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Ben Hur oder das Erwachen meiner Filmleidenschaft

29.08.2015 - 09:00 Uhr
Ben Hur
Neue Visionen Filmverleih
Ben Hur
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Ein wenig despektierlich könnte man "Ben Hur" als alten Monumentalschinken, als religiös verbrämtes Epos bezeichnen, doch ich habe diesem Film mein Herz geschenkt. Warum? Nun, mit den folgenden Zeilen möchte ich eine Antwort auf diese Frage geben.

Ben Hur besitzt unzweifelhaft filmhistorische Bedeutung, schließlich wurde nur noch zwei weiteren Filmen die Ehre zuteil, 11 Oscars zu gewinnen. Doch es sind nicht die Auszeichnungen, es sind vielmehr die persönlichen Erinnerungen, die diesen Film für mich zu etwas Besonderem gemacht haben.

Es dürfte nun annähernd 30 Jahre zurückliegen, als ich diesem Film zum ersten Mal sah. Jeder kennt wohl das Gefühl, in der Kindheit Filme gesehen zu haben, die ihn über die Jahre hinweg begleitet haben. Nicht selten nahm man diese Filme in unterschiedlichen Lebensphasen anders wahr, man sah Dinge, die zuvor verborgen blieben, legte andere Schwerpunkte bei erneuten Sichtungen. Doch ein Gefühl blieb, das der wohligen Erinnerung an jene Zeit, als man diese Filme das erste Mal für sich entdeckte und lieben lernte.

Meine ersten Erinnerungen an "Ben Hur", den ich heute als meinen Lieblingsfilm bezeichnen würde, entstammten den 80er Jahren, in denen Vorabendserien wie "Ein Colt für alle Fälle", "Trio mit vier Fäusten" oder "Simon und Simon" meine Begeisterung für das Medium Film und Fernsehen weckten. Das Privatfernsehen steckte noch in den Kinderschuhen, Ansagerinnen im öffentlichen-rechtlichen Fernsehen kündigten die Sendungen an, nach Mitternacht endete das Programm mit dem Testbild und der Videorekorder galt noch als neue technische Errungenschaft.

Kurzum eine perfekt-unperfekte Welt, in die ich mich nun gedanklich zurückbegebe. Damals erwachte gerade meine Leidenschaft für Filme und der neu erworbene Videorekorder, welcher mir die Möglichkeit gab, in diese Welt einzutauchen, entfachte diese vollends. Nun konnte ich jene Filme sehen, die zu einer Uhrzeit liefen, zu der ich schon längst im Bett und in Träumen lag. Ich durchkämmte die Fernsehzeitschrift aufgeregt nach Filmen, die ich als interessant genug befand, auf meinen raren Videokassetten Platz zu finden. Und so stieß ich beim Durchblättern auf einen Film namens "Ben Hur", der mir zum damaligen Zeitpunkt vollkommen unbekannt war. Dennoch spürte ich anhand der Bilder, die einen bärtigen Mann am Ruder einer Galeere und den gleichen Mann beim Manövrieren eines prächtigen Pferdegespanns zeigten, dass diesen Film eine gewisse Aura umgab, der ich mich nicht zu entziehen vermochte. "Ben Hur", so glaubte ich, musste etwas zu erzählen haben, was sich schon an der imposanten Filmlänge herauszukristallisieren schien.

Der Videorekorder verrichtete ganze Arbeit und so schaute ich mir "Ben Hur" in den darauffolgenden Tagen an. Von der ersten Minute fesselten mich die Geschehnisse, die untermalt von epischen Bildern und bombastischer Musik zu einem wahren, bislang nicht gekanntem, Erlebnis wurden. Die Fanfaren ertönten, die Credits erschienen vor einem biblischen Motiv. Erst viele Jahre später wurde mir bewusst, dass es sich um das weltbekannte Deckenfresko "Die Erschaffung Adams" von Michelangelo handelte. Mit jeder Minute fand ich mehr in diesen Film hinein, der spannend und zugleich anrührend war. Die Geschichte erzählte vom jüdischen Aristokraten Judah Ben Hur und dessen Jugendfreund Messala, einem Feldherrn und Günstling Roms. Wie aus der innigen Freundschaft schließlich abgrundtiefer Hass wird, beeindruckt ebenso wie Ben Hurs tiefer Fall, die abenteuerliche Odyssee und sein Überlebenskampf.

Besonders fasziniert haben mich die Entwicklungsstufen eines Charakters, der nahezu alle Facetten abbildet. Vom besonnenen, gottgläubigen Menschen, der nach dem vermeintlichen Verlust seiner Familie einen Überlebenstrieb entwickelt, der aus Schmerz geboren wurde, bis hin zum von unbändigem Hass erfüllten Menschen, der unverhofft die Gelegenheit erhält, sich an jenem Mann zu rächen, der für das erlittene Unrecht die Verantwortung trägt: Messala. Abgewandt von Gott und verlassen vom Glauben an das Gute im Menschen, muss er jedoch feststellen, dass der Hass auch nach dem Tode Messalas nicht erlischt. "Das Rennen geht weiter", lauten Messalas letzte zynische Worte, nachdem Ben Hur von ihm erfahren hat, dass die totgeglaubte Familie in einer Leprakolonie dahinvegetiert. Der Hass droht ihn innerlich zu zerstören, bis er jenen jungen Nazarener wiedertrifft, der ihm einst das Leben rettete. Der Trost, den Ben Hur in seinen Worten findet, spült den alles verzehrenden Hass hinfort, seine Familie wird auf wundersame Weise geheilt. Ben Hur findet seinen Glauben wieder, Liebe und Vergebung triumphieren über Rache und Hass.

Warum also kann mich dieser Film auch nach so vielen Malen immer noch von Neuem begeistern? Die Antwort lautet, dass er nahezu die gesamte Bandbreite menschlicher Emotionen, die Essenz eines Menschenlebens, umfasst. Er stellt die Frage nach dem Sinn des Lebens, auch und gerade wenn man aus der sicheren Bahn eines vermeintlich vorbestimmten Lebens geworfen wird. Familie, Vertrauen, Liebe, Freude, Hoffnung, Vergebung, alles was ein Leben lebenswert erscheinen lässt, findet man in diesem Film, aber eben auch die Schattenseiten wie Rache, Hass, Schmerz, Trauer und Verzweiflung.

Noch heute ist die Botschaft des Films ebenso universell, wie simpel und einleuchtend: Egal, wie übel dir mitgespielt wird, wie tief du auch fällst, entscheidend wird immer sein, einmal mehr aufzustehen als hinzufallen, sich dem Leben und seinen Herausforderungen zu stellen, zu vergeben statt zu vergelten. Die Liebe und das Leben erweisen sich als stärker als der Hass und der Tod. Dies hat mir der Film einst in jungen Jahren vermittelt. Meine Leidenschaft für Filme, aber auch meine Einstellung zum Leben hat er jedenfalls nachhaltig geprägt.

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Dieser Community-Blog ist im Rahmen der Aktion Lieblingsfilm 2015 entstanden. Wir bedanken uns ganz herzlich bei allen Medienpartnern und Sponsoren für diese Preise:


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