Borowski und die heile Welt: Kommissar Langsam ermittelt

04.05.2009 - 07:20 Uhr
Borowski ermittlelt
ARD / NDR
Borowski ermittlelt
Borowski in einem Fall, der berühren sollte, aber seltsam kalt lässt

“Sie haben das Restaurant angezündet!” brüllt Axel Milberg als Kieler Tatort Kommissar eine Fischgroßhändlerin an. Er brüllt viel, denn das ist es, was Borowski macht, anstatt wirklich zu ermitteln. Er rennt durch die Gegend, denkt mehr mit dem Bauch als mit dem Kopf und stösst solange Anschuldigungen gegen die übrige Besetzung hervor, bis er irgendwann einen Glückstreffer landet, der ihn etwas weiter bringt. Dazwischen guckt er mit Magenverstimmungs-Gesicht in die Gegend.

Optisch gelungen

Die Regie bemüht sich unterdessen tapfer, die Steine zu umschiffen, die ihr das Drehbuch und auch die Darsteller in den Weg legen. Optisch macht der Tatort keine schlechte Figur, angefangen bei der stimmungsvollen Intro-Sequenz über surreale Fahrten und andere gelungenene Spielereien.

Leider schafft es auch die Inszenierung nicht ganz, die Mängel auszugleichen die diesen Tatort, wie generell die Fälle des Kieler Teams, plagen: Es fehlt Borowski und Jung ganz einfach an Chemie. Zweierkopplungen leben von ihren Gegensätzen, aber weder Milberg noch Maren Eggert schaffen es ihre Rollen mit Leben zu füllen oder wirklich interessant und sympathisch zu erscheinen.

Schwaches Team: Ein Kommissar ohne Zwischentöne

Milberg pendelt zwischen lethargisch und aufbrausend – Zwischentöne kennt Borowski nicht. Eggert wirkt ebenfalls eher kühl, ungelenk und lädt wenig zu Identifikation ein. Da verwundert es wenig, wenn die Nebenhandlung um Jungs Weggang nach Zürich ziemlich kalt lässt. Im Grunde könnte es nur besser werden, wenn wenigstens einer der beiden ausgetauscht würde.

Was im Münchner Polizeiruf mit Edgar Selge als misantrophem Einarm-Ermittler und der warmherzigen Michaela May als seiner Kollegin wunderbar funktioniert, bleibt bei den Kielern halbgare und langweilig.

Der Krimi bleibt an der Oberfläche

Der Fall selbst, der Mord an einem kleinen Mädchen, das erstickt auf einer Fähre gefunden wird, bot auch nur Spannung auf Sparflamme. Was nicht nur daran lag, dass alle Beteiligten dazu angetan waren, dem Zuschauer auf die Nerven zu gehen. Die Eltern: Der Vater mit der kurzen Zündschnur. Die auf den ersten Blick erkennbar meschuggenen Mutter.
Die hassenswerte Schwiegermutter. Die zickige Exfreundin des Vaters.

Dazu eine falsche Spur um den leidlich sympathischen Restaurant-Angestellten, der nur dazu diente zu zeigen, dass auch beim Herrn Komissar der Verstand völlig aussetzt, wenn es um Verbrechen gegen Kinder geht. Da agierte Borowski nicht weniger dumm aus dem Bauch, als es “Volkes Stimme” tut, wann immer das Thema Kindsmord oder Kindesmißbrauch zur Sprache kommt. Plötzlich sieht für ihn jeder wie ein Kinderschänder aus und auch der normale und liebevolle Umgang mit dem Mädchen wird zur Perversion gestempelt. Es ist dem Film anzurechnen, dass er zeigt, wie sehr Borowski damit auf dem Holzweg ist.

Auch wenn dieser Exkurs nur dazu dient, die unweigerliche und nicht wirklich überraschende Auflösung zu verzögern. Aufmerksamen Zuschauer werden schon nach rund 20 Minuten vermuten, dass die Mutter ihre Tochter selbst umgebracht hat. Zu übertrieben und psychopathisch spielt Katharina Wackernagel die Rolle, die selten Mitgefühl und viel zu oft ein unwohles Gefühl hervorruft.

Was mit besserer Besetzung zu einer tiefschwarzen Charakterstudio um Überforderung hätte werden können, wie sie der großartige Tatort: Kleine Herzen 2007 bot, verdümpelt hier in Scharaden und geblafften Befragungen, die Borowski in seiner Try-and-Error-Ermittlungstechnik vollführt. Das Thema um das sich der Tatort dreht ist tragisch, die Umsetzung lässt leider viel zu kalt.

Eure Meinung ist gefragt. Wie hat euch der Tatort: Borowski und die heile Welt gefallen? Jetzt mitdiskutieren.

Mehr zum Thema:

-Exklusiv-Interview mit dem Regisseur des Tatort Florian Froschmayer

-Filmcheck mit Tatort-Regisseur Florian Froschmayer

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