Black Mirror - Staffel 3, Episode 3 im Recap

23.10.2016 - 09:30 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Black Mirror mit Alex Lawther und Jerome Flynn in Shut Up and Dance ( - Staffel 3, Episode 3)Netflix
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Für die 3. Episode der 3. Staffel von Black Mirror konnte Netflix Game of Thrones-Darsteller Jerome Flynn für eine der Hauptrollen gewinnen. Was Shut Up and Dance ansonsten noch kann, erfahrt ihr in unserem Recap zur Folge.

Mit Nosedive hat Netflix einen starken Auftakt für die 3. Staffel von Black Mirror hingelegt - die Erwartungen an die nachfolgenden Episoden dürften spätestens ab diesem Punkt gewaltig sein, wenn sie es nicht sowieso schon waren. Leider entpuppt sich das dritte Kapitel als einer der enttäuschendsten Einträge im Black Mirror-Universum. Shut Up and Dance, die 3. Episode der 3. Staffel, vermag nicht an die Brillanz der ersten Geschichte anzuschließen, sondern versteift sich auf die exploitative Darstellung allgegenwärtiger Internet-Ängste. Von der Weitsicht, die Nosdive noch mitgebracht hat, scheint kaum etwas übrig geblieben zu sein, da Shut Up and Dance vorzugsweise mit erhobenem Zeigefinger anprangert, anstelle seine These mit narrativen Möglichkeiten zu untermauern.

Alles beginnt mit einem nervenaufreibenden Prolog. Erschrocken bahnt sich eine Frau ihren Weg durch eine Tiefgarage. Flackerndes Licht bleibt uns zwar erspart, dennoch ist deutlich: Ein unbekannter Verfolger ist der Frau dicht auf den Fersen, die schließlich einen Schlüssel auf dem hinteren Reifen eines Autos versteckt. Stets wandert ihr Blick dabei panisch-prüfend auf ihr Smartphone, als würde sie in aller Verzweiflung auf eine Bestätigung für ihr Handeln hoffen. Dann folgt ein harter Schnitt und wir müssen uns gedulden, bis wir erfahren, was es mit dieser kryptischen Eröffnungsszene auf sich hat. Effektiv etablieren Charlie Brooker, der das Drehbuch zusammen mit William Bridges schrieb, und Regisseur James Watkins in dieser Eröffnung eines der zentralen Elemente von Shut Up and Dance: den unsichtbaren und dennoch omnipräsenten Verfolger. Ruhen sich im Anschluss aber zu siegessicher auf diesem ersten Achtungserfolg aus.

Alex Lawther in Playtest

Danach lernen wir einen wir den 19-jährige Kenny (Alex Lawther) kennen, ein introvertierter Zeitgenosse, der in einer beschaulichen Kleinstadt im Großbritannien der Gegenwart lebt. Er wohnt noch in den heimischen vier Wänden mit seiner Mutter und Schwester und arbeitet in einem Restaurant, wo sich seine soziale Position gegenüber den Vorjahren auf dem Schulhof kaum verändert haben dürfte. Der Protagonist der Geschichte ist ein Außenseiter, wird von den coolen Jungs herumgeschubst und schafft es nie, dem Mädchen seiner Träume wirklich zu sagen, was er für sie empfindet. Kenny ist extrem introvertiert und soll den schlimmsten Tag seines Lebens erleben, als er sich unabsichtlich einen Virus auf den Laptop lädt und daraufhin von einem Unbekannten erpresst wird, der sich via Webcam intimer Aufnahmen von ihm beim Masturbieren bemächtigt hat.

Auf einmal hat das böse Internet zugeschlagen, von dem Eltern und Lehrer immer mit pauschal-erschreckenden Horrorgeschichten warnen, anstelle konkret aufzuklären. Kein Wunder, dass Kenny panisch allen Anweisungen folgt, die der Unbekannte ihm via Textnachricht auf seinem Smartphone zukommen lässt. Auf keinen Fall darf das verhängnisvolle Video veröffentlicht werden - das wäre ja peinlich und würde noch Jahre später nachhallen. Die Scham offenbart sich als Weg ins Abhängigkeitsverhältnis und fortan ist der Titel der 3. Episode von Black Mirror Programm: Shupt Up and Dance! Vorausgesetzt, Kenny will es nicht auf die Entblößung ankommen lassen, muss er nun Gehorsam leisten und artig den Befehlen folgen, die ihn mit jedem Vibrieren seines Smartphones erreichen. Jede neue Push-Notification treibt ihm Schweiß ins Gesicht, verwandelt sich in einen Panik erweckenden Trigger. Was muss er tun, um diesem Albtraum zu entkommen?

Von da an setzt sich Shut Up and Dance in erster Linie aus den Aufgaben zusammen, die Kenny erfüllen muss, bis er auf einen Mann namens Hector (Jerome Flynn) trifft, der ebenfalls ertappt wurde, als er sich im Internet auf diversen Seiten vergnügte, und nun um sein heiles Familienleben fürchten muss. Jetzt bleibt den beiden keine andere Wahl mehr: Wenn sie ihren sozialen Status quo erhalten wollen, müssen sie den Befehlen des Unbekannten Folge leisten. Letztendlich ist die gemeinsame Odyssee allerdings bloß Mittel zum Zweck, um zu enthüllen, dass die Figuren bedeutend mehr zu verstecken haben, als sie zugeben wollen. Das sadistische Spiel, in dem sie gefangen sind, soll lediglich für Gerechtigkeit sorgen und die Menschen für ihre Taten bestrafen - als würde ein grober Abzug der Social-Media-Affinität von Nerve auf die Moralvorstellungen von Saw treffen. Sobald sich jedoch alle Abgründe aufgetan haben, geht Shut Up and Dance die Luft aus.

Alex Lawther und Jerome Flynn in Shut Up and Dance

Zum Schluss soll ein letzter Twist den Schlag in die Magengrube vervollständigen. "We hope that you choke, that you choke", singt Radiohead-Frontmann Thom Yorke im Hintergrund der finalen Montage und die Musik spiegelt das kolportierte Dilemma in jeder Note wieder. Ärgerlich ist nur, dass Shut Up and Dance nie die Vorarbeit geleistet hat, damit solch ein emotionaler Zusammenschnitt auch wirklich zünden kann. William Bridges' Drehbuch versteift sich auf eine simple Idee und dient am Ende nur noch als Metapher auf das Schlechte in der Welt - mit dem Irrglauben, dass das böse Internet eigentlich doch nur seine Arbeit macht und die ins Verderben stürzt, die es verdienen. Das ist nicht nur ein bisschen klein gedacht, sondern auch ziemlich frustrierend, bedenkt man die Probleme, die Shut Up and Dance im letzten Akt auf den Tisch packt und glaubt, sie alleine dadurch gelöst zu haben.

Da können selbst Alex Lawther, der in The Imitation Game als junger Alan Turing zu sehen war, noch Game of Thrones-Star Jerome Flynn etwas am schwindenden Interesse ändern. So bemüht sie versuchen, ihren Figuren Leben einzuhauchen: Das Drehbuch verurteilt sie bereits innerhalb der ersten paar Minuten ihres Auftretens und zieht eine Entwicklung überhaupt nicht in Erwägung. Generell gewinnt Shut Up and Dance ab einem gewissen Punkt kaum noch an Facetten, denn alle Themen liegen auf dem Tisch, bevor sie richtig ausformuliert werden. Von Nosedives geistreicher (sowie beherzt überspitzter, aber dadurch ehrlicher) Aufbereitung sind diese 60 Minuten meilenweit entfernt. Plump und penetrant platzt es aus Shut Up and Dance heraus, sprich das, was eine Black Mirror-Episode im Eifer des Gefechts um den technologischen Fortschritt im schlimmsten Fall sein kann.

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