bereits geprüften Filmen, die von Verleihern angefordert wird. In den letzten Jahren kam es hierbei nicht selten dazu, dass Filme wie Suspiria, die in ihrer unzensierten Fassung bis dato noch indiziert waren, nach einer Neuprüfung ohne Schnitte nun schon für 16-Jährige geeignet sind. Eine ständige Neubewertung dieser bereits geprüften Filme sollte im nächsten logischen Schritt dazu führen, dass die FSK ihr eigenes System der Vergabe von FSK-Siegeln ebenfalls neu bewerten sollte.

Die FSK-Geschäftsführerin Christiane von Wahlert gibt sich einer Erweiterung oder Veränderung der bestehenden Altersstufen gegenüber skeptisch: 

Über die Frage, ob die Altersstufen noch zeitgemäß beziehungsweise die Abstände zwischen den Altersstufen adäquat sind, wird immer wieder diskutiert. Grundsätzlich gilt es zu bedenken, dass die Überprüfung an der Kinokasse umso schwieriger wird, je feiner die Abstufungen sind.

Eine Änderung der Altersstufen wäre somit nur über eine Änderung des Jugendschutzgesetzes möglich. Nichtsdestotrotz ist eine Veränderung des FSK-Siegel-Systems längerfristig betrachtet unvermeidlich. Wie genau dieses veränderte System aussehen soll, das mediale Inhalte altersgerecht einstuft, ist hingegen eine andere, komplexere Frage, die sich nicht so einfach beantworten lässt.

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